TREND IST TREND – REZENSION VON "ART NOW VOL 3"
Und genau dies war offenbar der Anspruch von Herausgeber Hans Werner Holzwarth, der Ende 2008 den dritten Übersichtsband zur Gegenwartskunst in der Reihe „Art Now“ mit insgesamt 133 alphabethisch aufgelisteten internationalen Künstlerpositionen edierte: In seiner Orientierung an renommierten Galerien und den bedeutendsten institutionellen Ausstellungen folgt seine Auswahl dem von Galeristen, Sammlern, Kuratoren und Museumsankäufen geschaffenen derzeitigen Kanon. Mit „cutting-edge“ im Sinne einer Vorreiterrolle hat diese Selektion also wenig zu tun, die zurückhaltendere deutsche beziehungsweise französische Beschreibung als aktuell/actuelle im Sinne einer Bestandsaufnahme trifft es besser. Die Eigenwerbung des Verlages – „Sie wollen heute schon wissen, was Sie in den nächsten zehn Jahren in den Kunstinstitutionen der Welt erwartet?“ – verspricht zu viel Innovation, denn die Institutionen zeigen das Gros der im Buch vorgestellten Positionen bereits. Der Marketingspruch liegt aber vermutlich insofern richtig, als dass viele der Künstler innerhalb der nächsten Dekade weiterhin institutionell präsentiert werden.
Abgesehen davon findet der Leser das, was ihm verheißen wird: Vier Seiten zu jedem Künstler, von denen drei den Abbildungen wichtiger oder aktueller Arbeiten gewidmet sind und nur eine dem beschreibenden Text, der stark komprimiert, aber mit den zentralen Angaben zu Methode, Referenzen und Kontextualisierung der Arbeiten das jeweilige Œuvre skizziert. Dass dieser jeweils informativ und zudem gut lesbar ist, verdankt der Band seinen elf Autoren, die größtenteils auch Kritiken für die einschlägigen Kunstzeitungen verfassen. Neben den Übersetzungen werden auf der „Text-Seite“ zudem Daten zu zentralen Ausstellungen der vergangenen Jahre sowie eine Kurzbibliografie geliefert. Zusammengefasst wirkt dies wie eine Legierung aus professionellen Pressemitteilungen von Galerien und Kurzkritiken in Kunstjournalen, wobei der Magazincharakter neben der Bilddominanz auch den Thumbnail-artigen Portraitfotos der Künstler geschuldet ist. An ihnen ist auszumachen, wie die Kunstwelt in unserer Dekade tickt: Es geht um Events und um das in Bezug auf die Publikation viel zitierte „Who is who“, das Teilhaben(wollen) und nicht zuletzt das „Größer, besser, weiter“. Dass es sich, für Kunsthistoriker zunächst irritierend, implizit auch um eine „Hip-Parade“ des Kunstmarkts handelt, wird spätestens im serviceorientierten Anhang deutlich, in dem potenzielle Käufer Einblick in die Marktpreise der jeweiligen Künstler beziehungsweise ihrer Werke erhalten und erfahren, welche Galerien sie bei Interesse kontaktieren müssen.
Selbst wenn dieses Hochglanz-Nachschlagewerk wie seine zwei 2002 und 2005 erschienenen Vorgänger Ausdruck des Kunsthypes und einer Eventkultur ist, kann es dennoch auch Kunsthistorikern einen ersten Überblick zur international angesagten Gegenwartskunst geben (für Einsteiger nützlich: das kurze Glossar) und ist schon als Zeitdokument auch für Kulturwissenschaftler ein Muss. Abzuwarten bleibt, ob und wie sich das Konzept der nächsten Ausgabe angesichts der derzeitigen Kunstmarktlage ändern wird.
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Hans Werner Holzwarth (Hg): Art Now Vol 3. Taschen, Köln, 2008 – Preis: 29,00 Euro
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veröffentlicht im Portal Kunstgeschichte unter:
http://www.portalkunstgeschichte.de/buch_medien/?id=2611