WER BLOSS KURATIEREN WILL, MUSS GEHEN VIKTOR MIZIANO – EIN WEITERES OPFER KORRUPTER (KULTUR)POLITIK IN PUTINS RUSSLAND
Um diese Vorgänge zu kommentieren, bedarf es keiner großen Kombinationsgabe.
Miziano und sein Denunziant sind zwei Personen der russischen Kunstszene, die sich seit den 80er Jahren unermüdlich um eine Vitalisierung der russischen zeitgenössischen Kunst bemühen. Backstein leitet das Institute for Contemporary Art in Moskau. Miziano ist seit 1993 Herausgeber des Moscow Art Magazine und Kurator des russischen Pavillons der Venedig-Biennale - einschließlich der beiden kommenden - sowie vieler internationaler Ausstellungen. Die Moscow-Biennale initiierten beide gemeinsam. Bis für einen kein Platz mehr war.
Die Situation der zeitgenössischen Kunst in Russland hat sich in den letzten 10 Jahren sehr geändert – sie wurde immer mehr zur Mätresse der Macht und zur Gespielin des Marktes. „Offiziell“ zu sein ist ein wichtiges russisches Wort und bedeutete schon immer: ein gut honoriertes und dekoratives Sprachrohr der Staatsmacht zu sein. Die (russischen) Künstler stehen heute wieder vor der Wahl: „offiziell“ zu werden oder Künstler zu bleiben.
Viktor Miziano ist der beste Spezialist seines Gebietes, das wissen auch seine Feinde. Weil er sich für das „Kuratieren“ gegen eben jenes „Offizium“ entschieden hat und damit alle die stört, die nach Geld und Macht hecheln, muss er beiseite geschafft werden. Um das zynische Gesicht zu wahren, bleibt er weiterhin stellvertretender Vorsitzender des Biennale-Komitees – eines Gremiums, das als pure Fiktion und Staffage einer Scheindemokratie fungiert. Die ersten Zeichen, dass Miziano auch auf internationalem Territorium eliminiert werden soll, deuten sich schon an. Der Vorfall scheint eine persönliche Querele, ist jedoch typischer Machtkampf im Russland Putins. Wieder wurde einer mundtot und handlungsunfähig gemacht, weil er Zivilcourage bewies. Die westlichen Kuratoren - mittlerweile informiert - schweigen. Wenigstens die russischen Künstler bereiten nun eine Aktion vor, auch wenn Opportunismus der Eintritt zur Biennale bedeuten könnte, wie Kulik und AES bewiesen.
Dieser Artikel ist nicht als Klatschbeitrag gedacht, sondern soll jene Kulturschaffenden, die Viktor Miziano als einen integeren Kollegen kennen, aufrufen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen solche Art von offensichtlicher Korruption etwas zu tun.
(Ich danke Viktor Miziano und Bogdan Mamonov (ESCAPE) für ihre Informationen, die ich im Beitrag verwendet habe.)
Paula Böttcher, August 2004
Alexander Kossolapow
"Sometimes you feel yourself like pterodaktyl, but if you could know, how inspiring it is"
Foto: Art Kliasma Moskau