BARBARA BREITENFELLNER WE SHOULD HAVE OCCUPIED EVERY PLACE + ISABEL OTT PORNOPINBALL & WOLPERDINGER
Installationsansicht - Barbara Breitenfellner, "We should have occupied every space", West Germany, berlin
Installationsansicht - Barbara Breitenfellner, "We should have occupied every space", West Germany, berlin
Installationsansicht -Isabell Ott, "pornopinball", West Germany, berlin
Sonntag, 16.03. 14-17h: Teenieflippern
Unheimlichkeit entsteht im Kopf. Sie folgt keiner tatsächlichen
Bedrohung. Sie ist ein fikitves Gewebe und in westlichen Kulturen doch
an Gegebenheiten wie dem Dunklem, Fremden oder dem Tod gekoppelt. In den
Städten sind es vor allem physisch wie psychisch nicht angeeignete Räume
die auf ein Individuum unheimlich wirken: verlassene Häuser oder
Gegenden, in denen es auf unverständliche Lebensweisen stößt. Der
unbekannte Ursprung von visuellen oder auditiven Bildern veranlasst
Menschen an solchen Orte nicht selten zu fantastischen Spekulationen:
fehlendes Licht oder auch mangelnder Durchblick, lösen die Bremse der
Einbildungskraft. Dementgegen steht die Kontrolle über einen Raum, die
sich zu einer Obsession ausweiten kann. Sie kann das Individuum immer
wieder dazu zwingen, dem verehrten Ort nahe sein oder ihn besitzen zu
wollen - koste es was es wolle.
Bereits der Titel, der in Barbara Breitenfellners Rauminstallation "We should have occupied every place" als Schriftzug quer über eine Wand
ohne Rücksicht auf Türen geschrieben steht, gleicht einem Multiball, der
eine Assoziationsexplosion auslöst. Denn in dem maroden Hinterzimmer der
ehemaligen Hautarztpraxis im Neuen Kreuzberger Zentrum stehen sieben
Flipper vor einem sich in Auflösung befindenden Wandbild, das einen
japanischer Missionar inmitten einer Schar lachender, srilankischer
Kinder zeigt. Eine Perspektive, die einen schnell die Übersicht
verlieren läßt. Stichworte wie Kulturverlust durch Globalisierung,
Klimakatstrophen, Ausbreitung der Freikirchen, strittige
Entwicklungshilfeprojekte brechen genauso über die BetrachterInnen ein,
wie Assimilation, Sozialer Wohnungsbau, Drogenkriminalität oder
kapitalistische Gleichschaltung und Multikulti. Eine ausgestopfte Eule
blickt dabei weise wie geheimnisvoll auf die BesucherInnen herab,
während die bereitgestellten Amüsiermaschinen zum Ablenken verführen.
Bei den Geräten handelt sich nahezu ausschließlich um Leihgaben von
privaten Sammlern. Das Bild stammt aus einer Sammlung japanischer
Technikmagazine, aus der sich Barbara Breitenfellner immer wieder für
ihre Arbeiten bedient. So zeigt die Installationen Bilder religiöser,
kultureller und persönlicher Obsessionen, andererseits thematisiert sie
die inviduelle wie gesellschaftliche Verantwortung Kontrollstrategien zu
hinterfragen, fördern oder gar ihnen entegen zu handeln.
Sammeln und Obsession sind auch die Ausgangspunkte von Isabel Ott, die für ihren Pornopinball einen Flipper der Marke 14 Tomcat zum "Fick 14
Pussycats" umgerüstet hat. Die Bezeichnung Tomcat geht auf den
Konteradmiral Tom "Tomcat" Connelly zurück, der ebenfalls namensgebend
für das Kampfflugzeug in dem Film "Top Gun" mit Tom Cruise ist. Der
Blockbuster, unterstützt und sicherlich auch kontrolliert durch die US
Navy und das Pentagon, war nach seinem Erscheinen für Unzählige Anlass
der Navy beitreten zu wollen. Was von Bessenheit, wenn nicht von einer
Obsession zeugt. Isabel Ott gestaltete den Flipper allerdings mit
Pornobildern komplett um. Die so genanten Herrenmagazine,
avantgardistisch gestaltete A5 Heftchen oder Bleistiftzeichnungen,
stammen aus einer Sammlung, die in den 50er und 60er Jahren von einem
Privatmann angelegt wurde. Der "Fick 14 Pussycats" besticht durch seine
grelle, ambivalente Ausstrahlung. Er provoziert durch die expliziten
sexuellen Darstellungen und wirkt im selben Moment abstoßend wie
anziehend. Wer sich auf diese Maschine intellektuell einlässt, wird zu
Überlegungen über gesellschaftliche Akzeptanz, ökonomische Verhältnisse
und soziale Verantwortung (von Scientology über Prostitution bis zu
Genderfragen) kommen oder sich von dem obszönen Spiel schlichtweg in den
Bann ziehen lassen. Mit dem "Wolperdinger" stellt Isabel Ott ihrer
Installation ein Wesen gegenüber, das es den Menschen erleichtern soll,
sich aus der Verantwortung zu stehlen. Werden diese Fabelwesen doch seit
jeher von Jägern herangezogen, wenn sie zwar alle Kugeln verschossen
haben aber bei der Jagd leer ausgegangen sind. "Wir sind nicht schuld.
Der Wolperdinger wars!"