Kestner Gesellschaft

Nathalie Djurberg

03 Sep - 07 Nov 2010

Nathalie Djurberg, music by Hans Berg
Filmstill, Animation, video, 6:30 min.
Part of the installation 'Snakes knows it’s Yoga' (2010) consisting of 42 sculptures, two curtains and two films, mixed media
Dimensions variable, Prada Collection
Courtesy Nathalie Djurberg, Gio' Marconi, Milan, Zach Feuer Gallery, New York
© Nathalie Djurberg
NATHALIE DJURBERG
Musik Hans Berg Snakes Knows It‘S Yoga
03 September – 07 November 2010

Die schwedische Künstlerin Nathalie Djurberg (*1978) ist vor allem für ihre, nur im ersten Augenblick süßen und harmlosen Animationsfilme bekannt. Djurberg verhandelt in ihrer Kunst Themen wie Obsession, Macht, Lust, Begehren und Gewalt. Ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland zeigt ihre neueste Arbeit. Wie schon bei ihrem Beitrag für die 53. Venedig Biennale 2009, so geht Nathalie Djurberg auch mit Snakes knows it‘s Yoga (2010) in den Raum und lässt ihr Werk neben zwei Filmen aus einem plastischen Ensemble bestehen. Auf über 40 hölzernen Sockeln unter Plexiglashauben begegnen wir einer Vielzahl von Knetfiguren, eingetaucht in verschieden farbiges Licht und die meisterlich erfindungsreiche Musik von Hans Berg, die von einem der Filme herrührt.

Eine türkise Bühne, ein Frosch streckt seine Beine aus, eine nackte Frau hat ihren Blick nach oben gerichtet. Sie spielt an ihrer Scham, juckt sich mit dem Zeigefinger, riecht an ihm und streift ihn am Oberschenkel ab. Sie bemerkt das Tier zu ihren Füßen, fängt und leckt es ein erstes Mal noch am Boden. Hochgehoben, krabbelt der Frosch fortan über ihren Körper, zwischen ihren Pobacken, ihren Brüsten, beißt und leckt sie. Die Frau hingegen fällt zunehmend in einen ekstatischen Zustand, ist benommen, betäubt, das zeigt der Hintergrund. Er wird zunehmend dunkler, schließlich schwarz, bunte Ringe erscheinen. Heiterkeit und Befremden wechseln sich im Gesicht der Heldin ab, der Frosch wird größer, widerspenstiger, dann wieder kleiner. Er versucht zu entkommen, als die Frau schon versonnen am Boden liegt. Doch sie hält ihn fest, mit einem breiten Grinsen.

Ein dürrer nackter Mann, nur von aberwitzig langem schwarzem Haar umspielt, sitzt mit herangezogenen Beinen und geschlossenen Augen da. Von der herannahenden Schlange lässt er sich zunächst nicht ablenken. Fast schon zärtlich schlängelt sie sich um ihn. Er öffnet die Augen. Ein Fehler? Kaum blicken sich beide an, hypnotisiert die Schlange ihr Opfer. Willenlos vollführt sein Körper kühnste Posen, kehrt in den Schneidersitz zurück. Der Mann meditiert, wird abermals hypnotisiert, fällt zu Boden, erkennt seine lebensbedrohliche Situation. »You might as well be dead already« [Du könntest ebenso gut schon tot sein] und »Snakes knows it’s Yoga« [Schlangen wissen, dass es Yoga ist] erscheint geschrieben. Als die Schlange den Mann in Stücke reißt, ziert ein Lächeln sein Gesicht.

Das Geschehen beider Filme bildet eine inhaltliche Klammer für Snakes knows it‘s Yoga. Nichts anderes als eine Form der Erleuchtung, des Erreichens eines anderen Bewusstseinszustandes, des Rausches und der Ekstase bringen sie zum Ausdruck. Sei es durch Meditation und Yoga oder eine psychedelische Substanz. Bildlich genommen erscheint da Djurbergs Einsatz von farbigen Neonröhren, deren Licht umwerfend schön, ineinander übergehend, in verschiedensten Nuancen leuchtet. In formal starker Diskrepanz zu diesem erhabenen Moment stehen die Knetfiguren. Sie wirken roh und unwirsch, sprechen davon mit großer Hast gemacht zu sein. Auf perfekte, glatte Oberflächen wird kein Wert gelegt, ebenso wenig auf korrekte Schreibweisen der immer wieder auftauchenden Schriftzüge in den Filmen. Deshalb befindet sich auch ein grammatikalischer Fehler im Titel dieser Ausstellung. Nathalie Djurberg will, sei es im Medium des Films oder der Bildhauerei, einfach schnell ihre Geschichten erzählen.

Im Fall des Personals aus Asketen, Schamanen, Mystikern wie Derwischen und Fakiren, Yogis und heiligen Mönchen in Snakes knows it‘s Yoga ist es eine über die Reise zu innerem Frieden und Erkenntnis, die im Schmerz ihren Anfang nimmt. Die traditionelle Praxis des Yoga zielt auf eine Befreiung von allem Körperlichen und das Erlangen von Erleuchtung. Schmerz und Leid, die Angst vor dem Tod sind Konstanten im Schaffen von Nathalie Djurberg, die hier zu weit mehr Bildfindungen führen als den beschriebenen. Beide Themen, Erleuchtung wie Schmerz, erfahren eine ästhetische Umsetzung, die den Anklang von etwas Schmutzigem, Dreckigem birgt und das Dargestellte ins Groteske überführt. Es ist nicht zuletzt eine ins Exotistische gleitende Überzeichnung der einzelnen Figuren, die diese Arbeit, wie viele andere Djurbergs, mit schwarzem Humor versieht. Von Zeit zu Zeit vielleicht sogar mit einem etwas boshaften?

Seit 2004 arbeiten Hans Berg und Nathalie Djurberg zusammen in Berlin. Der schwedische Musiker und Produzent von Techno und Electronica ist Autodidakt und an keinen spezifischen Sound oder Stil gebunden. Im Gegenteil beeinflusst ein weites Spektrum alternativer Musik seine eigene, die er immer wieder live vor Publikum spielt. Mit Nathalie Djurberg hat er 2007 bei der Performa 07 in New York einen ihrer Filme live vertont. Hans Berg gibt auch in der kestnergesellschaft ein Konzert.

Djurberg und Berg hatten Einzelausstellungen im Hammer Museum, Los Angeles; der Prada Foundation, Mailand (2008); der Kunsthalle Wien (2007) und im Centre Pompidou, Paris (2009). Ihre Werke sind u.a. Teil der Sammlungen des Solomon R. Guggenheim Museum in New York, des Moderna Museet in Stockholm sowie des Sprengel Museum Hannover. 2009 hat Nathalie Djurberg den Silbernen Löwen der 53. Venedig Biennale gewonnen.

Die Ausstellung Snakes knows it‘s Yoga ist im Sommer 2011 im Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam zu sehen, im Anschluss wandert sie ins Kunstforeningen GL STRAND in Kopenhagen. Ein gemeinsam herausgegebener Katalog in englischer und deutscher Sprache erscheint im Oktober und wartet mit vielen Fotografien der Installation von Nathalie Djurberg und Hans Berg auf.

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Schwedischen Botschaft. Sie wird unterstützt vom Förderkreis der kestnergesellschaft sowie von KUNSTKOMM, dem jungen Förderkreis der kestnergesellschaft.

Die schwedische Künstlerin Nathalie Djurberg (*1978) ist vor allem für ihre, nur im ersten Augenblick süßen und harmlosen Animationsfilme bekannt. Djurberg verhandelt in ihrer Kunst Themen wie Obsession, Macht, Lust, Begehren und Gewalt. Ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland zeigt ihre neueste Arbeit. Wie schon bei ihrem Beitrag für die 53. Venedig Biennale 2009, so geht Nathalie Djurberg auch mit Snakes knows it‘s Yoga (2010) in den Raum und lässt ihr Werk neben zwei Filmen aus einem plastischen Ensemble bestehen. Auf über 40 hölzernen Sockeln unter Plexiglashauben begegnen wir einer Vielzahl von Knetfiguren, eingetaucht in verschieden farbiges Licht und die meisterlich erfindungsreiche Musik von Hans Berg, die von einem der Filme herrührt.

Eine türkise Bühne, ein Frosch streckt seine Beine aus, eine nackte Frau hat ihren Blick nach oben gerichtet. Sie spielt an ihrer Scham, juckt sich mit dem Zeigefinger, riecht an ihm und streift ihn am Oberschenkel ab. Sie bemerkt das Tier zu ihren Füßen, fängt und leckt es ein erstes Mal noch am Boden. Hochgehoben, krabbelt der Frosch fortan über ihren Körper, zwischen ihren Pobacken, ihren Brüsten, beißt und leckt sie. Die Frau hingegen fällt zunehmend in einen ekstatischen Zustand, ist benommen, betäubt, das zeigt der Hintergrund. Er wird zunehmend dunkler, schließlich schwarz, bunte Ringe erscheinen. Heiterkeit und Befremden wechseln sich im Gesicht der Heldin ab, der Frosch wird größer, widerspenstiger, dann wieder kleiner. Er versucht zu entkommen, als die Frau schon versonnen am Boden liegt. Doch sie hält ihn fest, mit einem breiten Grinsen.

Ein dürrer nackter Mann, nur von aberwitzig langem schwarzem Haar umspielt, sitzt mit herangezogenen Beinen und geschlossenen Augen da. Von der herannahenden Schlange lässt er sich zunächst nicht ablenken. Fast schon zärtlich schlängelt sie sich um ihn. Er öffnet die Augen. Ein Fehler? Kaum blicken sich beide an, hypnotisiert die Schlange ihr Opfer. Willenlos vollführt sein Körper kühnste Posen, kehrt in den Schneidersitz zurück. Der Mann meditiert, wird abermals hypnotisiert, fällt zu Boden, erkennt seine lebensbedrohliche Situation. »You might as well be dead already« [Du könntest ebenso gut schon tot sein] und »Snakes knows it’s Yoga« [Schlangen wissen, dass es Yoga ist] erscheint geschrieben. Als die Schlange den Mann in Stücke reißt, ziert ein Lächeln sein Gesicht.

Das Geschehen beider Filme bildet eine inhaltliche Klammer für Snakes knows it‘s Yoga. Nichts anderes als eine Form der Erleuchtung, des Erreichens eines anderen Bewusstseinszustandes, des Rausches und der Ekstase bringen sie zum Ausdruck. Sei es durch Meditation und Yoga oder eine psychedelische Substanz. Bildlich genommen erscheint da Djurbergs Einsatz von farbigen Neonröhren, deren Licht umwerfend schön, ineinander übergehend, in verschiedensten Nuancen leuchtet. In formal starker Diskrepanz zu diesem erhabenen Moment stehen die Knetfiguren. Sie wirken roh und unwirsch, sprechen davon mit großer Hast gemacht zu sein. Auf perfekte, glatte Oberflächen wird kein Wert gelegt, ebenso wenig auf korrekte Schreibweisen der immer wieder auftauchenden Schriftzüge in den Filmen. Deshalb befindet sich auch ein grammatikalischer Fehler im Titel dieser Ausstellung. Nathalie Djurberg will, sei es im Medium des Films oder der Bildhauerei, einfach schnell ihre Geschichten erzählen.

Im Fall des Personals aus Asketen, Schamanen, Mystikern wie Derwischen und Fakiren, Yogis und heiligen Mönchen in Snakes knows it‘s Yoga ist es eine über die Reise zu innerem Frieden und Erkenntnis, die im Schmerz ihren Anfang nimmt. Die traditionelle Praxis des Yoga zielt auf eine Befreiung von allem Körperlichen und das Erlangen von Erleuchtung. Schmerz und Leid, die Angst vor dem Tod sind Konstanten im Schaffen von Nathalie Djurberg, die hier zu weit mehr Bildfindungen führen als den beschriebenen. Beide Themen, Erleuchtung wie Schmerz, erfahren eine ästhetische Umsetzung, die den Anklang von etwas Schmutzigem, Dreckigem birgt und das Dargestellte ins Groteske überführt. Es ist nicht zuletzt eine ins Exotistische gleitende Überzeichnung der einzelnen Figuren, die diese Arbeit, wie viele andere Djurbergs, mit schwarzem Humor versieht. Von Zeit zu Zeit vielleicht sogar mit einem etwas boshaften?

Seit 2004 arbeiten Hans Berg und Nathalie Djurberg zusammen in Berlin. Der schwedische Musiker und Produzent von Techno und Electronica ist Autodidakt und an keinen spezifischen Sound oder Stil gebunden. Im Gegenteil beeinflusst ein weites Spektrum alternativer Musik seine eigene, die er immer wieder live vor Publikum spielt. Mit Nathalie Djurberg hat er 2007 bei der Performa 07 in New York einen ihrer Filme live vertont. Hans Berg gibt auch in der kestnergesellschaft ein Konzert.

Djurberg und Berg hatten Einzelausstellungen im Hammer Museum, Los Angeles; der Prada Foundation, Mailand (2008); der Kunsthalle Wien (2007) und im Centre Pompidou, Paris (2009). Ihre Werke sind u.a. Teil der Sammlungen des Solomon R. Guggenheim Museum in New York, des Moderna Museet in Stockholm sowie des Sprengel Museum Hannover. 2009 hat Nathalie Djurberg den Silbernen Löwen der 53. Venedig Biennale gewonnen.

Die Ausstellung Snakes knows it‘s Yoga ist im Sommer 2011 im Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam zu sehen, im Anschluss wandert sie ins Kunstforeningen GL STRAND in Kopenhagen. Ein gemeinsam herausgegebener Katalog in englischer und deutscher Sprache erscheint im Oktober und wartet mit vielen Fotografien der Installation von Nathalie Djurberg und Hans Berg auf.

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Schwedischen Botschaft. Sie wird unterstützt vom Förderkreis der kestnergesellschaft sowie von KUNSTKOMM, dem jungen Förderkreis der kestnergesellschaft.
 

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