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STEFANIE IPPENDORF
 

PICASSO OVERKILL >PICASSO – DER ZEICHNER< IM MUSEUM BERGGRUEN

Nachdem im letzten Jahr >Pablo. Der private Picasso< in der Neuen Nationalgalerie zu sehen war, zeigt das Museum Beggruen diesen Winter Picassos zeichnerisches Œuvre. Aber nicht nur in Berlin dauert die “Picassomanie“ an: erst kürzlich wurde im Whitney Museum >Picasso and American Art< eröffnet, im Metropolitan Museum läuft >Cézanne to Picasso: Ambroise Vollard, Patron of the Avant-Garde<, Ende des Monats klärt uns die Frankfurter Schirn über >Picasso und das Theater< auf und im Guggenheim N.Y. ist die Überblicksausstellung >Spanish Painting from El Greco to Picasso: Time, Truth, and History< geplant – was ist also dran an diesem Mann?

Neben der herausragenden Rolle, die Picasso in der Evolution der Kunst der klassischen Moderne gespielt hat, nimmt der gebürtige Spanier auch im Bezug auf das Museum Beggruen eine Schlüsselrolle ein. So steht der Künstler bereits seit der Eröffnung des Hauses 1996 im Mittelpunkt der Dauerausstellung >Picasso und seine Zeit<. Zum zehjährigen Jubiläum des Museums und zu Ehren des inzwischen 92- jährigen Sammlers Heinz Berggruen sind nun 140 „Meisterwerke auf Papier“ aus den Beständen des Musée Picasso aus Paris nach Berlin geholt worden. Im Austausch können die Picasso – Arbeiten aus der Sammlung und dem Museum Berggruen im Pariser Musée national Picasso unter dem Titel >Picasso/ Berggruen, une collection particulière< begutachtet werden.

Pablo Picasso war besessen - besessen vom Willen zur Kunst. Sein Leben lang hat er unermüdlich gemalt, gezeichnet, gedruckt, Keramik gestaltet, Theaterausstattungen kreiert, Plastiken erschaffen und dabei mehrfach die Kunst revolutioniert. Schlagwörter wie “Blaue oder Rosa Periode“, “Kubismus“, “neo-klassizistische Phase“, “Collage“, “Minotaurus“ oder “Guernica“ werden genauso mit ihm in Verbindung gebracht, wie die Erzählungen die sich um seine “Frauengeschichten“ ranken. All diese Facetten in einer Ausstellung abzudecken ist schier unmöglich. In den elf Räumen des Museum Beggruen wird deswegen mit den Zeichnungen der am unmittelbarsten mit der Hand des Künstlers verbundenen Kunstgattung Raum gegeben, welche „nicht nur eine äußere, sondern auch Ausdruck einer inneren Bewegung“ ist.

Die Papierarbeiten im Museum Berggruen stammen aus Picassos Ateliernachlaß, d.h. der Künstler hatte sie zu Lebzeiten nicht aus der Hand gegeben. In der Ausstellung werden sie nun in chronologischer Reihenfolge präsentiert, um die wichtigsten Schritte seiner künstlerischen Entwicklung illustrieren zu können. Im Erdgeschoß begegnet man einem virtuos gezeichneten Rückenakt, den der nur 13 Jahre alte Pablo noch mit väterlichem Namen “Ruiz“ signierte. Was so traditionell beginnt, wandelt sich zu antikisierenden Portraits, gelangt bald zum kubistischen Aufbrechen und Zersplittern der Formen und nähert sich bisweilen der Grenze zur Abstraktion, die jedoch nie gänzlich überschritten wird. Neben formalen Fragestellungen, werden in den Zeichnungen auch inhaltliche Aspekte durchexerziert. Oftmals portraitierte Picasso seine Lebensgefährtinnen und seine Beziehung zu ihnen. So ist seine erste Frau Olga zunächst noch wunderschön als Frau mit einer Stola dargestellt (1920), während sie 14 Jahre später zum schreiend mordenden, deformierten Monster mutiert ist.

Die Zeichnungen dienten Picasso auch zum Festhalten, Experimentieren und Ausarbeiten von Ideen für Bilder und Skulpuren. Deutlich wir dies vor allem an den Zeichnungen, die der Künstler für eine seiner bedeutendsten Skulpturen, >Mann mit Schaf<, angefertigt hatte, denen fast ein kompletter Ausstellungsraum gewidmet ist. Picasso hatte sich auf über 50 Zeichnungen über ein halbes Jahr mit dem Thema befaßt, um die Skulptur selbst dann innerhalb weniger Stunden zu formen. So wurde die Formfindung für das “Guernica seiner Plastik“ ausgiebig auf dem Papier erprobt, um letztlich in kürzester Zeit umgesetzt zu werden. Nicht nur an diesem Punkt wird deutlich, welch eine zentrale Stellung das Medium der Zeichnung für Picasso hatte. Der Künstler selbst formulierte es so: „Um zu wissen, was man will, muß man zu Zeichnen anfangen.“ – oder man beginnt mit dem Betrachten von Picassos Zeichnungen im Museum Berggruen ...


Picasso – Der Zeichner
27.09. 2006 – 07.01.2007

Die. bis So. 10 – 18h
Museum Berggruen
Schloßstr. 1
14059 Berlin

www.smb.museum

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Stefanie Ippendorf