Meyer Riegger

John Miller

27 Jun - 26 Jul 2008

© John Miller
A Shiny Gray Block of Lava, 2008
MDF, styrofoam, papier mache, toys, imitation gold leaf
170 x 140 x 46 cm
JOHN MILLER

27.06.2008 - 26.07.2008

Wir freuen uns, mit dieser Ausstellung eine Reihe neuer Arbeiten von John Miller präsentieren zu dürfen.
Spätestens seit dem Jahr 2006 beschäftigt sich John Miller mit Gold als Material, das Begierde, Macht und Reichtum suggeriert. Waren es für die Ausstellung “The Gold Standard” im P.S.1 in New York noch kleinformatigere Arbeiten, so sind es nun opulent gestaltete Wandreliefs und skulpturale Tischensembles, die Miller aus Alltags-Requisiten gestaltet und mit goldener Farbe überzieht.
Es ist zumeist Spielzeug, das der Künstler in Discount-Märkten oder im Fachhandel erwirbt und in Kombination mit dekorativem Nippes als Collage oder Skulptur (im Rahmen einer Rauminstallation) zusammen fügt. Auch die bei uns ausgestellte goldene Werkserie aus den Jahren 2007/2008 ist so entstanden.
Der vordere Galerieraum wird von vier pompösen Gold-Reliefs und einem royalblauen Teppich dominiert. Abbilder von Körperteilen wie Hände, Beine und Fußsohlen, aber auch von exotischen Früchten, Meerestieren, Muscheln und Waffen diverser Art sind akkumulativ auf den Bildplatten angeordnet und mit einem goldenen Überzug konserviert. Miller präsentiert hier dem Betrachter eine Art Memento Mori, das durch seine haptische Präsenz aber eher dem Verbleib eines überschwänglichen, aristokratischen Banketts gleicht.
Es ist das vermeintlich Erhabene sowie das Streben nach Größe als auch das Barbarische, was John Millers Artefakte und vielseitig gestaltete Rauminstallationen kennzeichnet.
So hat er im hinteren Bereich unserer Galerie ein Interieur mit antifunktionalem Mobiliar vor einer mit Ornamenten versehenen Wandtapete geschaffen. Auf verschiedenartigen Beistelltischen sind Requisiten wie Miniaturhäuser, Rüstungsmode, aber auch Schwerter, Äpfel und Münzen aufgebahrt. Was Miller dem Betrachter hier “auftischt” erinnert an das Inventar des historischen Reichsschatzes im Heiligen Römischen Reich. Für Miller aber sind die von ihm gewählten Gegenstände stellvertretende Insignien, die generell für Herrschaft und Eroberung (eines Gebietes) betrachtet werden können.
Mit seinen Collagen und Objekten führt der Künstler eine spielerische Adaption der Wirklichkeit vor, die sich erneut dem Sujet des Fetischs widmet. Ähnlich der “John-Miller-Brown” überzogenen Assemblagen der 1990er Jahre versammelt der Künstler hier Versatzstücke, welche die Begierde nach Besitz umreißen. An die Stelle des braunen Impastos, Millers Sinnbild für Fäkalien, wählt er nun eine goldene Ummantelung, welche den künstlichen Wert seiner Arbeit wie auch jenen der von ihm verwendeten Objekte steigert.
Es sind Replikate, die für die Idee des Originals stehen, aber dennoch nicht als ikonografische Symbole gelesen werden müssen. Nicht das Symbol im Einzelnen, sondern vielmehr das Arrangement als solches steht als Ikon, welches über die klassische Bedeutungsträgerschaft hinaus weist und auf den gesellschaftlichen Status quo angewandt wird. Das Inszenieren einer Situationen ist dabei maßgeblich:
Der konzeptuell geprägte Künstler spielt in seinen Arbeiten mit Sein und Schein, arbeitet mit Versatzstücken, die stellvertretend Materie präsentieren, aber letztendlich unterhalb der Oberfläche nicht mehr offenbaren, als ein Faksimile – gleich der von ihm verwendeten goldene Farbe, die in ihrer realen Wertlosigkeit ausschließlich als Idee verbleibt.
Obgleich Sprache ein zentrales Medium in der Arbeit von John Millers ist, der sich nicht nur als Künstler, sondern auch als Autor betätigt, trifft er die Wahl der Titel dieser Arbeiten willkürlich. Miller jongliert mit Phrasen, die einem kunstkritischen Kontext (der Minimal-Art) entspringen wie auch Serientitel, die er Soap-Operas entlehnt. Der Künstler reintegriert diese als eigenständige Betitelung seiner Arbeiten, wobei aber die jeweilige Bezeichnung vor dem Hintergrund der Beliebigkeit austauschbar bleibt.
Das Ziel seiner Arbeit ist, gängige Betrachtungsweisen zu revidieren und durch Übersteigerung die unersättlichen Begehrlichkeiten der Gesellschaft darzulegen.
Seine metaphorische Kritik ist dabei an die Affinität zum Überschwang einer von Spaß geprägten Gesellschaft adressiert. Anhand dem farblichen Wechsel von Braun zu Gold lässt John Miller nicht nur die Verschiebung vom Begehren eines Produkts hin zur Sehnsucht nach Verschwendung deutlich werden, sondern macht auch eine Weiterentwicklung seiner künstlerischen Arbeit kenntlich.
Mit der Präsentation einiger fotografischer sowie malerischer Arbeiten von John Miller im Oberrheinischen Literaturmuseum und in Thomas Rieggers Privatwohnung, begann im Jahr 1996 nicht nur unsere gemeinsame Ausstellungstätigkeit. Auch die Idee sowie das Konzept unserer Galerie wurde durch die Zusammenarbeit mit John Miller entscheidend geprägt.
Wir freuen uns deshalb besonders, dass eine Weiterführung der beiden Werkgruppen aus der Gold-Serie, welche zu Beginn diesen Jahres getrennt voneinander bei Metro Pictures und in der Friedrich Petzel Gallery in New York gezeigt wurden, nun in der Ausstellung in unserer Galerie zusammen geführt werden.

Christina Irrgang
 

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