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CLAUDIA HAJEK
 

MATERIE UND GESTEN

Materie und Gesten

Claudia Hajek hat mit selbstverständlicher Folgerichtigkeit ein künstlerisches Werk entwickelt, das mit minimalen Gesten einer Transformation uns aus den Beschränkungen unserer gewöhnlichen physischen und räumlichen Erfahrung kickt. Ihre künstlerischen Gesten gehen nicht von einer Trennung von Stoff und Form aus, indem sie ersteren als Rohstoff nehmen, um ihm einen künstlerischen Mehrwert zuzufügen. Im Gegenteil, sie gehen davon aus, dass Stoff und Form immer schon eins sind, egal ob sie ‚roh’ aufgefunden werden als natürliche Gegebenheiten oder aber sich einer handwerklichen oder technologischen Aufbereitung verdanken.
Nun gilt in unserer zeitgenössischen Welt das Perfekte, Geglättete, Makellose als Garant für einen gelungenen Weg eines Produkts aus dem Produktionsprozess in den Markt und die weitere individuelle oder kollektive Nutzung. Was nicht mehr tauglich ist für den Gebrauch, wird weg geworfen, was sich in einer Schieflage befindet, eventuell zurechtgerückt, was als Behälter ausgedient hat, achtlos zerknüllt. Dabei machen die Dinge Formwandlungsprozesse durch, die kaum je beachtet werden, obwohl sie die Dinge mit neuem Leben füllen.

Claudia Hajek zeichnet direkt mit gestischem Handeln, fügt dadurch den Dingen neue Möglichkeiten ihrer räumlichen Artikulation und ihres Licht-Schatten-Spiels hinzu. Die Dinge werden so ganz unmittelbar zum Mitspieler im Formprozess. Und noch etwas kommt hinzu: der Betrachter erfährt nicht angenagelt auf einen festgefrorenen Standpunkt ein singuläres Objekt, sondern er ist selbst beteiligt am Leben der Dinge durch seine eigene Bewegung. Im Beziehungsgefüge zwischen ihm und den Objekten werden beide neu lebendig.

„Zeichnung ist die gefaltete Ebene im Licht“ - diese Kommentierung der eigenen Arbeit ist ganz wörtlich und zugleich dynamisch zu verstehen. Den gestauchten Aluminiumblechen sieht man den Akt der Stauchung als eine Spannungsaufladung an, und zugleich reagieren die so veränderten Flächen auf das Licht im Raum mit vielfältigen Lichtbrechungen, Lichtreflexen, Schattenphänomenen, die ihr Eigenleben komplizenhaft mit der Bewegung des Betrachters im Raum verbinden. Zudem entwickeln die Faltungen eine neue Dynamik, Stauchungen verschärfen oder mildern sich, machen uns darauf aufmerksam, dass Faltung in unserer Erfahrung sich ursprünglich als Moment einer dynamischen Distanzbeziehung im Erleben herausgebildet hat. ...


Ursula Panhans-Bühler