Sevda Chkoutova
30 Apr - 06 Jun 2013
SEVDA CHKOUTOVA
Paradiesvögel
30.04 - 06.06.2013
wein by cafe engländer
Vor drei oder vier Jahren, ein Samstagnachmittag in Wien bei Viktor Bucher in seiner feinen, unprätentiösen Galerie beim Donaukanal. Ich sah zwei großformatige Zeichnungen: „Von wem sind denn die?“
Sofort wußte ich, dass ich auf eine Entdeckung gestoßen und dass der Künstler oder die Künstlerin ziemlich gut war. Kurz darauf breiteten Bucher und ich mit vereinten Kräften weitere Riesenformate, die an den Wänden keinen Platz gefunden hatten, auf dem Boden aus. Sevda Chkoutova also. Eine junge Bulgarin, die 1998 aus Sofia an die Akademie der bildenden Künste nach Wien gekommen und nach dem Studium da geblieben ist. Die erwachsenen Protagonisten auf Chkoutovas Bildern sind fast ausschließlich Frauen. Waren zwischenzeitlich Motive wie Kinder, Puppen, Teddys, Besen und Eimer - eine Frauenwelt, nach landläufigem Verständnis – präsent ... so zeigt Sevda Chkoutova nunmehr Szenen mit feministischem „Punch“...Vor einigen Jahren zeichnete Chkoutova vor allem Kinder. Babys, Schulkinder, Teenager. Meist waren sie, zumindest teilweise, nackt. Das Unbehagen beim Betrachten entstand durch die verwirrende Mischung aus Unschuld und sexueller Aufladung, aus der visuell herausfordernden Kombination von fotorealistischen, romantischen Elementen mit abstrakten, ornamentalen Einschüben und, nicht zuletzt, aus dem Gefühl, durch das Ansehen in einer unklaren Weise schuldig zu werden. Im aktuellen Werk steht, veranlasst von der Lebensrealität der Künstlerin, die Frau nicht mehr nur als Mutter im Mittelpunkt, sondern als Heroin und emanzipierte Kämpferin. Auch Männer halten diesmal Einzug in die Protagonistenschar – aber nicht in patriarchalisch-martialischen Posen – eher dienend und mit einem Wandel traditioneller Geschlechterrollen konfrontiert ... Es scheint schlüssig, Sevda Chkoutovas Werk im Zusammenhang feministischer Kunst zu rezipieren, die seit den 1960er Jahren bewusst die traditionellen Kunstformen beiseite gelassen und die damals neuen Medien sowie den eigenen Körper als Ausdrucksmittel eingeführt hat. Chkoutova wählt Zeichnung als eine traditionsreiche Technik, die sie virtuos beherrscht und deren Funktion sie radikal erweitert. Zeichnung als „Body Art“. Ihr Bewusstsein für die Fallstricke der Repräsentation, für die Dekonstruktion des Abbilds, die direkte, fast rücksichtslose Vereinnahmung der Betrachterinnen und der Einsatz des eigenen Körpers machen die Zeichnung bei Chkoutova zum universellen Ausdrucksmittel.
* * unter Verwendung eines Katalogbeitrages von Stella Rollig anlässlich der Nominierung Sevda Chkoutovas für den 1. Internationalen Faber-Castell-Preis für Zeichnung, Neues Museum Nürnberg in Kooperation mit Faber Castell,13. Juli bis 21. Oktober 2012.
Paradiesvögel
30.04 - 06.06.2013
wein by cafe engländer
Vor drei oder vier Jahren, ein Samstagnachmittag in Wien bei Viktor Bucher in seiner feinen, unprätentiösen Galerie beim Donaukanal. Ich sah zwei großformatige Zeichnungen: „Von wem sind denn die?“
Sofort wußte ich, dass ich auf eine Entdeckung gestoßen und dass der Künstler oder die Künstlerin ziemlich gut war. Kurz darauf breiteten Bucher und ich mit vereinten Kräften weitere Riesenformate, die an den Wänden keinen Platz gefunden hatten, auf dem Boden aus. Sevda Chkoutova also. Eine junge Bulgarin, die 1998 aus Sofia an die Akademie der bildenden Künste nach Wien gekommen und nach dem Studium da geblieben ist. Die erwachsenen Protagonisten auf Chkoutovas Bildern sind fast ausschließlich Frauen. Waren zwischenzeitlich Motive wie Kinder, Puppen, Teddys, Besen und Eimer - eine Frauenwelt, nach landläufigem Verständnis – präsent ... so zeigt Sevda Chkoutova nunmehr Szenen mit feministischem „Punch“...Vor einigen Jahren zeichnete Chkoutova vor allem Kinder. Babys, Schulkinder, Teenager. Meist waren sie, zumindest teilweise, nackt. Das Unbehagen beim Betrachten entstand durch die verwirrende Mischung aus Unschuld und sexueller Aufladung, aus der visuell herausfordernden Kombination von fotorealistischen, romantischen Elementen mit abstrakten, ornamentalen Einschüben und, nicht zuletzt, aus dem Gefühl, durch das Ansehen in einer unklaren Weise schuldig zu werden. Im aktuellen Werk steht, veranlasst von der Lebensrealität der Künstlerin, die Frau nicht mehr nur als Mutter im Mittelpunkt, sondern als Heroin und emanzipierte Kämpferin. Auch Männer halten diesmal Einzug in die Protagonistenschar – aber nicht in patriarchalisch-martialischen Posen – eher dienend und mit einem Wandel traditioneller Geschlechterrollen konfrontiert ... Es scheint schlüssig, Sevda Chkoutovas Werk im Zusammenhang feministischer Kunst zu rezipieren, die seit den 1960er Jahren bewusst die traditionellen Kunstformen beiseite gelassen und die damals neuen Medien sowie den eigenen Körper als Ausdrucksmittel eingeführt hat. Chkoutova wählt Zeichnung als eine traditionsreiche Technik, die sie virtuos beherrscht und deren Funktion sie radikal erweitert. Zeichnung als „Body Art“. Ihr Bewusstsein für die Fallstricke der Repräsentation, für die Dekonstruktion des Abbilds, die direkte, fast rücksichtslose Vereinnahmung der Betrachterinnen und der Einsatz des eigenen Körpers machen die Zeichnung bei Chkoutova zum universellen Ausdrucksmittel.
* * unter Verwendung eines Katalogbeitrages von Stella Rollig anlässlich der Nominierung Sevda Chkoutovas für den 1. Internationalen Faber-Castell-Preis für Zeichnung, Neues Museum Nürnberg in Kooperation mit Faber Castell,13. Juli bis 21. Oktober 2012.