Nächst St. Stephan

Joëlle Tuerlinckx

26 Apr - 28 Jun 2008

Raum I / 1
JOËLLE TUERLINCKX

5 SALLES FLOTTANTES EXTRAORDINAIREMENT EXCEPTIONNELLEMENT RÉUNIES EN UNE CONFIGURATION 'GALERIE NÄCHST ST.STEPHAN ROSEMARIE SCHWARZWÄLDER' + 1 SAL- LE GRATUITE

“LE PRÉSENT ABSOLUMENT”

Joëlle Tuerlinckx arbeitet mit Materialien und Situationen. Ihre Installationen beinhalten u.a. Papierarbeiten, Diapositive, Filme und Materialien, die oft vor Ort gefunden werden. Ihr visuelles Vokabular sind Bücher, Vitrinen, Videomonitore und nicht zuletzt die Räume selbst. In Tuerlinckx’ so genannter „Stretch“-Methode werden sie als 1:1 Modelle verdoppelt, als skulpturale Volumina, deren Wände und Böden Markierungen erfahren, um in ihrer bloßen Faktizität wahrgenommen zu werden. Nichts anderes zu tun, als was bereits getan ist („alles ist schon vorhanden“), ist eine erklärte Absicht.

Joëlle Tuerlinckx artikuliert sich zwischen Bild und Wort, Raum und Denken. Durch „walking and thinking and walking“ entwickelt sie Formen der Sichtbarkeit im Raum, wobei der beste Platz im Raum sein Rand ist, „niemals das Zentrum“. Es ist ein Entleeren des Raums, um seinem Repräsentationscharakter zu entgehen. Die sich nun entwickelnde Expositur der Fakten und Gedanken hat hypothetisch Unendlichkeitscharakter, das Werk stellt sich als Situation her, nicht als Objekt, Bild oder Ausdruck.�

Die Tendenz zur Überfülle nimmt parataktische Formen an. Gegenstände, Vorgefundenes, Reproduziertes, Zitiertes, Ephemeres wird gleichwertig nebeneinandergestellt und auf unhierarchische Weise miteinander verbunden. Dieses System „rhizomatischer Multiplizität“ (Michael Newman) findet auch in Tuerlinckx’ - naturgemäß unendlicher - Serie „Theory of Walking Page“ Anwendung. Es handelt sich um eine doppelte Unendlichkeit, die der Elemente und die der Kombinationsmöglichkeiten, wobei die Elemente von ihren Eigenschaften und spezifischen Qualitäten befreit sind. Sie sind, wie die farbigen Markierun-gen auch, Hinweise im Raum.�

In unserer Ausstellung zieht Joëlle Tuerlinckx die Konturen der Räume nach. Als Modelle unterschiedlichen Maßstabs finden sie sich im letzten Raum in einer Vitrine versammelt, als Komprimierung von Raum und Zeit in einer nicht-möglichen Außenperspektive. Der Galeriefußboden wird als Frottage gescannt und auf Tücher gedruckt. Blaues Donauwasser und das Rosarot der Konditorei Aida kommen an den Wänden zum Einsatz, ein Kreuz markiert den Ort, wo ein Bild hängen könnte, und findet sich auf einem Stein wieder, spezielle Beleuchtungssituationen stellen natürliche oder auch “falsche” Schatten her.��

Mit der Kombination verschiedener Zeichensysteme steht Tuerlinckx in der Tradition ihres Landsmanns Marcel Broodthaers. In der gleichrangigen Behandlung von Original und Reproduktion, von Referenzen und Aneignungen, von Bild und Wort unterläuft sie die Identitätskonstruktionen von Kunst und erweitert auf poetische Weise die Möglichkeiten künstlerischer Rezeption.��
 

Tags: Marcel Broodthaers, Joëlle Tuerlinckx