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ANNA-CATHARINA GEBBERS
 

HELENE APPEL - DER HASE 27 SEPTEMBER - 2 OKTOBER 2007, 14:00 – 18:00 HRS ANNA-CATHARINA GEBBERS | BIBLIOTHEKSWOHNUNG

Helene Appel
Untitled, 2007
Oil on linen
80 x 60 cm
27 September - 2 Oktober 2007, 14:00 – 18:00 hrs

HELENE APPEL
Der Hase

Anna-Catharina Gebbers | Bibliothekswohnung
Ziegelstr. 2, Apt.#06.03
D-10117 Berlin
www.acgebbers.com



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„Malerei, ganz gleich welche Form und Ästhetik mit ihr einhergeht, bleibt immer auch dem Dekorativen verbunden, und damit bleibt sie, anders als jedes andere künstlerische Medium, immer auch eine Sache des Geschmacks. Die Grenz- und Tabuverletzungen konnten noch so radikal sein, das gemalte Bild fand immer früher oder später seinen repräsentativen Ort im heimischen Umfeld, vorzugsweise über dem bürgerlichen Sofa oder Vertigo. Gleichzeitig ist die Malerei die Grundlage zum Verständnis einer jeden anderen medialen Ausdrucksform der Kunst.“
(Udo Kittelmann, Jackson Pollock und die Organisation der Malerei nach der Organisation der Malerei. Hrsg. Sammlung Frieder Burda, Baden-Baden: 2004, S. 6)

Helene Appel (*1976 in Karlsruhe, lebt in London) holt die Malerei auf eine überraschende Weise ins heimische Umfeld – und lässt sie dort ein subtiles Zerstörungswerk anrichten: Die Hausgeister, die sie ruft, fordern durch Guerilla-Techniken die mächtigen Action Heroes der Malerei heraus.

Die oft großflächigen Ölbilder von Helene Appel verweisen mit ihren sparsamen, flächig wirkenden Kompositionen sowie der Anordnung der Elemente auf Action Painting, gestische Malerei und Informel. Der Betrachter wird mit linearen, zyklischen und punktuellen rhythmischen Strichen, Farbspuren und Scatters verführt. Dem Materialhaften der Farbe mit all seinen Spielbreiten des Pastosen, Lasierenden, Porösen wird eine große Bühne geboten. Tritt man allerdings näher an die Tableaux heran, so entpuppt sich die Räumlichkeit als perfekte Inszenierung, die Elemente werden zu Darstellern und einzelne Objekte als solche erkennbar. Gegenständlichkeit mit vollkommenen Schattenwürfen konkretisiert das, was man eben noch als informelle Komposition identifizierte als illusionistische Malerei: Die Fontana-artigen Schlitze sind tatsächlich Zweige, die Blindenschrift-artige Anordnung grüner Farbflächen entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Blattansammlung

Lucio Fontana misstraute der Produktion von immer neuen Bildern sowie der dadurch angeblich stattfindenden Erweiterung des Erkenntnishorizontes und er entkam den überkommenen bildlichen Formen durch eine Erweiterung der Oberfläche; Jackson Pollock meinte, durch seine Drippings das tradierte Tafelbildes überwunden und eine neue Unmittelbarkeit zwischen seiner eigenen Empfindsamkeit und der künstlerischen Methode geschaffen zu haben. Helene Appel entzieht sich beiden: Die illusionistische Abbildung irritiert die Immaterialität des erweiterten Bildraumes und verweist das Ausleben der Empfindungen ins Reich des Esoterischen. Ganz als wolle sie die herrisch-absoluten Deutungsansprüche der männlichen Kunstgeschichtshelden mit weiblicher List ad absurdum führen, bricht sie die strenge formale Diskussion mit der Darstellung von zarten Zweigen, von wie nach dem Waschen ausgelegten Salatblättern und von zusammengekehrten Krümeln. Aber gerade dieser feine kleine Hausmüll verweist auf das gewichtigste Thema der Bilder: Die Entscheidung für das Fortnehmen oder Stehenlassen, die Aufwertung und Entwertung von (Bild-)Gegenständen. Es ist ein durchaus ökonomischer Prozess, eine Entscheidung für Zuwachs oder die radikale Reduktion, ein Vorgang der Auflösung, Trennung und dem erneuten Verweben. Und gerade die „Salatschrift“ treibt mit der performativen Malweise und der dem Informel nahe stehenden skripturalen Poesie ein hintersinniges Spiel: Die an den Körper gebundene Performativität und die für das Körperlose und die Durchstreichung des Subjekts stehende écriture verbinden sich in Helene Appels sorgfältig angeordneten Objekten zu einem buchstäblichen Kommentar.


Die Leinwände belässt Helene Appel in all ihren neuen, in Berlin ausgestellten Arbeiten unbehandelt. Der warme braune Farbton der rohen Leinwände tritt auf unerwartete Weise in einen Dialog mit dem Grau-Braun der Plattenbau-Hauswände vor den Fenstern. Das staubige Braun-Grau der ehemaligen DDR wird zu einem Protagonisten in der von Appel inszenierten Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Kunst der westlichen Moderne: Helene Appel blättert die Seiten des Geschichtsbuches zurück und unterzieht sie einer in der Bibliothekswohnung präsentierten gewitzten Relektüre. Durch gekonntes Hakenschlagen verhindert sie eine letztgültige Interpretation und die damit verbundene Verdammung ihrer Tableaux zum harmlosen Dekorationselement.

Helene Appel (*1976 in Karlsruhe, lebt in London) hat an der HfbK Hamburg und dem RCA London studiert. Ihre Arbeiten wurden u.a. im Kunsthaus Hamburg, bei doogerfisher (Edinburgh), im RCA London, in der Gallery Serdtse (Moskau) und bei The Reliance (London) gezeigt.

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“Painting, no matter with which form and aesthetic it is realised, always remains bound to the decorative, and thus, unlike any other artistic medium, remains always also a matter of taste. However radical the transgressions of taboos or violations of borders involved, the painted picture always found its necessary place sooner or later in domestic surroundings, preferably above the middle-class sofa or mantle piece. At the same time, painting is the basis for understanding each single other medial form of expression in art.”
(Udo Kittelmann, Jackson Pollock und die Organisation der Malerei nach der Organisation der Malerei. Ed. by Sammlung Frieder Burda, Baden-Baden: 2004, p. 6)

Helene Appel (*1976 in Karlsruhe, lives in London) brings painting into an unexpected proximity with the domestic realm, and there allows it to work subtle destruction. The unhomely hearth-ghosts she calls up disempower the mighty Action heroes of painting with beguiling guerrilla techniques.

Often large sized and sparsely composed, Helene Appel’s oil paintings seem to refer to Action painting, gestural painting and informel. The viewer is seduced by linear, cyclical and rhythmical strokes and marks. However, that which appears to have conjured up the informel, a display of paint in all its guises, impasto, glazes, or dry porous marks, is, on stepping closer, recognisable as a set of depicted objects, assigned to perform precise pictorial functions. The Fontana like slits are actually twigs, an expressive configuration of green splodges is actually a cluster of leaves.

Lucio Fontana mistrusted the production of painting after painting with its assumed equivalent production of insight; he escaped the out-dated pictorial forms by expanding the surface. Jackson Pollock believed that with his drip paintings he had overcome the traditional conventions of painting, by creating a new immediacy between his own sensibility and the artistic method. Helene Appel eludes both: illusionistic depiction irritates the immateriality of expanded pictorial space and defers the acting out of sensibility into esoteric realms. Depictions of tender twigs, salad leaves laid out as if after washing, and swept together crumbs seek to lure the pretensions of the male heroes of art history into absurdity, confusing the stern formal discussions. It is precisely the smallest of these subjects, the tiny crumbs of household waste, that reveal the most significant themes in Helene Appel’s paintings: the moment of choosing what stays or what goes, the granting of value to (pictorial) objects, or its removal and their invalidation. The paintings detail an economic process, of disintegration, separation, re-inclusion and re-use. The “salad writing” in particular intricately plays on the performative act of painting and the scriptural poetic that stand close to the Informel: the performativity that is bound to the body, and the écriture that stands for the crossing out of the subject combine in Helene Appel’s carefully arranged objects into a literal commentary.

In all of the new works Helene Appel is showing in Berlin, the canvases are left untreated. The warm brown colour of the raw linen engages in an unexpected dialogue with the grey-brown tones of the prefabricated house walls (‘Plattenbau’) outside the windows. This dusty brown of the former GDR becomes another protagonist in the examination of the past of the art of western modernity that she stages. With accomplished misdirection Helene Appel averts the finally valid interpretation of her tableaux, and with this their condemnation to be harmless decorational elements.

Helene Appel (*1976 in Karlsruhe, lives in London) was educated at HfbK Hamburg and RCA London. Her works were on view a.o. at Kunsthaus Hamburg, doogerfisher (Edinburgh), RCA London, Gallery Serdtse (Moskau) and The Reliance (London).