Barbara Mungenast
18 Mar - 25 Apr 2009
BARBARA MUNGENAST
Eröffnung 17. März 2009
Ausstellungsdauer 18. März 2009 - 25. April 2009
Es ist eine reduzierte, konzentrierte Farbskala von Lemongelb, Perlmutt/Weiss, Rosa, Schwarz und Silber auf die wir in den drei neuen Werkgruppen „Ohne Titel“ von Barbara Mungenast treffen. Ein entscheidender Akzent im Ausstellungsdisplay wird auf den präsenz-ästhetischen Austausch zwischen den dynamischen, raumgreifenden kunst-, architektur- und designgeschichtliche Bezüge reflektierenden Aluminiumskulpturen und den ovalen Formvariationen der Bildserie „o.T.“ gelegt. Ergänzt wird das Setting durch eine spiralenförmige Lichtskulptur am Galerie-Desk und einer Gegenüberstellung von Spiralenformationen auf kreisrunden „Shaped Canvas“ im Präsentationsraum der Galerie im Untergeschoss. Im Ausstellungs-Setting gelangen die Werke durch die Inszenierung von Blickachsen in einen geradezu szenischen Zusammenhang zur Architektur und werden durch die Präsentation der Skulpturen auf weißen und schwarzen Sockeln dramaturgisch in einem diskursiven Rahmen gespannt.
Die von Barbara Mungenast eigens entwickelte Methode den Malprozess nicht direkt auf der Leinwand, sondern auf über den Boden ausgebreiteten Plastikfolien auszuführen, findet sich auch in ihren neuen Bildserien wieder und befreit sie vom malerischen Figur/Grund Dilemma. Die Entstehung der Form aus der Fläche und die Beziehung zwischen Form und Grund - jene Prämissen aus welchen die abstrakte Malerei ihre Legitimation zog, werden so aufgebrochen. Die weißen rechteckigen oder kreisrunden Leinwände als Bildträger kommen erst danach ins Spiel, indem die in mehreren Schichten gemalten ovalen Formen oder durch Röhren aufgetragenen Spiralen als Negativformation darauf montiert werden. Die metonymische Funktion der Leinwand als Bildfläche erfährt infolgedessen ebenfalls eine Umkehrung.
Durch diese gleichzeitige Isolation des Farbauftrags oder des Pinselstriches von der Leinwand begibt sich Barbara Mungenast in einen Post-Essentialismus der Malerei. Anders als Maler der klassischen Moderne wie beispielsweise Mondrian versucht Barbara Mungenast nicht, den Gegensatz zwischen Form und Untergrund aufzuheben, sondern eignet sich gerade diese Dialektik als gestalterische, plastische Äquivalenz an. Ihre Strategie richtet sich nicht explizit gegen ein gestisches oder abstraktes Malereimodell, sondern gegen dessen Suggestivität, dass sich daraus die eigentliche Bedeutung ableitet. Die Künstlerin befindet sich nicht auf der Suche nach der „reinen“ Form, sondern erforscht in ihren aktuellen Serien radikal und aggressiv deren provokatorisches Gegenteil einer „Unform“ auf ihre ästhetischen Qualitäten.
Die monochromen schwarzen, perlmuttweißen oder rosa Oval-Variationen auf weißer Leinwand, zeigen einen Pop-Appeal, deren ovale Formen gleichzeitig als malerische Handlung rituelle Abwandlungen und Abweichungen durchlaufen. Hier wird der subjektive Farbauftrag offensiv gegen das minimalistische Diktum einer „Objektivierung des Malvorgangs“ wie Benjamin H.D. Buchloh es beschrieb, eingesetzt. Die Proportionen der Ovale und wie sie sich zur Leinwand verhalten, bilden die Rahmenhandlungen der relationalen Bezüge jedes Bildes, die es zu entgrenzen gilt. Genau in dieser Umkehrung der Verhältnisse von Bildträger und Form äußert sich das, was Jacques Derrida als Kontrastsignatur bezeichnete. Die ovale Form wird nicht zu einem programmatischen Icon oder zum Symbol einer strengen Symmetrie, sondern zeigt Parallelen zu einer exzentrischen
Abstraktion wie sie die amerikanische Kritikerin und Kuratorin Lucy R. Lippard postulierte. Radikal operiert Barbara Mungenast zwischen den Rändern und dem Zentrum formalistischer sowie antiformalistischer Spannungsprozesse. Manuell, wie intellektuell und konzeptuell werden im Prozess Programmatiken einer ästhetischen „correctness“ hinterfragt.
Die von Barbara Mungenast entwickelte haptische Qualität ihrer Malerei findet eine logische Fortsetzung in ihrer neu produzierten Skulpturenserie „Ohne Titel“. Die eiförmige Grundform, die ovalen Strukturen der Skulpturen bilden allerdings nicht die Konsistenz formaler Einscheidungsprozesse, sondern den Ausgangspunkt für eine Dynamisierung durch ellipsenartige Einschnitte. Die so erzeugten Linien durch den Raum verweisen auf Topologien, die darin enthaltenen visuellen, räumlichen, zeitlichen Schnitte entsprechen der Funktion von Einschnitten in unsere reale Erfahrung. Die Design-Utopien der Moderne, die sich in einem Vordringen in die Gestaltung von Lebenswelten äußerten, dringen hier unter umgekehrten Vorzeichen in den künstlerischen Gestaltungsprozess ein. Dynamische Kurven entstehen, deren Formkonstellationen uns einladen, den geometrischen und ästhetischen Schlüssel dieser auratischen Dekomposition zu entdecken. Die chromatischen Qualitäten der verwendeten industriellen Autolacke überziehen als kontinuierliche Oberflächen das Innere und Äußere der Aluminiumskulptur. Der skulpturale Topos gerät hier in Verbindung mit dem Malerischen wie wir es aus Werken von Lynda Benglis kennen. In ihrer Verwendung industrieller Materialien wie Autolacken zeigen die Werke von Barbara Mungenast Merkmale der mimalistischen Skulptur, allerdings werden sie nicht maschinell, sondern im künstlerischen Prozess handwerklich produziert. Außerdem entfernt sich Barbara Mungenast durch ihre radikal eingesetzten Irregularitäten wiederum von der minimalistischen, Juddschen oder jeder anderen Form eines angestrebten Produktionsperfektionismus um seiner Selbst willen und befindet sich hier näher an der analytischen methodischen Dynamik einer Bridget Riley. Skulptural verfährt Mungenast in der Umsetzung direkt, sogar brutal wie sich in den scharfen Kanten der Konturen zeigt und doch gleichzeitig zurückgenommen, singulär. So wie das Objekt durch unsere Wahrnehmung hindurchgeht, so nisten sich umgekehrt diese wiederum in das Objekt ein. Wir denken an Blinky Palermo, wenn wir sehen, wie Barbara Mungenast durch Verfahren der formalen Reduktion, die materielle Substanziellität der Farbe und Spuren des Gestischen an die Stelle des industriellen Looks minimalistischer Prototypen treten lässt. Daraus resultiert eine Anspannung und Direktheit, die unsere Wahrnehmung unmittelbar auf eine radikale Weise herausfordert und aktiviert.
Monochrome silberne oder weiße Farbspiralen auf kreisförmigen Leinwänden, deren haptische Oberflächestrukturen reliefartige Wirkung zeigen, befinden sich im Showroom der Galerie. Die gestische Malerei verläuft hier unter kontrollierten Bahnen durch den Einsatz von speziellen, röhrenförmigen Vorrichtungen des Farbauftrages, gerät zu einer Mischung zwischen manuellem und apparaturhaftem Auftrag. Dieser erfolgt ebenfalls nicht direkt auf der Leinwand, sondern auf Plastikfolien. Um Schlieren, Spritzer oder Tropfen zu vermeiden, benötigt die Farbe eine spezielle Konsistenz. In ihrer Übertragung als bildimmanente Orientierung wirft Barbara Mungenast die Frage auf, wie sich diese den all-over Techniken von Jackson Pollock anverwandten Drehungen, Verkehrungen und spiralenartiger Strudel auf den Betrachter auswirken. Die malerische Performance durch die Rotation lässt die Geste durch das Loslösen der spiralenartig rotierenden Acrylstränge zu einem Lassoschwingen werden. Auch in den Liniensträngen der Kreisbilder erzeugt Barbara Mungenast einen reziproken Gegenlauf, dessen hypnotische Wirkung den Blick einsaugt. In einer skulpturalen Immaterialität taucht die Spiralenformation als Lichtskulptur nochmals auf.
Ursula Maria Probst
Eröffnung 17. März 2009
Ausstellungsdauer 18. März 2009 - 25. April 2009
Es ist eine reduzierte, konzentrierte Farbskala von Lemongelb, Perlmutt/Weiss, Rosa, Schwarz und Silber auf die wir in den drei neuen Werkgruppen „Ohne Titel“ von Barbara Mungenast treffen. Ein entscheidender Akzent im Ausstellungsdisplay wird auf den präsenz-ästhetischen Austausch zwischen den dynamischen, raumgreifenden kunst-, architektur- und designgeschichtliche Bezüge reflektierenden Aluminiumskulpturen und den ovalen Formvariationen der Bildserie „o.T.“ gelegt. Ergänzt wird das Setting durch eine spiralenförmige Lichtskulptur am Galerie-Desk und einer Gegenüberstellung von Spiralenformationen auf kreisrunden „Shaped Canvas“ im Präsentationsraum der Galerie im Untergeschoss. Im Ausstellungs-Setting gelangen die Werke durch die Inszenierung von Blickachsen in einen geradezu szenischen Zusammenhang zur Architektur und werden durch die Präsentation der Skulpturen auf weißen und schwarzen Sockeln dramaturgisch in einem diskursiven Rahmen gespannt.
Die von Barbara Mungenast eigens entwickelte Methode den Malprozess nicht direkt auf der Leinwand, sondern auf über den Boden ausgebreiteten Plastikfolien auszuführen, findet sich auch in ihren neuen Bildserien wieder und befreit sie vom malerischen Figur/Grund Dilemma. Die Entstehung der Form aus der Fläche und die Beziehung zwischen Form und Grund - jene Prämissen aus welchen die abstrakte Malerei ihre Legitimation zog, werden so aufgebrochen. Die weißen rechteckigen oder kreisrunden Leinwände als Bildträger kommen erst danach ins Spiel, indem die in mehreren Schichten gemalten ovalen Formen oder durch Röhren aufgetragenen Spiralen als Negativformation darauf montiert werden. Die metonymische Funktion der Leinwand als Bildfläche erfährt infolgedessen ebenfalls eine Umkehrung.
Durch diese gleichzeitige Isolation des Farbauftrags oder des Pinselstriches von der Leinwand begibt sich Barbara Mungenast in einen Post-Essentialismus der Malerei. Anders als Maler der klassischen Moderne wie beispielsweise Mondrian versucht Barbara Mungenast nicht, den Gegensatz zwischen Form und Untergrund aufzuheben, sondern eignet sich gerade diese Dialektik als gestalterische, plastische Äquivalenz an. Ihre Strategie richtet sich nicht explizit gegen ein gestisches oder abstraktes Malereimodell, sondern gegen dessen Suggestivität, dass sich daraus die eigentliche Bedeutung ableitet. Die Künstlerin befindet sich nicht auf der Suche nach der „reinen“ Form, sondern erforscht in ihren aktuellen Serien radikal und aggressiv deren provokatorisches Gegenteil einer „Unform“ auf ihre ästhetischen Qualitäten.
Die monochromen schwarzen, perlmuttweißen oder rosa Oval-Variationen auf weißer Leinwand, zeigen einen Pop-Appeal, deren ovale Formen gleichzeitig als malerische Handlung rituelle Abwandlungen und Abweichungen durchlaufen. Hier wird der subjektive Farbauftrag offensiv gegen das minimalistische Diktum einer „Objektivierung des Malvorgangs“ wie Benjamin H.D. Buchloh es beschrieb, eingesetzt. Die Proportionen der Ovale und wie sie sich zur Leinwand verhalten, bilden die Rahmenhandlungen der relationalen Bezüge jedes Bildes, die es zu entgrenzen gilt. Genau in dieser Umkehrung der Verhältnisse von Bildträger und Form äußert sich das, was Jacques Derrida als Kontrastsignatur bezeichnete. Die ovale Form wird nicht zu einem programmatischen Icon oder zum Symbol einer strengen Symmetrie, sondern zeigt Parallelen zu einer exzentrischen
Abstraktion wie sie die amerikanische Kritikerin und Kuratorin Lucy R. Lippard postulierte. Radikal operiert Barbara Mungenast zwischen den Rändern und dem Zentrum formalistischer sowie antiformalistischer Spannungsprozesse. Manuell, wie intellektuell und konzeptuell werden im Prozess Programmatiken einer ästhetischen „correctness“ hinterfragt.
Die von Barbara Mungenast entwickelte haptische Qualität ihrer Malerei findet eine logische Fortsetzung in ihrer neu produzierten Skulpturenserie „Ohne Titel“. Die eiförmige Grundform, die ovalen Strukturen der Skulpturen bilden allerdings nicht die Konsistenz formaler Einscheidungsprozesse, sondern den Ausgangspunkt für eine Dynamisierung durch ellipsenartige Einschnitte. Die so erzeugten Linien durch den Raum verweisen auf Topologien, die darin enthaltenen visuellen, räumlichen, zeitlichen Schnitte entsprechen der Funktion von Einschnitten in unsere reale Erfahrung. Die Design-Utopien der Moderne, die sich in einem Vordringen in die Gestaltung von Lebenswelten äußerten, dringen hier unter umgekehrten Vorzeichen in den künstlerischen Gestaltungsprozess ein. Dynamische Kurven entstehen, deren Formkonstellationen uns einladen, den geometrischen und ästhetischen Schlüssel dieser auratischen Dekomposition zu entdecken. Die chromatischen Qualitäten der verwendeten industriellen Autolacke überziehen als kontinuierliche Oberflächen das Innere und Äußere der Aluminiumskulptur. Der skulpturale Topos gerät hier in Verbindung mit dem Malerischen wie wir es aus Werken von Lynda Benglis kennen. In ihrer Verwendung industrieller Materialien wie Autolacken zeigen die Werke von Barbara Mungenast Merkmale der mimalistischen Skulptur, allerdings werden sie nicht maschinell, sondern im künstlerischen Prozess handwerklich produziert. Außerdem entfernt sich Barbara Mungenast durch ihre radikal eingesetzten Irregularitäten wiederum von der minimalistischen, Juddschen oder jeder anderen Form eines angestrebten Produktionsperfektionismus um seiner Selbst willen und befindet sich hier näher an der analytischen methodischen Dynamik einer Bridget Riley. Skulptural verfährt Mungenast in der Umsetzung direkt, sogar brutal wie sich in den scharfen Kanten der Konturen zeigt und doch gleichzeitig zurückgenommen, singulär. So wie das Objekt durch unsere Wahrnehmung hindurchgeht, so nisten sich umgekehrt diese wiederum in das Objekt ein. Wir denken an Blinky Palermo, wenn wir sehen, wie Barbara Mungenast durch Verfahren der formalen Reduktion, die materielle Substanziellität der Farbe und Spuren des Gestischen an die Stelle des industriellen Looks minimalistischer Prototypen treten lässt. Daraus resultiert eine Anspannung und Direktheit, die unsere Wahrnehmung unmittelbar auf eine radikale Weise herausfordert und aktiviert.
Monochrome silberne oder weiße Farbspiralen auf kreisförmigen Leinwänden, deren haptische Oberflächestrukturen reliefartige Wirkung zeigen, befinden sich im Showroom der Galerie. Die gestische Malerei verläuft hier unter kontrollierten Bahnen durch den Einsatz von speziellen, röhrenförmigen Vorrichtungen des Farbauftrages, gerät zu einer Mischung zwischen manuellem und apparaturhaftem Auftrag. Dieser erfolgt ebenfalls nicht direkt auf der Leinwand, sondern auf Plastikfolien. Um Schlieren, Spritzer oder Tropfen zu vermeiden, benötigt die Farbe eine spezielle Konsistenz. In ihrer Übertragung als bildimmanente Orientierung wirft Barbara Mungenast die Frage auf, wie sich diese den all-over Techniken von Jackson Pollock anverwandten Drehungen, Verkehrungen und spiralenartiger Strudel auf den Betrachter auswirken. Die malerische Performance durch die Rotation lässt die Geste durch das Loslösen der spiralenartig rotierenden Acrylstränge zu einem Lassoschwingen werden. Auch in den Liniensträngen der Kreisbilder erzeugt Barbara Mungenast einen reziproken Gegenlauf, dessen hypnotische Wirkung den Blick einsaugt. In einer skulpturalen Immaterialität taucht die Spiralenformation als Lichtskulptur nochmals auf.
Ursula Maria Probst