artmap.com
 
IVONNE DIPPMANN
 

TOTE VÖGEL SINGEN NICHT, AUTOR RON WINKLER 20.02.2014 BERLIN

Es ist schön, wir sind kaputt. Oder fragwürdig zumindest, dunkel. In ihren Bildern scheint uns Ivonne Dippmann dabei zu beobachten. Es sind nicht die Highlightmomente, nicht die Schönstheiten unseres Lebens. Eher die Aushaltezeiträume zwischen den Hochs und den Tiefs. Aber das ist schon zu sehr spekuliert. Was sehen wir? Manchmal einen Schnabel im Gesicht, manchmal so etwas wie einen Schnabel, noch ein bisschen anders als bei Pinocchio. So einfach ist es ja alles nicht. Denn die Bilder schließen ein unverstehbares Dahinter mit ein.
Das Schnabelartige könnte ein seltsames Vehikel sein, das die Figur mit diesem Off verknüpft. Überhaupt finden wir nicht wenige Störgegenstände appliziert, Störgesten, Gestörtheitsmimik. In einem Bild ein Anti-Midas, dem alles zu Schwarz zerfällt, in einem anderen ein Farbenüberschwang, als gäbe es kein Morgen.
Mich fesselt das. Schon weil die Figuren psychisch in dunkler Relation zu ihrer Schöpferin stehen. »Ivonne, I will always be with you«, steht als Zitat auf einer Arbeit. Und auf einer anderen: »I haven’t myself located yet.« Das ist der Spannungsraum: Selbsterweiterungslust und dazu die Klebrigkeit von irgendwas, das man nicht los wird. Dippmann bewertet das zum Glück nicht – sie stellt dar, nicht aus.
Mit einem Strich zwischen asiatisch klar und cartoonesk überdreht lauscht sie wie Raimond Pettibon »dem unruhigen Herzschlag des Westens«. Und zeigt den Menschen, wie er sowohl multipel verstrickt als auch multipel isoliert ist. Und oft scheint, als stecke er in einer falschen Zeit fest – einer vergangenen oder noch nicht erreichten.
Es sind oft Individuen wie von dort, wo das Unbewusste die Regie übernimmt. Figuren einer Sideshow-Realität oder aus dem engen Universum des Alleingelassenseins. Verwendet von ihrer Umgebung und nicht weniger von sich selbst. Irgendwie gebremst durch die Statik der eigenen Psyche und der adaptierten Riten. Verletzt, aber auch verletzend, durchaus sehr »traversed by violence« (Raphael Zagury-Orly). Da schwelen so einige Heftigkeiten hinter den circensischen Masken. Und die Verwandlungsmechanismen des Bildes machen sie uns wieder echt.