Elke Krystufek
18 Dec 2009 - 07 Feb 2010
Acrylic on wall
Full roomsize
Photo: Shantala Fels
Courtesy: Elke Krystufek
Less Male Art
18 December 2009 – 07 February 2010
Wunschgemäß hat die kestnergesellschaft ihre ursprüngliche Presseerklärung der Künstlerin zur Ergänzung überlassen. Elke Krystufek versteht ihre Überarbeitung im Sinne eines KünstlerInnentextes.
Die kestnergesellschaft zeigt von Dezember 2009 bis Februar 2010 eine umfangreiche Einzelausstellung mit der österreichisch-deutschen Künstlerin Elke Krystufek.
Elke Krystufek, die auf der Venedig-Biennale zusammen mit Dorit Margreiter und Franziska und Lois Weinberger 2009 Österreich repräsentiert hat, steht in der Tradition feministischer Künstlerinnen wie Carolee Schneemann und VALIE EXPORT, aber auch in der Tradition von KünstlerInnen ohne spezifisch politisches Programm wie Picabia, Ernst Ludwig Kirchner, Francesca Woodman und Duncan Grant. Die Künstlerin arbeitet in verschiedenen künstlerischen Genres von Malerei über Mode bis hin zur Photographie. In ihrem seit den mittleren 80er Jahren beständig wachsenden Werk macht sich Krystufek auf die Suche nach der verlorenen Zeit.
In Elke Krystufeks Arbeiten gibt es keine Schwerpunkte. Statt Genderbefragung wird der romantische Aspekt des Feminismus hinterfragt. Inhaltliche Allianzen bildet die KünstlerIn mit lebenden und toten Vorbildern wie Bas Jan Ader, Jenny Holzer, Jack Smith, Tracey Emin und Katarzyna Kozyra.
Ein Schwerpunkt, falls es Schwerpunkte gäbe, in Elke Krystufeks jüngerer Kunstpraxis läge in der Hinterfragung jüngerer Männer. Tatsächlich gibt es aber nur Leichtpunkte in diesem Werk. Die Kunstproduktion der Künstlerin ist extrem oberflächlich und ähnlich wie bei Andy Warhol am schönen Schein der „Stars“ orientert. Star in einem Elke Krystufek Video kann jede/r sein, die/der nur einigermaßen an einer gewissen Anwesenheit vor einer Kamera interessiert ist. Für die Ausstellung »LESS MALE ART« hat sie sich allerdings nur am Rande mit der Kamera beschäftigt und dafür auf die Suche nach den Künstlerinnen, die bisher in der Kestnergesellschaft ausgestellt haben, gemacht. Viele waren es nicht. Rot scheinen ihre Namen in einem blauen Männermeer auf. Als die Wandmalerei schon relativ weit fortgeschritten ist, wundert sich die Künstlerin nicht mehr, warum es in einer so männerdominierten Institution schwierig ist, eine feministische Position laut hinauszuposaunen. Es verlangt schon viele weibliche Holzhämmer um allen 7 ausschließlich männlichen Vorstandsmitgliedern, dem aus 18 Männern und 1 Frau bestehenden Kuratorium, sowie dem männlichen Direktor und dem männlichen Kurator klarzumachen, was feministische Gegenwartskunst 2009/2010 ist. Mit der etwas weiblicher besetzten Presse ist es eine Spur einfacher.
Elke Krystufek folgt in ihrer neuen Videoarbeit einem unbekannten Ziel. Start der Reise ist die Insel Bora Bora, auf der Friedrich Wilhelm Murnau seinen letzten Film Tabu gedreht hat, die aber aufgrund des dort ausgebrochenen Denguefiebers nicht besucht wird. Da die Produktionszeit knapp ist, wird eine der Europa am nächsten gelegene Inseln der Südsee, die Inselgruppe Palau, die auch Max Pechstein 1914 besuchte, das Ersatzreiseziel. Aufgrund der riesigen Budgetlöcher in der kestnergesellschaft fällt der Videoschnitt aber dem Geldmangel zum Opfer. Aus Unabhängigkeitsbestrebungen- die Insel Palau wurde z.B. erst 1994 unabhängig- verzichtet die KünstlerIn auf Förderung des Videoprojekts durch ihre Partnergalerien und beginnt sich stattdessen mit den männlichen Machtverhaltenssymptomen innerhalb der kestnergesellschaft auseinanderzusetzen. Die Videoarbeit-ursprünglich „SÜDSEE NORDSEE- das Meer der Körperflüssigkeiten“, dann später einfach „Palau“ betitelt, wird nunmehr in „Palau 1-below the male belt „ umbenannt. Krystufek beginnt sich für die obskuren Vorgänge unterhalb der männlichen Gürtellinie zu interessieren, so da sind: Begehren, Frustration, Eindruck schinden, Verstecken. Männer werden von ihrer Sexualität gesteuert, nicht umgekehrt, meint sie. Dies versucht sie in Videosprache umzusetzen. Ob es ihr gelungen ist, werden nur Sie, liebes Publikum, beurteilen können.
Allerdings ist LESS MALE ART in erster Linie eine Malereiausstellung einer Malerin- zu 90% auf Basis von photographischen Abbildungen von Männern hergestellt. Wie aber diese Pinselstriche der Presse erklären?
Wie den Unterschied ausdifferenzieren zwischen den Tafelbildern der Künstlerin und der von den HausarbeiterInnen hergestellten Wandmalerei? Eine Malerei ist ein email ist ein Film. Oder vielleicht nur eine Liebeserklärung an die Zukunft.
Mit dieser Ausstellung führt die kestnergesellschaft ihr Interesse an auch etwas spezielleren feministischen KünstlerInnenpositionen fort. Seit Gründung wurde einigen wenigen namhaften Künstlerinnen wie etwa Louise Bourgeois, Cindy Sherman und Maria Lassnig mutige Einzelausstellungen gewidmet. Ob die kestnergesellschaft nach der Elke Krystufek Ausstellung etwas vorsichtiger mit feministischen Positionen umgehen wird, steht noch in den Sternen.