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GUNNAR LUETZOW
 

HINTER DER MASKE

Die seltsamen Riten der Frau Dr. Arabeske | 2014 | Digitales und 16mm Compositing | 16 min| Cinemascope Sound - Courtesy the Artist
Anna Steinert beschwört mit Film, Malerei und Plastik das Groteske wieder herauf - um Hierarchien, Zombies und Dr. Freud die Zunge herauszustrecken





Krawall und Remmi Demmi! Darum scheint es in Anna Steinerts viertelstündigen Experimentalfilm "Die seltsamen Riten der Frau Dr. Arabeske" zu gehen: Man meint einer Séance beizuwohnen. Eine Horde durchgedrehter Kunststudenten verwüstet ein orthodoxes freudianisches Setting. Psychedelische Szenen suggerieren Katharsis, Transgression, Regression. Für weitere Verwirrung sorgen Klangfetzen aus der Frühzeit der Aufnahmetechnik, die angeblich "okkulte Stimmen" dokumentieren sollen.

Doch beim Blick in weitere Werke wie die dadaistisch anmutende Montage "Hypochonder im Zwiegespräch" oder das existenzialistische Mini-Roadmovie "Mosagrima" fällt auf, wie sehr sich die inzwischen mit Galerie und Zweitwohnsitz in Berlin ausgesattete Hamburger Künstlerin für ihr eigentliches Thema begeistert: Die Maske. Sie erklärt: "Für mich ist die Maske als Spielzeug wichtig. Als Hilfsmittel erleichtert sie es, zu zelebrieren. Und man kann sich sich gehen lassen, ohne von der Gesichtserkennung ertappt zu werden."

Womit sie bei ihrem anderen großen Anliegen wäre: Der malerischen Auflösung des Motivs, insbesondere des Gesischts. Dazu inspiriert wurde Anna Steinert, die sich eigentlich nicht als Intellektuelle sieht und ihren Roland Barthes zwischen Martin Kippenberger und Tracey Emin im Regal versteckt, ausgerechnet von zwei Geistes-Ikonen: Gilles Deleuze und Felix Guattari, deren "Tausend Plateaus" auch für Berufsdenker nicht leicht zu erklimmen sind.

Doch die eigentliche Inspiration liefert die Kunstgeschichte: Mittelalter, Renaissance und Surrealismus - insbesondere, wenn es um Monster und Narren geht. Denn: "Mich ärgert, dass das Grotesle viel zu wenig in der Kunstwelt präsent ist, wo alles glattgeputzt wird - mich interessiert das Widerständige mehr. Das Groteske streckt den Hierarchien die Zunge raus, zeigt das Abgründige, das Zerstörerische, das Dämonische. Es hält der Welt den Narrenspiegel vor." So darf man irgendwo hinter der grellen Maske der überdosierten Aufrührerin, die gegen gesellschaftliche Verhältnisse, allgegenwärtige "Zombieeinflüsse" und den "alten, verschimmelten Dr. Freud" antritt, auch eine heitere Aufklärerin vermuten.