Astrid S. Klein
11 Jul - 06 Sep 2015
Disparaitre dans la nature
to decamp, to desert, to evaporate
das Weite suchen, verduften
In einer ersten umfangreichen Einzelausstellung präsentiert der Heidelberger Kunstverein in der Reihe „Einzelausstellung: nicht alleine“ künstlerische Praxis von Astrid S. Klein und gibt einen Einblick in die Vielfalt und Bandbreite ihrer poetisch-kritischen Recherchen, Reflexionen und Aktionen der letzten zehn Jahre. Kleins transdisziplinäre künstlerische Praxis beinhaltet Film, Text, Sound, performative Intervention und öffentliche Veranstaltungen. Die Ausstellung macht die besondere und einzigartige dialogische Herangehensweise der Künstlerin in ihren Untersuchungen zum Verhältnis des globalen Südens und Nordens deutlich.
Der mehrsprachige Titel der Ausstellung bezeichnet unterschiedliche Formen des Abhauens, Verschwindens und Verwandelns. Ein Wunsch, eine Notwendigkeit, eine Handlung von Lebewesen, um zu überleben?
Sich in andere Räume begeben und verwandeln: Seit zehn Jahren initiiert Astrid S. Klein künstlerische Dialoge und untersucht in informativen und poetischen Recherchen das Verhältnis zwischen Nord und Süd – die miteinander verknüpfte, gewalttätige Geschichte und die sozialen Realitäten des Westens und der nichtwestlichen Welt.
Den Prozess ihrer eigenen „Creolization“ darin beschreibend – einer Identität im Fluss – befragt sie die Bedeutung ihrer westdeutschen, europäischen Herkunft im Hinblick auf fließende, zirkulierende Identitäten. Wesentlich und eigen für ihre künstlerische Praxis sind Formate des Dialogs. In ihnen erprobt sie mehrstimmige und mehrsprachige Produktionen von Wissen mit ihren Counterparts aus Europa, Subsahara-Afrika und seiner Diaspora zur komplexen gemeinsamen Geschichte und Gegenwart für mögliche gemeinschaftliche Handlungsformen.
Beschleunigte Transformation: Migration, wechselnde Herkünfte, Geschichten und Verortungen, die mit der radikalen Veränderung der sozialen und ökologischen Umwelt, der Kapitalisierung sowie der Digitalisierung aller Lebenswelten einhergehen, bewegen die Gesellschaft und Individuen in einer Welt auf der Flucht. Wie kann man darin als Künstlerin agieren?
In ihren Forschungsprojekten sucht Astrid S. Klein Kulturproduzent_innen an sowohl imaginären als auch realen Orten in der Welt auf und lädt sie ein, sich mit ihr in einen performativen Prozess der Verhandlung zu begeben. Die Situationen des Lernens, die Erfahrung der Deplatzierung und des Aufeinandertreffens, die damit verbundenen Überraschungen, Missverständnisse und Zufälle dienen der Künstlerin dazu, sich in der aktuellen Verwandlung der Welt zu orientieren und gleich einem Echolot über die gemeinsame Reflexion darin zu navigieren.
Im Heidelberger Kunstverein entfaltet Astrid S. Klein eine Erzählung, die sich aus fünf „Volumes“ und damit verbundenen Live-Formaten ihres „Quartier Flottant“ zusammensetzt. Jedes „Volume“ gibt einen Einblick in einen thematischen Komplex, in dem einzelne Arbeiten entstanden sind und aktuell verhandelt werden. Anhand von Videofilmen, Fotografien, Texten, performativen Handlungen und öffentlichen Veranstaltungen werden die verwobene Arbeitsweise der Künstlerin und ihr poetisch-kritischer Zugang deutlich.
In Volume 1, Briller et s'envoler – Glänzen, Aufsteigen und Davonfliegen gibt Klein einen Einblick in den Beginn ihrer künstlerischen Forschung 2005. Ihren „Auftritt“ als weiße Künstlerin in Paris und Kinshasa, RDC, untersucht sie kritisch und verbindet dies mit Recherchen zu Selbstinszenierung und Sichtbarkeit in postkolonialen Gesellschaften, wie sie in den urbanen Kulturen der kongolesischen SAPE und des ivorischen Coupé Décaler in abenteuerlicher Weise auftauchen.
In Volume 2, Violente Question kommt die Generation der Unabhängigkeitszeit Subsaharas durch die Stimmen Soulimane Coulibalys, aka Solo Soro, und Wêrewêre-Likings zu Wort. Gentrifikation in Paris – die ehemalige „ville mère“ der Kolonien – und die Präsenz und Vergangenheit kolonialer Ideologien in der europäischen Gesellschaft setzt die Künstlerin dazu in Beziehung.
Volume 3, We bow in empty LIBERTÉ ist eine Suche nach dem Ort des Imaginären in der von globalen Ökonomien und Arbeitslosigkeitgeprägten Gesellschaft. Anhand des Verschwindens des Kinos als öffentlicher Ort der Unabhängigkeitszeit stellt Klein die Frage: Wo und wie formuliert die junge urbane Generation in Subsahara - Afrika ihre Wünsche nach Veränderung?
Volume 4, Power of Plants untersucht die globale Zirkulation tropischer Nutzpflanzen – Rohstoffe die in Verbindung zur Kolonialisierung stehen. Die Cola acuminata, eine lebende Kolapflanze, wird in der Ausstellung zu Gast sein und die diasporischen tropischen Pflanzen europäischer botanischer Gärten vertreten. In Subsahara-Afrika spielen Kultur und die soziale, versöhnende Verwendung der Kolapflanze eine wichtige Rolle. Können diese, ohne exotisch oder ethnologisch interpretiert zu werden, neue transkontinentale Kommunikation inspirieren?
Volume X, Quartier Flottant bezeichnet eine Nachbarschaft, die nicht festgelegt ist und im Raum flottiert. Als Veranstaltungsformat lädt Astrid S. Klein darin Gäste zu Projekten und „entretiens“ – Unterhaltungen – ein. Die physischen Begegnungen werden dabei mit dem digitalem Raum verknüpft, wie z.B. auf der Onlineplattform www.crossing-boundaries-of-doubt.net
Astrid S. Klein (* 1964 in Stuttgart) ist als Künstlerin und kuratorische
Produzentin international tätig. Ihr Studio in Stuttgart dient ihr als Ausgangsbasis für ihre künstlerische Arbeit an realen und imaginären Orten im Globalen Süden und Norden. Ihre Praxis umfasst umfangreiche poetischkritische Forschungsprojekte in unterschiedlichen Formaten, zu denen sie andere kulturelle Produzentinnen und Produzenten einlädt. Als Künstlerin arbeitet sie transdisziplinär mit Film, Text, Sound, Installation, performativer Intervention, Recherche und Formaten öffentlicher Veranstaltungen.
Mit ›Quartier flottant‹ veranstaltet sie partizipative Projekte, Recherchen und Symposien, zu denen sie als Autorin und Künstlerkuratorin einlädt (z. B. ›Crossing Boundaries of Doubt‹, 1.Phase 2013 / 2014 Kamerun und Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Kunstverein; ›City Songs – Ebbs and Flows of the Urban Imaginary‹, Workshop und Film 2012 Duala, Kamerun, auf Einladung des Instituts für Auslandsbeziehungen im Rahmen von ›Prêt à partager‹). Klein erhielt zahlreiche Förderungen und Stipendien, u.a. der Stiftung Kunstfonds (2013 / 2014), der Aktion Afrika / Auswärtiges Amt (2011 / 2012 / 2013), des Goethe-Instituts Kamerun und Abidjan (2010, 2013), des Vereins Künstlerkontakte ifa (2010, 2013). Ihre Arbeiten werden international präsentiert. Astrid. S. Klein studierte Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, zudem absolvierte sie ein Aufbaustudium in Video / Installation und Performance als Meisterschülerin von Joan Jonas an der ABK Stuttgart.
to decamp, to desert, to evaporate
das Weite suchen, verduften
In einer ersten umfangreichen Einzelausstellung präsentiert der Heidelberger Kunstverein in der Reihe „Einzelausstellung: nicht alleine“ künstlerische Praxis von Astrid S. Klein und gibt einen Einblick in die Vielfalt und Bandbreite ihrer poetisch-kritischen Recherchen, Reflexionen und Aktionen der letzten zehn Jahre. Kleins transdisziplinäre künstlerische Praxis beinhaltet Film, Text, Sound, performative Intervention und öffentliche Veranstaltungen. Die Ausstellung macht die besondere und einzigartige dialogische Herangehensweise der Künstlerin in ihren Untersuchungen zum Verhältnis des globalen Südens und Nordens deutlich.
Der mehrsprachige Titel der Ausstellung bezeichnet unterschiedliche Formen des Abhauens, Verschwindens und Verwandelns. Ein Wunsch, eine Notwendigkeit, eine Handlung von Lebewesen, um zu überleben?
Sich in andere Räume begeben und verwandeln: Seit zehn Jahren initiiert Astrid S. Klein künstlerische Dialoge und untersucht in informativen und poetischen Recherchen das Verhältnis zwischen Nord und Süd – die miteinander verknüpfte, gewalttätige Geschichte und die sozialen Realitäten des Westens und der nichtwestlichen Welt.
Den Prozess ihrer eigenen „Creolization“ darin beschreibend – einer Identität im Fluss – befragt sie die Bedeutung ihrer westdeutschen, europäischen Herkunft im Hinblick auf fließende, zirkulierende Identitäten. Wesentlich und eigen für ihre künstlerische Praxis sind Formate des Dialogs. In ihnen erprobt sie mehrstimmige und mehrsprachige Produktionen von Wissen mit ihren Counterparts aus Europa, Subsahara-Afrika und seiner Diaspora zur komplexen gemeinsamen Geschichte und Gegenwart für mögliche gemeinschaftliche Handlungsformen.
Beschleunigte Transformation: Migration, wechselnde Herkünfte, Geschichten und Verortungen, die mit der radikalen Veränderung der sozialen und ökologischen Umwelt, der Kapitalisierung sowie der Digitalisierung aller Lebenswelten einhergehen, bewegen die Gesellschaft und Individuen in einer Welt auf der Flucht. Wie kann man darin als Künstlerin agieren?
In ihren Forschungsprojekten sucht Astrid S. Klein Kulturproduzent_innen an sowohl imaginären als auch realen Orten in der Welt auf und lädt sie ein, sich mit ihr in einen performativen Prozess der Verhandlung zu begeben. Die Situationen des Lernens, die Erfahrung der Deplatzierung und des Aufeinandertreffens, die damit verbundenen Überraschungen, Missverständnisse und Zufälle dienen der Künstlerin dazu, sich in der aktuellen Verwandlung der Welt zu orientieren und gleich einem Echolot über die gemeinsame Reflexion darin zu navigieren.
Im Heidelberger Kunstverein entfaltet Astrid S. Klein eine Erzählung, die sich aus fünf „Volumes“ und damit verbundenen Live-Formaten ihres „Quartier Flottant“ zusammensetzt. Jedes „Volume“ gibt einen Einblick in einen thematischen Komplex, in dem einzelne Arbeiten entstanden sind und aktuell verhandelt werden. Anhand von Videofilmen, Fotografien, Texten, performativen Handlungen und öffentlichen Veranstaltungen werden die verwobene Arbeitsweise der Künstlerin und ihr poetisch-kritischer Zugang deutlich.
In Volume 1, Briller et s'envoler – Glänzen, Aufsteigen und Davonfliegen gibt Klein einen Einblick in den Beginn ihrer künstlerischen Forschung 2005. Ihren „Auftritt“ als weiße Künstlerin in Paris und Kinshasa, RDC, untersucht sie kritisch und verbindet dies mit Recherchen zu Selbstinszenierung und Sichtbarkeit in postkolonialen Gesellschaften, wie sie in den urbanen Kulturen der kongolesischen SAPE und des ivorischen Coupé Décaler in abenteuerlicher Weise auftauchen.
In Volume 2, Violente Question kommt die Generation der Unabhängigkeitszeit Subsaharas durch die Stimmen Soulimane Coulibalys, aka Solo Soro, und Wêrewêre-Likings zu Wort. Gentrifikation in Paris – die ehemalige „ville mère“ der Kolonien – und die Präsenz und Vergangenheit kolonialer Ideologien in der europäischen Gesellschaft setzt die Künstlerin dazu in Beziehung.
Volume 3, We bow in empty LIBERTÉ ist eine Suche nach dem Ort des Imaginären in der von globalen Ökonomien und Arbeitslosigkeitgeprägten Gesellschaft. Anhand des Verschwindens des Kinos als öffentlicher Ort der Unabhängigkeitszeit stellt Klein die Frage: Wo und wie formuliert die junge urbane Generation in Subsahara - Afrika ihre Wünsche nach Veränderung?
Volume 4, Power of Plants untersucht die globale Zirkulation tropischer Nutzpflanzen – Rohstoffe die in Verbindung zur Kolonialisierung stehen. Die Cola acuminata, eine lebende Kolapflanze, wird in der Ausstellung zu Gast sein und die diasporischen tropischen Pflanzen europäischer botanischer Gärten vertreten. In Subsahara-Afrika spielen Kultur und die soziale, versöhnende Verwendung der Kolapflanze eine wichtige Rolle. Können diese, ohne exotisch oder ethnologisch interpretiert zu werden, neue transkontinentale Kommunikation inspirieren?
Volume X, Quartier Flottant bezeichnet eine Nachbarschaft, die nicht festgelegt ist und im Raum flottiert. Als Veranstaltungsformat lädt Astrid S. Klein darin Gäste zu Projekten und „entretiens“ – Unterhaltungen – ein. Die physischen Begegnungen werden dabei mit dem digitalem Raum verknüpft, wie z.B. auf der Onlineplattform www.crossing-boundaries-of-doubt.net
Astrid S. Klein (* 1964 in Stuttgart) ist als Künstlerin und kuratorische
Produzentin international tätig. Ihr Studio in Stuttgart dient ihr als Ausgangsbasis für ihre künstlerische Arbeit an realen und imaginären Orten im Globalen Süden und Norden. Ihre Praxis umfasst umfangreiche poetischkritische Forschungsprojekte in unterschiedlichen Formaten, zu denen sie andere kulturelle Produzentinnen und Produzenten einlädt. Als Künstlerin arbeitet sie transdisziplinär mit Film, Text, Sound, Installation, performativer Intervention, Recherche und Formaten öffentlicher Veranstaltungen.
Mit ›Quartier flottant‹ veranstaltet sie partizipative Projekte, Recherchen und Symposien, zu denen sie als Autorin und Künstlerkuratorin einlädt (z. B. ›Crossing Boundaries of Doubt‹, 1.Phase 2013 / 2014 Kamerun und Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Kunstverein; ›City Songs – Ebbs and Flows of the Urban Imaginary‹, Workshop und Film 2012 Duala, Kamerun, auf Einladung des Instituts für Auslandsbeziehungen im Rahmen von ›Prêt à partager‹). Klein erhielt zahlreiche Förderungen und Stipendien, u.a. der Stiftung Kunstfonds (2013 / 2014), der Aktion Afrika / Auswärtiges Amt (2011 / 2012 / 2013), des Goethe-Instituts Kamerun und Abidjan (2010, 2013), des Vereins Künstlerkontakte ifa (2010, 2013). Ihre Arbeiten werden international präsentiert. Astrid. S. Klein studierte Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, zudem absolvierte sie ein Aufbaustudium in Video / Installation und Performance als Meisterschülerin von Joan Jonas an der ABK Stuttgart.