Produzentengalerie

Tjorg Douglas Beer

14 Mar - 09 May 2008

© Tjorg Douglas Beer
Pasaji Cicek
Photocopies, Colour on Aluminium
289 x 414 cm
TJORG DOUGLAS BEER
"Salonu Istanbul/Observation Desk"

14 March - 9 May 2008 | ERÖFFNUNG: 14.03.2008 19:00

Die Produzentengalerie Hamburg freut sich, die Einzelausstellung Salonu Istanbul/ Observation Desk von Tjorg Douglas Beer zu zeigen.
In einer installativen Anordnung agieren Portraets, eine grosse Folie und eine Skulptur als Protagonisten einer urbanen Szenerie. Eher Berlin-Kreuzberg als Hamburger Innenstadt bietet sich dem Besucher ein Setting aus unterschiedlichen Zeichen- und Bedeutungsebenen: Tuerkischer Kulturverein, Ratsherrensaal, betonierte Fussgaengerpassagen, staedtische Parkanlagen, belebt von Imamen, jugendlichen Straftaetern, Uptown-Hipstern, beflissenenen Studentinnen und kleinkriminellen Gemuesehaendlern. Kopftuch, Fez und Palastinensertuch sind nicht mehr eindeutig als religioeses, ideologisches oder modisches Signal zu deuten. Die tafelbildaehnliche Grosscollage “Pasaji Cicek” (2008) schwingt auf einer Amplitude zwischen Graffiti und Altarbild.
Beers Installation uebertraegt die irritierten Sehweisen einer Stadtumwelt, in der sich der Staedter zu Hause und zugleich fremd fuehlt. Der Titel Salonu Istanbul/Observation Desk oeffnet ein Assoziationsfeld und ist zugleich eine Klammer fuer zwei Erfahrungsebenen. Einerseits trifft eine etwas triste Alltagsrealitaet, die sich aus Discount-Supermaerkten, verwahrlosten Plaetzen zusammensetzt auf einen fast touristischen oder ethnologischen Blick und ein Interesse an einem fremden Setting. Zugleich machen sich andererseits sowohl in der wahrgenommenen Umwelt als auch im eigenen Blick der Einfluss hyperparanoider, von elektronischer Ueberwachung und Verfolgung gepraegter Realitaeten bemerkbar, die dem Rezipienten aus anderen Bereichen bekannt sind und sich als medial vermittelte Wirklichkeit ueber die Wahrnehmung der physischen Umwelt schieben.
Die in Beers Installation wiedergegebene Wahrnehmung ist eine Mischung aus gelenktem Blick und einem momentanen Interesse des Kuenstlers an seiner Lebensumwelt. Der Titel gibt auch einen Hinweis auf Beers Arbeitsweise, die einem Sammelprozess entspricht und fuer die er sich einige wenige Punkte definiert, die ihm als eine Art Observierungsort dienen, - wie die Wasserpfeife, die in der Produzentengalerie ein zentrales Raumelement ist. Zugleich ist Observation Desk so etwas wie die Ortsbeschreibung einer Regieanweisung: Die eigene Perspektive trifft auf eine paranoid aufgeladene Stimmung, ausgeloest durch das Aufeinandertreffen von verschiedenen Kulturen und Denkweisen, die einander argwoehnisch observieren.
Auf Basis dieser Grundannahme entwickelt Beer seine Figuren, die aber haeufig nicht mehr als Schimaeren eines Klischees zu sein scheinen, - aufgetaucht aus dem Pool der unzähligen Zeichen. Entscheidender als die konkrete Benennung der Protagonisten und ihrer Funktion ist jedoch das grundsaetzliche Interesse von Tjorg Douglas Beer an sich ueberlappenden Bedeutungsebenen, das sich auch in anderen, konkreten Szenarien aeussern kann. Formal ist dieses Interesse an der Collage-Technik abzulesen, die sich durch Beers Arbeiten hindurch zieht und der sich verschiedene Assoziationsebenen ueberlagern, waehrend zugleich eine gewisse Distanziertheit den kuenstlerischen Prozess bestimmt. Die Prinzipien der Kurzlebigkeit, der Anhaeufung und der potenziellen Offenheit finden sich auch in allen Arbeiten von Tjorg Douglas Beer: Installation, Folien und Bilder sind widerspaenstige Gefuege aus Holz, PVC-Folie, Karton, Sperrholz, Aluminium, Marker, Acrylfarbe und Klebeband.
Tjorg Douglas Beer wurde 1973 in Luebeck geboren und hat an der HfbK Hamburg sein Diplom in bildender Kunst u.a. bei Werner Buettner gemacht. Einzelausstellungen von Beer zeigten u.a. Mitchell-Innes & Nash/New York, Patricia Low Contemporary/Gstaad, Karlheinz Meyer/Karlsruhe, das Kunsthaus Hamburg und das Contemporary Art Institute/Sapporo. Gruppenausstellungen zeigten Beers Arbeiten u.a. bei BoundLES/New York, im Bonner Kunstverein, im Heidelberger Kunstverein, bei Space Other/Boston, im Hokkaido Museum of Modern Art/Sapporo, im Leopold-Hoesch-Museum/Dueren, im Hamburger Kunstverein.

Anna-Catharina Gebbers
 

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