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RIA PATRICIA RÖDER
 

"RAYDIATOR – INTERVIEW MIT SVENJA PAULSEN"

Svenja Paulsen im Gespräch mit Ria Patricia Röder


Die großformatigen Farbfotogramme der fortlaufenden Serie „RAYDIATOR" von Ria Patricia Röder, sind Ergebnisse einer direkten und performativen Auseinandersetzung mit dem Fotopapier, auf dem die Spuren des Arbeitsprozesses sichtbar werden. Technische Utensilien und der eigene Körper werden im Zusammenspiel mit selbst konstruierten Lichtquellen zu Protagonisten abstrakter Collagen.

Ria Patricia Röder, 1983 geboren, studierte Medienkunst an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe sowie Bildende Kunst an der Universität der Künste in Berlin und der Akademie der bildenden Künste Wien.

SP: Du hast Medienkunst und Bildende Kunst studiert. Wie bist du zur Fotografie gekommen?

RPR: Ich habe bereits vor dem Studium mit Fotografie und Video experimentiert und früh angefangen, in der Dunkelkammer selbst zu entwickeln, erst schwarz-weiß, später Farbe in einem Bremer Fachlabor. Es war mir von Anfang an wichtig, das Bild im gesamten Prozeß bestimmen zu können. Die konzentrierte und abgeschirmte Situation in der Dunkelkammer, in der man aus der Schwärze heraus ein Bild hervorbringt, war ein wichtiger Ausgangspunkt für meine Arbeit.

SP: Es gibt in deinen Fotogrammen diese Spannung zwischen Gegenständlichem und sehr abstrakten Momenten. Und überall taucht der Körper auf. Was bedeutet diese Körperlichkeit?

RPR: Wie einige meiner Videoarbeiten enstehen auch meine Fotoarbeiten performativ. Dabei interessiert es mich besonders, auch meine eigene Rolle als Bildermacher, der den bildnerischen Prozeß in Gang setzt, im Bild widerzuspiegeln. So wird der Autor häufig selbst zum Bildelement. In den Fotogrammen kamen noch weitere Körper dazu, die in ihrer formalen Vielfalt - also durch die Möglichkeit, unterschiedlichste Silhouetten belichten zu können - miteinander interagieren und so zeitliche Abläufe im Bild darstellen können.

SP: Ich sehe darin auch etwas Tänzerisches.

RPR: Ja, bei der Entwicklung der Gesten hatte ich häufig Körperhaltungen von Sportlern in Aktion, z.B. Turnern, Kugelstoßern oder Speerwerfern, im Kopf. Mir war es wichtig, die abgebildeten Figuren als Akteure zu inszenieren, die eine ganz bestimmte Handlung auszuführen scheinen und mit den Dingen und Gegenständen um sie herum in Dialog treten.

SP: Geht es dir dabei auch um konkrete Assoziationen?

RPR: Es geht mir einerseits darum, Assoziationen zu fotografischen Prozessen zu wecken, die in den Fotogrammen aber vermeintlich zweckentfremdet werden. So wird z.B. die Laborzange oder der Drahtauslöser zur prothetischen Verlängerung oder Erweiterung einer Fingerspitze. Man kann die einzelnen Gegenstände also zum Teil dechiffrieren, aber ihre Wirkung im Bild scheint verschoben. Die Gegenstände erfahren durch die Belichtung also eine Art Verwandlung in einen anderen Aggregatszustand.

SP: Der Mensch und die Technik. Steckt darin auch ein Cyborg-Gedanke?

RPR: In den Fotogrammen, aber auch in meinen früheren Serien „Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt“ und „Log In“ hat mich schon immer die Verbindung von Mensch und Dingwelt, die sich gegenseitig durchdringen und ergänzen, interessiert.
Eine sehr wichtige Szene war für mich daher in diesem Zusammenhang auch bei Matthew Barneys „Cremaster Cycle“ der Auftritt der Athletin Aimee Mullins auf Glasprothesen, durch welche die gesamte Umgebung sichtbar wird und sich mit ihr verbindet.

SP: Alle deine Arbeiten (der Serie „RAYDIATOR") sind Unikate. Wie gehst du vor?

RPR: Die einzelnen Fotogramme entstehen in mehreren Schritten. Ich belichte zunächst einen Teil eines Körpers oder Objekts mit selbstkonstruierten Lichtquellen auf dem Fotopapier, decke diese Stelle ab und belichte an einer anderen Stelle weiter. Dadurch entsteht der Collage-Charakter. Ich habe am Anfang sehr viel experimentiert, um die unterschiedlichen Farben, Formen und Transparenzen erzeugen zu können.

SP: Deine Arbeit heißt „RAYDIATOR". Was bedeutet dieser Titel?

RPR: „Ray“ ist ja das englische Wort für Strahl oder Lichtstrahl. Der Titel ist ein Wortspiel und betont die aktive Haltung der abgebildeten Figuren, indem er an Filmtitel wie „Terminator“ oder „Aviator“ erinnert.


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Interview in
go photo - Junge Zeitgenössische Fotografie | Hg. go photo, Düsseldorf | 2013