WARUM BEHAUPTUNGSPHILOSOPHIE?
1. weil ich die PHILOSOPHISCHE BEHAUPTUNG von der BLOßEN BEHAUPTUNG (MEINUNG) unterscheiden und PHILOSOPHIE ALS BEHAUPTUNGSPHILOSOPHIE verteidigen will: als LEBENSFORM.2. es geht um ein denken, das sich auf seine UNMÖGLICHKEIT verlängert und diese verlängerung, die eine DISKONTINUITÄT, einen BRUCH mit seinen regeln und seiner methode und seinem vermögen - einen riß oder sprung seiner REALITÄT - bedeutet, als NOTWENDIGKEIT bejaht.
3. ein immer ZU SCHNELLES DENKEN also, das sich beschleunigt und überhastet. ein denken, das nur denkt, indem es vom weg abkommt.
4. ein denken als SPRUNG. es gibt, sagt J.-L. NANCY einmal, in "der Methode des Denkens, im Denken als Methode [...] nichts Wichtigeres als den Sprung." Der SPRUNG "ist der Bezug auf das Inkommensurable. Man springt, wenn es kein gemeinsames Maß gibt. Man springt, weil man in Bezug zu demjenigen ist, mit dem es keinen Bezug gibt." das SPRINGENDE DENKEN hält sich in der Spannung dieser BEZOGENHEIT AUF DAS UNBEZÜGLICHE. es springt, d.h. es erfährt sich gleichermassen als NOTWENDIGKEIT und APORIE.
5. ein denken des undenkbaren, aber ein denken. der AUGENBLICK DER PHILOSOPHIE läßt sich unmöglich von dieser erfahrung einer WESENTLICHEN EINSAMKEIT lösen, die das denken von der verbindlichkeit der geteilten maßstäbe befreit, um es dem INKOMMENSURABLEN, der UNMÖGLICHKEIT und WAHRHEIT zu öffnen, die seine realität, statt zu bestätigen, erschüttert, korrumpiert.
6. philosophie ist erfahrung dieser ÖFFNUNG als SPRUNG, als KORRUPTION, als ERSCHÜTTERUNG. das subjekt der philosophie verlässt die konstituierte realität.
7. das ist der ÜBERFLUG, die SELBSTBESCHLEUNIGUNG und SELBSTÜBERSTÜRZUNG der PHILOSOPHISCHEN BEHAUPTUNG. sie muss sich mit einer ETHIK DER ÜBERTREIBUNG verbinden.
8. alles weist darauf hin, dass die ETHIZITÄT DES SUBJEKTS nur in der INDIFFERENZ gegenüber dem GEBOT und jeder form moralischer positionierung liegen kann. offenkundig gibt es so etwas wie ein SUBJEKT nur als ÜBERSCHREITUNG der SUBJEKT-POSITION.
9. das subjekt verlässt seine SUBJEKT-BESTIMMUNG und tritt in einen BEREICH ONTOLOGISCHER UNBESTIMMTHEIT, innerhalb dessen seine sozialen FUNKTIONEN und RECHTE ausser geltung sind.
10. während das OBJEKTIVE SEIN des SUBJEKTS das ERGEBNIS partikularer FREMDAFFEKTIONEN bleibt, gibt es "in" ihm etwas, dass weder als PRODUKT einer solchen SUBJEKTIVIERUNG noch als (sein) EIGENTUM beschrieben werden kann.
11. das SUBJEKT DER PHILOSOPHIE ist ETHISCHES SUBJEKT. eine ETHISCHE LEBENSFORM unterscheidet von der moralischen, dass sie vom SUBJEKT mehr verlangt als es ALS SUBJEKT leisten kann. ETHISCH ist ein LEBEN zu nennen, das den BEREICH DES LEBBAREN in RICHTUNG auf das UNLEBBARE verlässt.
12. zu leben, in diesem sinn, bedeutet, als ENDLICHES SUBJEKT das UNENDLICHE ZU BERÜHREN. auf die UNERMESSLICHKEIT und PERMANENZ einer GRENZE geöffnet zu sein, die jedes WISSEN, jede ERKENNTNIS, in den ABGRUND des UNMÖGLICHEN reisst.
13. das UNMÖGLICHE ist, woraufhin das SUBJEKT DER ENDLICHKEIT sich beschleunigt, um das SPEKTRUM seiner MÖGLICHKEITEN, die REALITÄT, zu durchqueren.
14. das ist der sinn der KONFRONTATION mit der WIRKLICHKEIT: ihre DURCHQUERUNG. hierin hängt das subjekt seine ganze LEIDENSCHAFT, hier liegt seine doppelte PASSION. die konfrontation mit der REALITÄT ist ebenso EINTAUCHEN und SICH-HALTEN im HIER-UND-JETZT, wie dessen ÜBERWINDUNG.
15. erst in der ANEIGNUNG und VERWANDLUNG von REALITÄT durch die BERÜHRUNG ihrer GRENZE findet KONFRONTATION und AUSEINANDERSETZUNG statt. "AUSEINANDERSETZUNG" ist das wort, das HEIDEGGER der KENNZEICHNUNG des AKTS der ÜBERWINDUNG oder VERWINDUNG der METAPHYSIK und ihrer BEGRIFFE vorbehält.
16. das subjekt ist in die TRADITION des METAPHYSISCHEN DENKENS gehalten, aber es findet und erfindet MÖGLICHKEITEN der DURCHBRECHUNG der METAPHYSISCHEN TEXTUR.