Frankfurter Kunstverein

Whenever It Starts It Is The Right Time

23 Mar - 06 May 2007

Setareh Shahbazi, Das Fremde, die Unordnung, die Kraft und die Geister, 2007, Wandmalerei, MDF, Skulpturen.
Courtesy the artist
Whenever It Starts It Is The Right Time
Strategien für eine unstetige Zukunft
23.03.2007 - 06.05.2007

Eröffnung: Donnerstag, 22. März, 19.00 Uhr
Pressekonferenz: Donnerstag, 22. März, 11.00 Uhr
Am Abend der Eröffnung, 20.00 Uhr: Performance von Sue Tompkins

Teilnehmende Künstler:

Ibon Aranberri (E), Thomas Bayrle (D), Egle Budvytyte (LT), Raimond Chaves (COL), Marcelo Cidade (BRA), Simon Evans (UK), Luke Fowler (GB), Dora García (E), Anna Bella Geiger (BRA), Ryan Gander (UK), Joana Hadjithomas & Khalil Joreige (LBN), Lasse Schmidt Hansen (DK), David Hatcher (NZ), Martin Hoener (D), Maria Loboda (D/PL), Franz Mon (D), Adrian Piper (USA), Mathilde Rosier (F), Setareh Shahbazi (IRN), Martin Skauen (N), Sue Tompkins (UK), Mario García Torres (MEX), Gerhard Wittner (D)

Ist ‚Vorstellungsvermögen’ ein nützlicher Begriff, um die Rolle von künstlerischer Arbeit und Ihre Verbindung zur Sozialforschung zu definieren?

Die Ausstellung Whenever It Starts It Is The Right Time beginnt mit dem Vorstellungsbegriff, wie er durch den Griechischen Philosophen Cornelius Castoriadis (1922-1997) erläutert wurde: Vorstellungsvermögen ist schöpferisch und eng mit dem Erkenntnisakt verbunden, d.h. mit unserer Fähigkeit, andere Wirklichkeiten zu entwerfen und uns aus den Fesseln der instrumentellen Vernunft zu befreien. Deshalb kann sie als Form des Widerstands begriffen werden, die einen Wandel bewirken kann. Die Ausstellung befasst sich mit der Idee von ‚angewandtem Vorstellungsvermögen’ im Gegensatz zu der überholten Vorstellung von Utopie.

Das Vorhaben hat ganz offensichtlich mit dem Projekt der Avantgarde des frühen zwanzigsten Jahrhunderts zu tun, d.h. mit der Frage, wie die Kunst mit dem Leben verbunden und die Welt auf eine andere Weise wahrgenommen werden kann. Natürlich wurde dieses Projekt bald problematisch und muss in vielerlei Hinsicht als gescheitert gelten. Es stellt jedoch weiterhin eine qualitative Herausforderung für das Vermächtnis der Moderne dar, bei dem es inzwischen nur noch um Stil und Ästhetik geht. Die Tradition der Avantgarde ist, in Bezug auf die Gegenwartskunst, eine hermeneutische Praxis, in der es mindestens ebenso sehr um den Inhalt und die Bedeutung geht wie um die Form, und eine Methode, mit der versucht wird, kulturelle Gegebenheiten zu erhellen, statt sie zu erklären.

Die an der Ausstellung Whenever It Starts It Is The Right Time beteiligten Künstler – dies ist möglicherweise die einzige These des Projekts, die bewiesen oder widerlegt werden kann – sind nicht mehr darum bemüht, der Kategorie „Kunst“ zu entkommen, sondern wollen vielmehr den von der Kunst und sogar von Kunstinstitutionen geschaffenen Raum ausnutzen und in ihm neue Orte des Denkens, des Fühlens, der Reflexion und des Austauschs schaffen.

Alle Arbeiten in der Ausstellung haben zumindest eine Charakteristik gemeinsam: den unbedingten Willen eine neue Verbindung mit den Anliegen des Modernismus durch Ideen des angewandten Vorstellungsvermögens zu schaffen, wie z.B. durch den lebendigen Glauben an eine Fähigkeit, die wirkliches Handeln ermöglicht. Die Kunstproduktion ist ein System der Interpretationen, welches sich mit einer endlosen Kette von Anfängen beschäftigt, die die Bürokratisierung von Traditionen aufweicht und neue Wege sowie Bezugssysteme schafft.

Die Ausstellung Whenever It Starts It Is The Right Time ist ein Versuch sich mit einigen der aktuellen Themen in der zeitgenössischen Kunst und Kunstkritik auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung wird durch die Präsentation von verschiedenen Arbeitsweisen, welche in unterschiedlichen sozialen Zusammenhängen und Epochen entstanden sind, abgebildet. Die Art und Weise, in der das Vorstellungsvermögen in dieser Ausstellung angewandt wird, stellt die Frage nach der Dekonstruktion des historischen Gedächtnisses, nach der Repräsentation als einer Form der Aneignung und nach den theoretischen und kritischen Modellen, die wir im Kern eines kollektiven Unternehmens, das sich in einer Ausstellung präsentiert, erst noch untersuchen müssen.

Whenever It Starts It Is The Right Time soll daher eine kollektive Ausstellung und keine Gruppenausstellung sein. Eine kollektive Ausstellung stellt eine Art Kräfteparlament dar und hat daher nicht die Aufgabe eine vorgegebene These zu illustrieren, sondern neue Bedeutungen auf dem Niveau einzelner Arbeiten und aus deren Spannungen untereinander zu entwickeln. Durch das Nebeneinander der Arbeiten stellt dieses Parlament einen Raum dar, der eine kritische Reflektion des Modernismusprojekts ist und kündet somit von einer gewissen Heterogenität, welche vom modernistischen Anspruch der Kanonisierung abrückt.

Die Ausstellung Whenever It Starts It Is The Right Time bewegt sich auf eine Synthese von Sinneswahrnehmung und konzeptionellen Verfahrensweisen zu. Diese Bewegung gründet in dem Glauben, dass ästhetische Erfahrungen, welche durch Vorstellungsvermögen geschaffen werden, nicht abgeschlossen und beschaulich sind, sondern unsere Teilnahme erfordern und ein Gemeinschaftserlebnis sind, welches im Zentrum unseres Kulturgeschehens stattfindet. Die Aufgabe dieser Ausstellung ist es nicht einen Überblick zu gewähren, sondern der Institution einen operationellen Charakter zu verleihen, und dem Besucher einige Gegebenheiten vorzustellen, die es erlauben zu jeder Arbeit eine persönliche Beziehung aufzubauen.

Der argentinische Konzeptkünstler Alberto Greco (1935-1965) hat einmal gesagt: „Ein Kunstwerk bedeutet nur dann etwas, wenn es ein totales Abenteuer ist.“ Eine Ausstellung sollte unter derselben Prämisse konzipiert werden.
 

Tags: Ibon Aranberri, Thomas Bayrle, Raimond Chaves, Marcelo Cidade, Simon Evans, Luke Fowler, Ryan Gander, Dora García, Anna Bella Geiger, Alberto Greco, Al Hansen, Lasse Schmidt Hansen, Martin Hoener, Joana Hadjithomas & Khalil Joreige, Maria Loboda, Adrian Piper, Mathilde Rosier, Martin Skauen, Sue Tompkins, Mario Garcia Torres