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CHRISTIAN SAUER
 

EINFÜHRUNG IN DIE AUSSTELLUNG "PEINTURE COLLÉE II", GALERIE FILSER & GRÄF, MÜNCHEN

Christian Sauers Bilder zeigen alltägliche Situationen. Doch so gegenständlich die Motive sind, so abstrakt ist zunächst die Technik der Peinture Collée, die er entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine eigenständige Collagetechnik, bei der aus getrockneten Farbpartikeln Bilder erstellt werden. Man kann hierbei von einer autonomen Weiterführung der Technik des Scherenschnitts, wie sie von Henri Matisse angewendet wurde, sprechen. In mehreren Schritten werden Farbschichten übereinander geschüttet und getrocknet, so dass nach und nach eine arabeske Struktur entsteht. Im letzten Arbeitsgang wird die so entstandene Farbhaut gleich einem Scherenschnitt zerschnitten oder auch zerrissen. Diese Fetzen in satten Farben sind die Bausteine für Sauers Gemälde: Aus abstrakten Puzzlesteinen werden gegenständliche Bilder. Mit der Technik geht der Maler aber erfrischend undogmatisch um: in die Farbcollagen wird immer wieder auch mit dem Pinsel eingegriffen, um Details oder Schattierungen anzulegen. Und so schichten sich aus geschnittenen und gerissenen Farbfetzen Bäume, Straßen, Häuserdächer.

Seit längerem beschäftigt sich der 32-jährige Maler mit Bildern aus dem Alltag auf dem afrikanischen Kontinent. In der Malerei des 19. Jahrhunderts und der Moderne stand "Afrika" für flimmerndes Licht, pralle Farben, und für Exotik. Damals brachten die Maler all das auf ihren Gemälden von ihren Reisen mit. Heute sind Bilder dieses Weltteils ständig verfügbar: nicht nur die Luft in der Sonne, auch der Bildschirm flimmert. Man spürt in dieser Motivwahl eine leise Sehnsucht nach der Fremde, ein Interesse an der Vielzahl der Lebensrealitäten auf unserem Planeten und eine große Freude an der Farbgewalt dieses Topos. Was Sauer sich aus der medialen Bilderflut aussucht ist nicht die erotische Exotik des 19. Jahrhunderts, auch nicht das Bild des Elends, das wir meist medial vermittelt vom afrikanischen Kontinent sehen, sondern es ist der Alltag der Menschen, der ihn interessiert. Da kann eine Straßenverkäuferin, die auf dem Boden sitzend ihre Waren anbietet, in der Rückenansicht zwar schon mal an die Haltung der Odaliskefiguren bei Ingres erinnern. Aber wir blicken mit ihr auf die Füße der Vorbeigehenden, in den Staub der Straße und in die leuchtenden Farbfetzen von Christian Sauer.

Filser und Gräf zeigt auch die neuesten Arbeiten, die sich Motiven aus der eigenen Alltagswelt zuwenden: Das Atelierhaus mit Straßenkreuzung, der Blick aus dem Atelierfenster über Häuserdächer, Menschen am Wasser. In einer Welt voller Bildmedien verortet sich der Maler in dem, was er wirklich vor Augen hat. Die starken Farben erleuchten auch die Berliner Motive und geben der grauen Stadt südliche Lebendigkeit. Die Abstraktheit der Peinture Collée blitzt immer wieder einmal auf, wenn die Kontur einer Farbfläche einmal ausbricht aus der strengen Begrenzung der abbildenden Form. Die Farbe wird nicht gezähmt. Sondern zu Bildern geformt, die man immer wieder ansehen will.


Melanie Baumgärtner - Kunsthistorikerin