Dani Gal
01 Feb - 22 Mar 2014
© Dani Gal
As from afar, 2013
HD Film, colour, PAL, 4:3, sound, 26 min loop
courtesy the artist & Freymond Guth Fine Arts
As from afar, 2013
HD Film, colour, PAL, 4:3, sound, 26 min loop
courtesy the artist & Freymond Guth Fine Arts
DANI GAL
wie aus der Ferne
1 February - 22 March 2014
Der in Berlin lebende israelische Künstler Dani Gal (1975) zeigt im Kunstraum Innsbruck seine erste Einzelausstellung in Österreich. Zentrales Werk der Ausstellung ist der 2013 entstandene Film „Wie aus der Ferne“, der als Ko-Produktion zwischen dem Jewish Museum in New York (Hauptsponsor, Präsentation September 2014), der Kunsthalle St. Gallen, der Galerie Freymond-Guth Fine Arts, dem Medienboard Berlin Brandenburg, dem Ostrovsky Family Fund, der Artis Contemporary und dem Kunstraum Innsbruck entstanden ist. Weiters läuft der Film auf der Berlinale Berlin im Februar 2014. Der Film basiert auf dem realen Briefwechsel zwischen Simon Wiesenthal und Albert Speer. Mit einer namhaft besetzten Schauspielerliste wurde der Film 2013 in Berlin, den Bavaria Filmstudios München und im Haus Ludwig Wittgenstein in Wien gedreht. In der Rolle von Simon Wiesenthal spielt der deutsche Schauspieler Charles Brauer.
Den Part von Albert Speer mimt der in Ingolstadt und Salzburg lebende Schauspieler Pavel Fieber. In der Rolle des Herrn Kuck ist der in Wien lebende israelische Schauspieler Gideon Singer zu sehen, der Ehrenmitglied des Ensembles des Theaters in der Josefstadt in Wien ist. Dani Gal beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit den Leerstellen der Geschichte. Im Zentrum des Films steht eine szenische Wiedergabe des Briefwechsels zwischen Albert Speer und Simon Wiesenthal. Dieser fand über einen Zeitraum von 10 Jahren in den 1970er Jahren statt. In Zusammenarbeit mit dem Simon Wiesenthal Archiv in Wien konnte der Künstler diese Briefe einsehen und zu einem Filmskript zusammenfassen. Diesem Dialog stellt Dani Gal einen Text von Ludwig Wittgenstein gegenüber, der im philosophischen Sinne das Zusammenspiel von individuellen Gedächtnisbildern und der Konstruktion von Vergangenheit untersucht. So fragt Wittgenstein: „Was ist der Unterschied zwischen einem Erinnerungsbild, einem Vorstellungsbild, das sich mit Erwartungen einstellt und, sagen wir, dem Vorstellungsbild in einem Wachtraum?“ In wieweit, so fragt er, lässt sich „ein Vorstellungsbild als ein Erinnerungsbild damit erkennen?“ Der Titel des Films bezieht sich in diesem Sinne auch auf das den Davidbündler Tänzen entnommene Stück „Wie aus der Ferne“ von Robert Schumann. Wittgenstein vergleicht das Hören des Stücks mit seinem Empfinden von Vergangenheit und stellt die Frage, ob man dieses Erleben von Vergangenheit mit der Erfahrung die Melodie zu hören grundsätzlich trennen kann? Hiermit wird die Wahrnehmung von Vergangenheit zu einem intimen Erfahrungsraum zwischen Selbstbetrachtung und Außenwahrnehmung. Dies ist für Dani Gal ein wesentlicher Schlüssel im Film: den in Dialogen gefassten Briefwechsel beider Protagonisten und deren unterschiedlichen Biografien aus sich heraus und ohne Wertung nach vollziehbar zu machen. Simon Wiesenthal ist ein Überlebender des Holocaust, der sein Leben der Suche nach Naziverbrechern widmete; Albert Speer war Hitlers Architekt und Vertrauter, der nach seiner Verurteilung zu 20 Jahren Haft Reue zeigte und Verantwortung für die Verbrechen der Nationalsozialisten zu übernehmen bereit war.
Gals dokumentarischer Ansatz und seine poetische Narration beleuchten die Leerstelle zwischen Realität und Darstellung, zwischen Erinnerung und Erfindung, indem sie die Geschichte als offenen Prozess der subjektiven Interpretation entlarven. Der halbstündige Film ist eine leise Aufarbeitung eines Nebenschauplatzes der Nachkriegszeit. Im Stile einer historischen Rekonstruktion setzt Gal eine mögliche Begegnung zwischen Wiesenthal und Speer um. Dass sie sich einige Male im Wien der 1970er Jahre trafen, ist durch ihren Briefwechsel belegt. Um die Spannung zwischen fiktiver Rekonstruktion und Realität zu verdeutlichen, wird das Architekturmodell, das im Film eine Hauptrolle spielt, im Ausstellungsraum präsentiert und inszeniert.
Die Wahrnehmung historischer Zusammenhänge und das daraus entstehende komplexe Beziehungssystem zwischen biografischen Zitat und dem realen Erleben wird in der Ausstellung durch die Soundinstallation „Aus: Gespräche V. John Cage/Morton Feldman, Radio Happenings I-V“ ergänzt. Die Tonspur gibt einen Ausschnitt eines Radiobeitrags von John Cage und Morton Feldman über den Komponisten und Vorreiter der Neuen Musik Edgar Varèse wider. Zu hören sind die Sätze: „Everyone I mentioned that thought to is also struck, because those other ways of explaining Varèse ... (tape is damaged at this point; sound out of fifteen seconds). Do you suppose he didn’t know what he was doing, or knew what he was doing and didn’t want anyone to know?“ von John Cage. Das Tondokument bricht in diesem Moment für 15 Sekunden ab. Mit der Zufälligkeit des Aktes und dem Verlust der vollständigen historischen Quelle, wird indirekt der Gedankengang beider Musiker über Edgar Varése zu einer komplexen Konstruktion von Geschichte, welche die Frage zwischen bewusstem Handeln und der Überschneidung unterschiedlicher Wahrnehmungs- und Bedeutungsebenen offen lässt.
Biografische Angaben: Dani Gal (*1975, Jerusalem, IL), lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste Städelschule in Frankfurt/Main (2000-2005) und an der Cooper Union for the Advancement of Science and Art in New York City (2005). Einzelausstellungen fanden u.a. in folgenden Institutionen und Galerien statt: Jewish Museum, Tel Aviv Museum, Israel (2014); Kunsthalle St. Gallen, Turku Art Museum, FIN (2013); Freymond-Guth Fine Arts, Zürich; Galerie Kadel Willborn, Düsseldorf (2012). Weiter war er an zahlreichen Gruppenausstellungen beteiligt, darunter: 12. Istanbul Biennale, TR; 54. Biennale di Venezia, IT; (2011); Berlin Biennale (2014), Performa 13, New York (2013); New Museum, New York; Wattis Institute for Contemporary Arts, San Francisco; Kunsthaus Baselland, CH; MACRO Museum, Rom, IT (2012).
wie aus der Ferne
1 February - 22 March 2014
Der in Berlin lebende israelische Künstler Dani Gal (1975) zeigt im Kunstraum Innsbruck seine erste Einzelausstellung in Österreich. Zentrales Werk der Ausstellung ist der 2013 entstandene Film „Wie aus der Ferne“, der als Ko-Produktion zwischen dem Jewish Museum in New York (Hauptsponsor, Präsentation September 2014), der Kunsthalle St. Gallen, der Galerie Freymond-Guth Fine Arts, dem Medienboard Berlin Brandenburg, dem Ostrovsky Family Fund, der Artis Contemporary und dem Kunstraum Innsbruck entstanden ist. Weiters läuft der Film auf der Berlinale Berlin im Februar 2014. Der Film basiert auf dem realen Briefwechsel zwischen Simon Wiesenthal und Albert Speer. Mit einer namhaft besetzten Schauspielerliste wurde der Film 2013 in Berlin, den Bavaria Filmstudios München und im Haus Ludwig Wittgenstein in Wien gedreht. In der Rolle von Simon Wiesenthal spielt der deutsche Schauspieler Charles Brauer.
Den Part von Albert Speer mimt der in Ingolstadt und Salzburg lebende Schauspieler Pavel Fieber. In der Rolle des Herrn Kuck ist der in Wien lebende israelische Schauspieler Gideon Singer zu sehen, der Ehrenmitglied des Ensembles des Theaters in der Josefstadt in Wien ist. Dani Gal beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit den Leerstellen der Geschichte. Im Zentrum des Films steht eine szenische Wiedergabe des Briefwechsels zwischen Albert Speer und Simon Wiesenthal. Dieser fand über einen Zeitraum von 10 Jahren in den 1970er Jahren statt. In Zusammenarbeit mit dem Simon Wiesenthal Archiv in Wien konnte der Künstler diese Briefe einsehen und zu einem Filmskript zusammenfassen. Diesem Dialog stellt Dani Gal einen Text von Ludwig Wittgenstein gegenüber, der im philosophischen Sinne das Zusammenspiel von individuellen Gedächtnisbildern und der Konstruktion von Vergangenheit untersucht. So fragt Wittgenstein: „Was ist der Unterschied zwischen einem Erinnerungsbild, einem Vorstellungsbild, das sich mit Erwartungen einstellt und, sagen wir, dem Vorstellungsbild in einem Wachtraum?“ In wieweit, so fragt er, lässt sich „ein Vorstellungsbild als ein Erinnerungsbild damit erkennen?“ Der Titel des Films bezieht sich in diesem Sinne auch auf das den Davidbündler Tänzen entnommene Stück „Wie aus der Ferne“ von Robert Schumann. Wittgenstein vergleicht das Hören des Stücks mit seinem Empfinden von Vergangenheit und stellt die Frage, ob man dieses Erleben von Vergangenheit mit der Erfahrung die Melodie zu hören grundsätzlich trennen kann? Hiermit wird die Wahrnehmung von Vergangenheit zu einem intimen Erfahrungsraum zwischen Selbstbetrachtung und Außenwahrnehmung. Dies ist für Dani Gal ein wesentlicher Schlüssel im Film: den in Dialogen gefassten Briefwechsel beider Protagonisten und deren unterschiedlichen Biografien aus sich heraus und ohne Wertung nach vollziehbar zu machen. Simon Wiesenthal ist ein Überlebender des Holocaust, der sein Leben der Suche nach Naziverbrechern widmete; Albert Speer war Hitlers Architekt und Vertrauter, der nach seiner Verurteilung zu 20 Jahren Haft Reue zeigte und Verantwortung für die Verbrechen der Nationalsozialisten zu übernehmen bereit war.
Gals dokumentarischer Ansatz und seine poetische Narration beleuchten die Leerstelle zwischen Realität und Darstellung, zwischen Erinnerung und Erfindung, indem sie die Geschichte als offenen Prozess der subjektiven Interpretation entlarven. Der halbstündige Film ist eine leise Aufarbeitung eines Nebenschauplatzes der Nachkriegszeit. Im Stile einer historischen Rekonstruktion setzt Gal eine mögliche Begegnung zwischen Wiesenthal und Speer um. Dass sie sich einige Male im Wien der 1970er Jahre trafen, ist durch ihren Briefwechsel belegt. Um die Spannung zwischen fiktiver Rekonstruktion und Realität zu verdeutlichen, wird das Architekturmodell, das im Film eine Hauptrolle spielt, im Ausstellungsraum präsentiert und inszeniert.
Die Wahrnehmung historischer Zusammenhänge und das daraus entstehende komplexe Beziehungssystem zwischen biografischen Zitat und dem realen Erleben wird in der Ausstellung durch die Soundinstallation „Aus: Gespräche V. John Cage/Morton Feldman, Radio Happenings I-V“ ergänzt. Die Tonspur gibt einen Ausschnitt eines Radiobeitrags von John Cage und Morton Feldman über den Komponisten und Vorreiter der Neuen Musik Edgar Varèse wider. Zu hören sind die Sätze: „Everyone I mentioned that thought to is also struck, because those other ways of explaining Varèse ... (tape is damaged at this point; sound out of fifteen seconds). Do you suppose he didn’t know what he was doing, or knew what he was doing and didn’t want anyone to know?“ von John Cage. Das Tondokument bricht in diesem Moment für 15 Sekunden ab. Mit der Zufälligkeit des Aktes und dem Verlust der vollständigen historischen Quelle, wird indirekt der Gedankengang beider Musiker über Edgar Varése zu einer komplexen Konstruktion von Geschichte, welche die Frage zwischen bewusstem Handeln und der Überschneidung unterschiedlicher Wahrnehmungs- und Bedeutungsebenen offen lässt.
Biografische Angaben: Dani Gal (*1975, Jerusalem, IL), lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste Städelschule in Frankfurt/Main (2000-2005) und an der Cooper Union for the Advancement of Science and Art in New York City (2005). Einzelausstellungen fanden u.a. in folgenden Institutionen und Galerien statt: Jewish Museum, Tel Aviv Museum, Israel (2014); Kunsthalle St. Gallen, Turku Art Museum, FIN (2013); Freymond-Guth Fine Arts, Zürich; Galerie Kadel Willborn, Düsseldorf (2012). Weiter war er an zahlreichen Gruppenausstellungen beteiligt, darunter: 12. Istanbul Biennale, TR; 54. Biennale di Venezia, IT; (2011); Berlin Biennale (2014), Performa 13, New York (2013); New Museum, New York; Wattis Institute for Contemporary Arts, San Francisco; Kunsthaus Baselland, CH; MACRO Museum, Rom, IT (2012).