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JORINDE VOIGT
 

(D) VON ADLERN UND POPSONGS

Von Adlern und Popsongs

von Peter Lang

Adlern begegnen Popsongs, zumindest in den Blättern von Jorinde Voigt. Die Könige der Lüfte werden mit dem akustischen Netz der Charts aus den Metropolen und Vorstädten verknüpft. Die neuen grafischen Arbeiten verstricken geradezu das triviale Element von Popsongs, jene Gefühlssurrogate auf kleinsten gemeinsamen Nenner mit einem der hervorragensten heraldischen Tiere, dem Adler. Halt kann es dann in den Strömungen der Vögel und Klänge eigentlich nur noch am nächsten Strommast geben.

Die Arbeiten Jorinde Voigts sind seit den letzten Jahren mehr oder weniger abstrahierende Notate und Kompositionen, die Ereignisse aufzeichnen oder fiktive simulieren, deren Realisierung damit überflüssig wird. Und es wäre auch nicht wünschenswert diese Ereignisse zu realisieren, da sie damit ihrer Abstraktion und Poesie verlustig gehen würden. Nur die Imagination hilft hier, Prozesse den Blättern zu entnehmen, die allgemeinerer Natur sind und doch zu so etwas ähnlichem wie konkrete Musik werden. Jorinde Voigt weist auch eine Ausbildung als Cellistin vor, ein wohl nicht unerheblicher Aspekt für das Verständnis ihrer jetzigen Arbeiten.

Methoden neuer Musik, wie der Einsatz von Pattern und Randomsystemen finden sich auch in den grafischen Strukturen ihrer Arbeiten. Ein inhaltlicher Ansatz ebenso: Hohes wird mit Trivialem gemischt. Die Künstlerin setzt als Ausgangspunk ihrer Zeichnungen verschiedene Ausgangsbedingungen, aus denen Kompositionen entstehen. Dabei muss nicht alles bestehen bleiben, was durch die Systematik des Zeichnens mit der Hand sich zum Bild fügt. Kriterium ist hierbei die möglichst stringente Visualisierung der Ausgangsidee.

Wenn auf den Blättern symbolisch Adler starten und die Takte von Popsongs alternierend dazu in einen fiktiven Raum eingespielt werden, die Adler weit oben, die Songs in Menschenhöhe, entsteht ein sich in verschiedenen Varianten wiederholendes Muster, das wiederum dem Betrachter anhand von Zeichnungsserien zur Assoziation an die Hand gegeben wird. Hinter den künstlerisch erwirkten Mustern liegt eine Reflexion über die gänzliche Durchdringung uns allen umgebender kultureller Muster. Wenn der WM-Song „Love Generation“ als Popsong für eine Serie von Arbeiten als musikalische Grundlage dient, zeigt das Kreisen der Adler und deren voraussichtlicher Zusammenstoß bereits das Ende dieser Konstruktion an.

Peter Lang, Berlin
Juni 2006