artmap.com
 
MARCUS STEINWEG
 

ATMEN (2008)

Breathless (1959) Dir: Jean Luc Godard
À bout de souffle / Ausser Atem ist zunächst der Titel des Films von Godard. Darüberhinaus verbinden sich in dieser Wendung mindestens diese beiden Momente: Subjektivität und Flucht. Zum Subjekt gehört, dass es atmet. Zu ihm gehört genau genommen Atemlosigkeit. Es atmet nicht nur, um sich zu erhalten, um zu leben. Wie die Flucht im starken Sinn des Wortes, den Deleuze reaktiviert hat, nur Flucht nach vorne sein kann, bedeutet zu atmen, sich atemlos auf eine Zukunft zu öffnen, die unbestimmt bleibt, reine Kontingenz. Das Subjekt ist ausser Atem, da es sich mit dem Inkommensurablen einlässt, das nur blind bejaht werden kann, da es die Grenze des Wissbaren markiert. Atmen bedeutet bereits ausser Atem zu sein: geöffnet auf das Unbestimmte, das das Leben ist. Man lebt nicht, wenn man schlicht atmet. Das Leben – das Subjektleben – beginnt mit der Beschleunigung des Atmens über die vegetativen Imperative hinaus. Ausser Atem gibt sich das Subjekt seine Zukunft, indem es sie als Überraschung empfängt.

© 2008: Marcus Steinweg