B U C H B E Z I E H U N G - TEXTE + AUSSTELLUNGSANSICHTEN
Ausstellungsansicht B u c h b e z i e h u n g - Foto: Jane Beran
Astali/Peirce, Jane Beran, Conni Brintzinger, Hadley+Maxwell, Myriam Mechita
kuratiert von Conny Becker
Die Ausstellung B u c h b e z i e h u n g versammelt Arbeiten, die in einem engen Zusammenhang mit Büchern entstanden sind: sei es, dass sie konkret auf den Inhalt eines Buches rekurrieren oder das Objekt Buch gar als Material diente.
Conni Brintzinger
Sacrow, 2014, Siebdruck auf Holz, 130 cm x 170 cm
„Ich sah die Bäume entschwinden, sie streckten die Arme aus, ganz als wollten sie sagen: Was du heute von uns nicht erfährst, wirst du niemals erfahren."
(Marcel Proust, Im Schatten junger Mädchenblüte)
Conni Brintzinger widmet ihren Siebdruck 'Sacrow' Marcel Prousts 'Im Schatten junger Mädchenblüte'. Je nach Lichteinfall nimmt sich das mit Silberbronze auf schwarzer Lasur gedruckte Bildmotiv sehr zurück oder blendet die Betrachter geradezu. So scheint das Bild im Moment des Betrachtens neu zu entstehen und zu einem Plädoyer für das bewusste Wahrnehmen des Augenblicks, ganz im Sinne Prousts, zu werden. Das „Jetzt“ ist schon vorbei, wenn man es ausgesprochen hat; was bleibt und immer wieder aufgerufen werden kann, ist die Erinnerung und womöglich ein Gefühl.
Conni Brintzinger (*1962 Basel, Schweiz) lebt und arbeitet in Berlin.
Myriam Mechita
Le Bâtiment des derives, 2016, mixed Media, 31 x 40 cm
Verbindungen zu Büchern finden sich in vielen Arbeiten von Myriam Mechita. Für 'Le Bâtiment des derives' nimmt Mechita ein Buch ganz materialiter zum Ausgangspunkt – ein Sammelband von 'L'Illustration', einer der frühesten illustrierten Wochenzeitungen, welche von 1843 bis 1944 erschien. Sie überklebt die zahlreichen Seiten, die sechs Monate in Frankreich im Jahr 1890 abbilden, mit geometrischen Formen. Durch die gemusterten Klebefolien, mit denen sonst Architekten unterschiedliche Materialien simulieren, fügt Mechita der Zeitung eine abstrakte neue Ebene hinzu und schafft ein enigmatisches Buchobjekt.
Myriam Mechita (*1974 in Strassburg) lebt und arbeitet in Berlin.
Hadley+Maxwell
All I wished to say to tell you you, 2013, Video, 3:04 Minuten
Hadley+Maxwell collagieren für 'All I wished to say to tell you you' die sieben existierenden Übersetzungen des Briefes von Prinz Myshkin an Agláya Epanchin in Dostojewski’s Roman 'Der Idiot'. Dies Collagefragmente werden im Video nicht nur gezeigt, sondern auch vorgelesen, was einen Eindruck von Stottern oder dem Suchen nach dem richtigen Wort hervorruft. Die Videoarbeit war ursprünglich als Zusammenfassung der Lecture-Performance House Rules entstanden, die das Künstlerduo im Juli 2013 in den Berliner KW - Institute for Contemporary Art realisierten.
Hadley Howes (*1973,Toronto, Kanada) und Maxwell Stephens (*1966, Montréal, Kanada) kollaborieren, seit sie sich 1997 in Vancouver, Kanada, kennenlernten, und arbeiten in verschiedenen Medien, darunter Video, Installation und Ton.
Hadley+Maxwell leben und arbeiten in Berlin und Toronto.
Jane Beran
Sächsische Schweiz, Hohnsteingebiet, Blick vom Hochstein Richtung Ziegenrücken, 2014, je Injek Print, 62 x 77 cm
Jane Beran projiziert Diapositive auf Installationen aus Holz und Papier, wodurch die Bilder verzerrt und fragmentiert erscheinen. Ihre puzzleartige Bildkomposition schafft kafkaeske Räume und zeigt gleichsam die Vergänglichkeit menschlichen Daseins auf. In B u c h b e z i e h u n g sind Fotografien der Reihe 'Farbfilmnotizen' zu sehen, bei der sich Beran dem Notizbuch sowie Aufnahmen ihres Großvaters bedient. Diese unterzieht sie ihrem ganz eigenen Transformationsprozess und lässt sie zwischen zweiter und dritter Dimension changieren, sodass sich die fotografisch festgehaltenen Momente erneut entfalten können.
Jane Beran (*1987 in Greiz) lebt und arbeitet in München und Berlin.
Astali/Peirce
Still Untitled, 2014, Künstlerbuch, Edition von 4 + 1AP, 32 x 26 cm
Für ihr Künstlerbuch 'Still Untitled' entfernt das Künstlerduo Astali/Peirce die ursprünglich im Zentrum stehenden Skulpturen aus den Ausstellungsansichten eines auf dem Flohmarkt entdeckten Katalogs. Tolia Astali und Dylan Peirce stellen in ihren Arbeiten die Frage nach der Rolle von Bildern, dem Objektcharakter, Skulptur und Raum und kehren den Hintergrund nach vorne, rücken die Randbezirke in die Mitte. Was passiert mit dem Raum, wenn in ihm eine Skulptur steht? Hinterlässt sie Spuren? Solchen Erinnerungs- und Negativräumen gehen Astali/Peirce auch in ihren Collagen nach, die keine Gegenüberstellungen von Gegensätzen, sondern vielmehr Integration suchen.
Tolia Astali (*1974 in Tiflis) und Dylan Peirce (geb. 1977 in Paris) leben und arbeiten in Berlin.