Carlier | Gebauer

Mark Wallinger

18 Jan - 01 Mar 2014

MARK WALLINGER
18 Januar – 1 März 2014

Im Oktober 2004 verbrachte der britische Künstler Mark Wallinger zehn Nächte im Bärenkostüm in der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Im modernistisch-ikonischen Bau von Mies van der Rohe bewegte sich der Bär ohne stringente Absicht: Er taumelte ziellos umher oder lag flach auf dem Rücken. „I was alone, no one was watching me, and there was something both absurd and glorious about this solitude“, bemerkte Wallinger. „And I remember thinking, how did I get from Chigwell to here?“.
Mark Wallinger (*1959) studierte Kunst an der Chelsea Art School und später am Goldsmith College in London. Seine künstlerische Arbeit zeichnet sich durch ein komplexes Spiel mit verschiedenen Medien wie Video, Malerei, Installation und Skulptur aus. Dahinter verbirgt sich eine stetige Auseinandersetzung mit Fragen nach kulturellen Zusammenhängen, politischer oder sozialer Dimension.

carlier | gebauer zeigt 2014 zwei wesentliche Arbeiten des Künstlers. Die Videoarbeit Sleeper und die Werkreihe der Selfportraits markieren zwei wichtige Perioden in seinem Werk. Bei Sleeper (2004) handelt es sich um einen Ausschnitt aus seiner Performance in der Neuen Nationalgalerie. Die Verkleidung des Bärenkostüms referiert auf unterschiedliche Bezugspunkte: Das Kostüm erinnert an das Symbol der Stadt Berlin und schafft gleichermaßen Bezüge zu dem verzaubernden Bären aus dem Fernsehfilm Der singende, klingende Baum, der in den 1960er Jahren im damaligen Ostdeutschland produziert wurde. Das Wort ,Sleeper‘ bezeichnet auch einen Agenten im Schläferzustand, der vielleicht für eine feindliche Ideologie arbeitet, dessen Verhalten jedoch völlig stumm und latent bleibt.

Seit 2007 arbeitet Wallinger an der fortlaufenden Serie der Selfportraits.
Diese besteht im wesentlichen aus dem Buchstaben ,I‘, der in schwarzer Farbe auf weißem Untergrund erscheint. Die erste Person Singular wird von Wallinger in einer einzigartigen Schriftart oder handschriftlich auf die Leinwand gesetzt. carlier | gebauer zeigt ausschließlich eine Auswahl der handgeschriebenen Arbeiten aus dem Jahr 2013. Die Selbstportraits definieren sich nicht als Abbild, sondern sind sublimer Ausdruck unserer Selbst. Mit diesen Arbeiten knüpft Wallinger an einen alternativen Bildbegriff an, der mit größter Entschiedenheit und Radikalität von Malewitsch, den russischen Konstruktivisten etabliert und realisiert wurde. Das Bildkonzept zeichnet sich durch das nicht-mimetische, das scheinbar gegenstandslose Bild aus. Es löst sich von einem Rekurs, von der Referenz auf nicht disponible Elemente wie natürliche Qualitäten von Farbe und Form, die dem Konzept der Figuration zugrunde liegen. Die Selbstportraits schaffen jedoch auch in ihrem neudefinierten Konzept ‚Bedeutungen’ in einem traditionellen Sinn. Der Buchstabe „I“ repräsentiert das Ich und hat gleichermaßen die vertikale Form einer menschlichen Figur. Sie sind in unterschiedlichen Größen und Schrifttypen entstanden. Mark Wallinger realisierte dazu auch eine Skulptur: ein schwarzes „I“ auf einem Podest, das die Größe des Künstlers hat. Humorvoll und zugleich absurd, versprechen die Selbstportraits zurückhaltend Individualität und stehen zugleich für eine universelle Repräsentation.

Mark Wallinger lebt und arbeitet in London. 2013 entstand seine Arbeit Labyrinth zum 150-jährigen Geburtstag der Londoner U-Bahn. Zurzeit zeigt das ZKM in Karlsruhe seine Arbeit State Britain, für die er 2007 den Turner Prize erhielt. Zuletzt waren seine Werke u.a. in folgenden internationalen Ausstellungen zu sehen: 2012 im Baltic Centre for Contemporary Art in Gateshead (GB), 2011 im Museum De Pont, Tilburg (NL), 2004 in der Neuen Nationalgalerie, Berlin (D). 2007 gestaltete er den britischen Pavillion der Venedig Biennale und war auf den Skulptur Projekten in Münster vertreten. Die Tate Liverpool zeigte 2000 eine Auswahl seiner Arbeiten in einer umfassenden Retrospektive.
 

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