Sylvia Plimack Mangold / James Bishop
04 Dec 2009 - 13 Feb 2010
SYLVIA PLIMACK-MANGOLD, JAMES BISHOP
Early and Recent Works
4. Dezember 2009 bis 13. Februar 2010
«The story of Ur-painting begins like this: An agent – he is yet no artist – holding a charged instrument places himself next to a support and deposits marks.» (Richard Wollheim – Painting as an Art)
Eine fiktive Genealogie der Malerei, die Wollheim entwirft, macht auf ein Potential aufmerksam, das als ein Gemeinsames der Aktivität und den Ergebnissen aller Malerei unterstellt werden kann. Der erste Fleck bedeutet die Feststellung der Eigenständigkeit dieses Tuns. Jeder weitere Fleck erfordert Reflexion und Intention, Bezugnahme auf das einmal Gesetzte. Neue Aspekte der Aktivität rücken ins Blickfeld und werden thematisiert, der Bildträger, die Bildbegrenzung, die Oberfläche. Zumeist erfolgt die Berührung des Bildträgers und die Bewegung der Farbe mit dem Pinsel, dem Spachtelmesser oder einem anderen Gerät, manchmal mit den Händen, den Fingern oder durch das Ausgiessen von Farbe. Die Anwesenheit des Künstler-Ichs wird manifest. Berührung und Beinaheberührung ist im sozialen Leben vielen Regeln und Tabus unterworfen, weil so Kommunikationen ausgetauscht, Gefühle ausgedrückt werden, Lust erzeugt und empfunden wird und somit der Körper teilhat. Eine körperliche und mentale Präsenz des Malers wird auch auf der Oberfläche des Gemäldes sichtbar und einfühlbar. Das Gemälde zeigt seine Entstehung oder es zeigt nichts als seine Oberfläche. Ingres hat die Sichtbarkeit des Pinselstrichs als ‚Missbrauch der Ausführung‘ und als ‚...eine Eigenschaft der Scheintalente, der Scheinkünstler‘ abgetan. Längst ist aber gerade dem Pinselstrich des Künstlers, seiner ihm eigenen Technik grosse Aufmerksamkeit zuteil geworden. Auch eine explizite Zurückweisung solcher Attribute und Werte hat somit besondere Bedeutsamkeit und kann als epochale Veränderung verstanden werden.
Wer ist dieses Künstler-Ich, das sich zeigt und sich verhüllt ? Es wäre ein fatales Missverständnis ein Ich gemäss unserer historisch entstandenen Vorstellung von Individualität zu postulieren. Keineswegs wird ein solches Ich gespiegelt oder abgebildet. Das starke künstlerische Ich verdankt Werden und Wirkung dem künstlerischen Tun und der Teilhabe am kulturellen Bestand und an der kulturellen Aktualität. Von Richard Shiff ist kürzlich ein umfangreicher Essay erschienen, der die Technik, den Pinselstrich, auf Englisch «Stroke», auf Französisch «Touche» zum zentralen Punkt der Beobachtung macht.(R.Shiff – Lucky Cézanne - Cézanne Tychique) Mehr als durch alles andere hat Paul Cézanne durch die Anwendung und die Beschaffenheit seines Pinselstrichs ästhetische und ethische Sphären geöffnet, Anschauung und Erkenntnis inspiriert und erweitert. Shiff schlägt einen Bogen von Cézanne zum Schaffen zeitgenössischer Künstler. Die Malerei von Sylvia Plimack Mangold wird dabei ausführlich angesprochen. Im Verlaufe von mehr als vier Jahrzehnten hat sie ein völlig eigenständiges, bedeutendes malerisches Oeuvre geschaffen. Ihre Beschäftigung mit dem gemalten Bild, dem Abbild und dem Motiv besitzt eine ungemeine Intensität und Folgerichtigkeit. Ihr Werk ist durch eine grosse Spannweite, eine seltene künstlerische und analytische Klugheit gekennzeichnet.
James Bishop malte zunächst grosse, tiefe, getragene Bilder. Das Format, zumeist 195 x 195 cm hat einen natürlichen Bezug zur Körpergrösse des Künstlers und einen künstlerischen zur Handhabung von Leinwand und Farbauftrag. Eine Farbhaut, manchmal still und geschlossen, manchmal bewegter und offenerer, verrät Pinselspur und formales Gerüst lediglich durch einen feinen Uebergang von der Dichte zur Transparenz der Farbmaterie. Seine malerische Sensibilität und Erfahrung und seine künstlerischen Wünsche überträgt er mehr und mehr auf seine dichten, kleinen Malereien auf Papier. Diese, zunächst begleitende, dann dominierende Parallelaktion in seinem Oeuvre hat kaum Seinesgleichen in der Malerei der letzten vierzig Jahre.
Early and Recent Works
4. Dezember 2009 bis 13. Februar 2010
«The story of Ur-painting begins like this: An agent – he is yet no artist – holding a charged instrument places himself next to a support and deposits marks.» (Richard Wollheim – Painting as an Art)
Eine fiktive Genealogie der Malerei, die Wollheim entwirft, macht auf ein Potential aufmerksam, das als ein Gemeinsames der Aktivität und den Ergebnissen aller Malerei unterstellt werden kann. Der erste Fleck bedeutet die Feststellung der Eigenständigkeit dieses Tuns. Jeder weitere Fleck erfordert Reflexion und Intention, Bezugnahme auf das einmal Gesetzte. Neue Aspekte der Aktivität rücken ins Blickfeld und werden thematisiert, der Bildträger, die Bildbegrenzung, die Oberfläche. Zumeist erfolgt die Berührung des Bildträgers und die Bewegung der Farbe mit dem Pinsel, dem Spachtelmesser oder einem anderen Gerät, manchmal mit den Händen, den Fingern oder durch das Ausgiessen von Farbe. Die Anwesenheit des Künstler-Ichs wird manifest. Berührung und Beinaheberührung ist im sozialen Leben vielen Regeln und Tabus unterworfen, weil so Kommunikationen ausgetauscht, Gefühle ausgedrückt werden, Lust erzeugt und empfunden wird und somit der Körper teilhat. Eine körperliche und mentale Präsenz des Malers wird auch auf der Oberfläche des Gemäldes sichtbar und einfühlbar. Das Gemälde zeigt seine Entstehung oder es zeigt nichts als seine Oberfläche. Ingres hat die Sichtbarkeit des Pinselstrichs als ‚Missbrauch der Ausführung‘ und als ‚...eine Eigenschaft der Scheintalente, der Scheinkünstler‘ abgetan. Längst ist aber gerade dem Pinselstrich des Künstlers, seiner ihm eigenen Technik grosse Aufmerksamkeit zuteil geworden. Auch eine explizite Zurückweisung solcher Attribute und Werte hat somit besondere Bedeutsamkeit und kann als epochale Veränderung verstanden werden.
Wer ist dieses Künstler-Ich, das sich zeigt und sich verhüllt ? Es wäre ein fatales Missverständnis ein Ich gemäss unserer historisch entstandenen Vorstellung von Individualität zu postulieren. Keineswegs wird ein solches Ich gespiegelt oder abgebildet. Das starke künstlerische Ich verdankt Werden und Wirkung dem künstlerischen Tun und der Teilhabe am kulturellen Bestand und an der kulturellen Aktualität. Von Richard Shiff ist kürzlich ein umfangreicher Essay erschienen, der die Technik, den Pinselstrich, auf Englisch «Stroke», auf Französisch «Touche» zum zentralen Punkt der Beobachtung macht.(R.Shiff – Lucky Cézanne - Cézanne Tychique) Mehr als durch alles andere hat Paul Cézanne durch die Anwendung und die Beschaffenheit seines Pinselstrichs ästhetische und ethische Sphären geöffnet, Anschauung und Erkenntnis inspiriert und erweitert. Shiff schlägt einen Bogen von Cézanne zum Schaffen zeitgenössischer Künstler. Die Malerei von Sylvia Plimack Mangold wird dabei ausführlich angesprochen. Im Verlaufe von mehr als vier Jahrzehnten hat sie ein völlig eigenständiges, bedeutendes malerisches Oeuvre geschaffen. Ihre Beschäftigung mit dem gemalten Bild, dem Abbild und dem Motiv besitzt eine ungemeine Intensität und Folgerichtigkeit. Ihr Werk ist durch eine grosse Spannweite, eine seltene künstlerische und analytische Klugheit gekennzeichnet.
James Bishop malte zunächst grosse, tiefe, getragene Bilder. Das Format, zumeist 195 x 195 cm hat einen natürlichen Bezug zur Körpergrösse des Künstlers und einen künstlerischen zur Handhabung von Leinwand und Farbauftrag. Eine Farbhaut, manchmal still und geschlossen, manchmal bewegter und offenerer, verrät Pinselspur und formales Gerüst lediglich durch einen feinen Uebergang von der Dichte zur Transparenz der Farbmaterie. Seine malerische Sensibilität und Erfahrung und seine künstlerischen Wünsche überträgt er mehr und mehr auf seine dichten, kleinen Malereien auf Papier. Diese, zunächst begleitende, dann dominierende Parallelaktion in seinem Oeuvre hat kaum Seinesgleichen in der Malerei der letzten vierzig Jahre.