Linn Lühn

Christoph Schellberg

31 May - 21 Jul 2007

© Christoph Schellberg
Rudolfplatz, 2007
Buntstift, Acrylfarbe und Collage auf Papier
140 x 100 cm / 55.1 x 39.4 inches
CHRISTOPH SCHELLBERG

Augen sind ein wichtiges Sinnesorgan, denn sie nehmen Lichtreize auf und vermitteln dadurch Informationen über die Umwelt. Nach antiker Vorstellung sind Augen aber nicht nur empfangendes Organ, sondern senden ihrerseits aktiv Strahlen aus. In den großformatigen Portraits, die Christoph Schellberg seit 2002 geschaffen hat, scheinen die Augen eher dieser antiken Funktionsweise zu entsprechen. Hier ist der Blick das zentrale Moment, er hält den Betrachter gefangen. Für die aktuelle Ausstellung hat der Künstler die Augen aus dem Kontext dieser Portraits herausgelöst, zeichnerisch umgesetzt und in einem Künstlerbuch zusammengestellt.
Jedes Augenpaar ist auf ein vorbehandeltes Blatt kopiert und dann vom Künstler noch einmal mit Buntstift und Gouache bearbeitet worden. Man kann das Buch durchblättern und dabei die Augen einzeln betrachten, man kann aber auch jedes der 7 Augenpaare für sich wirken lassen oder sie in verschiedenen Gruppierungen kombinieren.

Ein Betrachter, der auf diese Weise blättert, auseinander nimmt und wieder neu zusammenlegt, wiederholt die Arbeitsweise des Künstlers. Einzelne Motive wie Schädel oder Augen „dekliniert“ Schellberg, indem er sie immer wieder aufgreift, verändert und in neue Zusammenhänge stellt. So bilden die Augen des Künstlerbuches wiederum den Ausgangspunkt für die Collagen. Dazu schneidet er Fragmente aus den Blättern heraus und arrangiert sie wie Module zu neuen Formationen. Auf diese Weise entstehen vielschichtige Kreisformen oder Grundrisse von an Renaissance - Architektur anknüpfenden Zentralbauten.

Christoph Schellberg kombiniert aber nicht nur einzelne Motive, auch grundlegende Probleme der räumlichen Darstellung werden in unterschiedlichen Medien durchdacht. Bei den Collagen geht es darum, Elemente innerhalb einer Fläche in Beziehung zueinander zu setzen und dieses Thema greifen auch die Zeichnungen auf. Mit Kreissegmenten spielt der Künstler zunächst verschiedene Möglichkeiten der Flächengliederung durch, dann aber eröffnet er mit einem kleinen Eingriff eine weitere Dimension des Raumes: kleine schwarze Dreiecke scheinen sich in den Raum zu bohren und erweitern so die Ebene in die Dreidimensionalität.
Einen ähnlichen Eingriff kann man auch im Buch sehen. Aus jedem Blatt mit einem Augenpaar wurde eine geometrische Form herausgeschnitten, und die übereinander liegenden Seiten erlauben so einen verschachtelten Blick in die Tiefe.

Mit dem Raum setzen sich auch die zwei Paravents in der Ausstellung auseinander.
Einerseits kann man sie als Bilder sehen, denn ihre Flächen dienen als Träger für Zeichnungen, andererseits haben sie sich von der Wand gelöst und treten dem Besucher wie eine Skulptur im realen Raum entgegen. Ihre Aufgabe ist es, einen kleinen Bereich von der Umgebung abzugrenzen und vor den Blicken der Außenstehenden abzuschirmen. Die Vorderseiten sind daher abwehrend gestaltet: große Augen taxieren den sich nähernden Besucher und der Schimpfparavent zeigt deutlich, was er von dem Eindringling hält. Auf der Innenseite aber bieten die Paravents eine Art Schutzraum: Die Augen sind nun geschlossen, die Schimpfwörter haben sich aufgelöst und einer intimen Ansprache Platz gemacht. Hier nun kann der Betrachter zur Ruhe kommen und sich den wirklich wichtigen Dingen des Lebens widmen: "dance, drink and think".
 

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