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CONNY BECKER
 

ROBERT KOCH: BAKTERIEN IM BILD

Mikrofotogramm des Milzbranderregers Bacillus anthracis nach Gramfärbung.
Foto: CDC-Public Health Image Library

Robert Koch 1896 in seinem temporären Labor in Kimberley, Südafrika.
Foto: Robert-Koch-Museum
Model-Stahltisch einer mikrofotografischen ANlage der Firma Lautenschläger.
Quelle: Robert Koch-Institut
Vor 100 Jahren, am 27. Mai 1910, starb Robert Koch, der dank seiner bahnbrechenden Forschung zu einem der berühmtesten Bakteriologen wurde. Weniger bekannt ist, dass er auch die wissenschaftliche Fotografie auf seinem Gebiet begründete.


Detailreiche Bilder von Mikroorganismen kennt heute fast jeder, nicht nur aus wissenschaftlichen Journalen. Die häufig dekorativ angefärbten Strukturen von HIV- oder Influenza-Viren begegnen uns fast täglich auch in Tagespresse und Fernsehen und erhielten so bereits Einzug in unser kollektives Gedächtnis. Dass es dazu kam, war auch eines der Verdienste von Robert Koch.

Der 1843 geborene Mediziner erlangte Berühmtheit, da er 1876 am Beispiel des Milzbrandes erstmals Bakterien als Krankheitserreger nachgewiesen hatte. Neben seinen fünf Postulaten zur Identifizierung eines Mikroorganismus als krankmachendes Agens bedurfte es zur Überzeugung der Fachkreise aber auch der Sichtbarmachung der Bakterien, was Koch über Färbung mit Anilinfarbstoffen und mithilfe des Mikroskops erreichte. Teilen konnte er seine visuellen Eindrücke jedoch zunächst nur in Demonstrationen vor Augenzeugen im Labor oder mittels Zeichnungen und Lithografien, denen allerdings ein hoher Grad an Subjektivität anhaftete und die daher als Dokumente weniger überzeugten.

Fotos als Beweise

Zu jener Zeit war die in den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelte Fotografie bereits weit verbreitet und galt in den verschiedenen Forschungsgebieten als das Medium schlechthin, wissenschaftliche Erkenntnisse zu objektivieren. Während mithilfe des Teleskops die ersten scharfen Mondbilder aufgenommen wurden, entwickelte Koch ein fotografisches Verfahren, um die kleinsten, für das menschliche Auge unsichtbaren Lebewesen so festzuhalten, wie er sie in seinem Mikroskop selber sah. Er reihte dafür Kamera, Mikroskop und einen als Lichtquelle dienenden Spiegel horizontal aneinander und bannte die Strukturen auf Kollodium-Nassplatten.

1877 veröffentlichte Koch mit dem wissenschaftlichen Artikel „Untersuchungen über Bacterien. VI. Verfahren zur Untersuchung, zum Conserviren und Photographiren der Bacterien“ zum ersten Mal auch einen ausführlichen Anhang von Mikrofotogrammen. Diese galten als Hauptargumentationsträger seiner Studie, auch wenn einige Fotos schwer zu erkennen waren. Doch schon allein die Verfahrensweise – der logische Aufbau der Apparatur, die fast ohne menschlichen Eingriff ein Bild produzierte – musste überzeugen. Koch selbst beschrieb das fotografische Bild als ein Beweisstück, ein Dokument und betonte: “Der mikroskopische Gegenstand zeichnet sich selbst.“ Folgerichtig vermied der Bakteriologe jegliche Retusche und publizierte bewusst auch Fotos mit Fehlern wie einer schwarzen Ecke, um die Authentizität seiner visuellen Beweise zu unterstreichen.

Einige Jahre später schien es, als hätte sich Kochs Einstellung zur Fotografie geändert, da er in seinen Publikationen wieder mit Zeichnungen arbeitete. Allerdings war ihre Beweiskraft zum Nachweis der Mikroorganismen vermutlich nun nicht mehr nötig und andere Aspekte der bildlichen Darstellung der Erreger wurden wichtiger. Denn die Fotografie wies auch so manchen Nachteil auf: Sie erlaubte damals nur schwarz-weiße Abbildungen und war aufgrund von Überlagerungen verschiedener Strukturen nur mit geübtem Auge lesbar. Mit Zeichnungen dagegen konnten farbige Schemata gewonnen werden, die Charakteristika verschiedener Bakterien festhielten, ohne sich in ihrer breiten Varianz zu verlieren.
Wie damals schwankt das mikroskopische Bild der Medien auch heute noch zwischen Authentizität und Schematismus, seine Popularität verdanken wir nicht zuletzt Robert Koch.

Literatur

Thomas Schlich: Repräsentation von Krankheitserregern. In: Hans-Jörg Rheinberger et al.: Räume des Wissens. Repräsentation, Codierung, Spur. Berlin 1997, S. 165-190.
Barbara Rusch: Robert Koch. Vom Landarzt zum Pionier der modernen Medizin. München 2010.