Bonner Kunstverein

Altruismus: Kunst aus Tschechien heute

26 Jun - 29 Aug 2010

Hana Puchová
three sisters, 2009
© Bonner Kunstverein und Künstlerin
ALTRUISMUS: KUNST AUS TSCHECHIEN HEUTE

26. Juni–29. August 2010
Freitag, 25. Juni, 19.45 Uhr Eröffnung

Begrüßung: Jürgen Nimptsch, Oberbürgermeister der Stadt Bonn,
Prof. Anne-Marie Bonnet, 2. Vorsitzende, Einführung: Stephan Strsembski, Direktor i.V.

Vasil Artamonov/Alexey Klyuykov, Daniel Balabán, Isabela Groseová/Jesper Alvær, Martin Horák, Jakub Hošek/Anežka Hošková, Aleš Hudeček, Eva Jiřička/Katharina Cibulka, Michal Kalhous, Pavel Karous, Jiří Kovanda, Ládví, Hana Puchová, Janek Rous/Jan Trejbal, Kateřina Šedá, Jan Šerých, Jiří Surůvka, Tereza Velíková/Tereza Severová, Andreas Wegner

Im Rahmen des Kooperationsprojektes der Kunstvereine Düsseldorf – Köln – Bonn DIE LETZTEN IHRER ART mit europäischen Partnern: www.die-letzten-ihrer-art.org

Der Bonner Kunstverein kooperiert bei der Ausstellung ALTRUISMUS: KUNST AUS TSCHECHIEN HEUTE mit dem Prager Ausstellungshaus tranzit. Die in dem Dachprojekt tranzit.org zusammengefassten autonomen Institute zeitgenössischer Kunst in Osteuropa (Prag, Budapest, Bratislava), die seit 2002 auf Initiative der österreichischen öffentlich-rechtlichen Erstebank entstanden sind, verstehen sich als Teil eines groß angelegten kulturellen Förderprogramms für Ostmitteleuropa. Zuerst als reines Projektbüro gegründet, ist tranzit mittlerweile um ein eigenes Ausstellungshaus tranzitdisplay erweitert worden und nimmt so vermehrt Aufgaben wahr, die im Ganzen denen eines Kunstvereins im deutschsprachigen Raum vergleichbar sind – wohlgemerkt ohne die entscheidende Mitgliederstruktur.

Gemeinsam mit tranzitdisplay und dessen Kurator Vít Havránek entwickelte der Bonner Kunstverein (Kurator:Stephan Strsembski) eine Gruppenausstellung tschechischer Kunst zum Thema Altruismus. Altruismus ist ein Begriff der Moral, der einzelne Individuen in Beziehung zu anderen setzt, er meint die Bereitschaft, seine eigenen Interessen zugunsten derer anderer Individuen und damit der Gesellschaft zurückzustellen. Hierbei sind zwei Lesarten möglich: Erstens kann das Interesse des Einzelnen an sich selbst tatsächlich geringer sein als das an dem oder den anderen. Zweitens kann es das höchste Interesse des Einzelnen sein, eben seine eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und altruistisch zu handeln.

Ausgangspunkt des Projektes ALTRUISMUS ist die These, dass eine funktionierende Gesellschaft auf das Motiv des Altruismus angewiesen ist - im allgemeinen Verständnis steht das Prinzip altruistischen Handelns dem wirtschaftlichen Vertrag als Gegensatzpaar gegenüber, jüngere sozialwissenschaftliche Ansätze plädieren für eine „Bürgerliche Wirtschaft“ („Civic Economy“), in der diesem dialektischen Denken ein Ende gesetzt wird (Luigino Bruni) - und diese Tatsache im Bereich der bildenden Kunst nachvollziehbar gemacht werden kann. Realisiert wurde ein gemeinsames Projekt, welches nicht nur altruistische Prozesse oder Handlungen beleuchtet, sondern darüber hinaus altruistisch ist. Statt eine Künstlergruppe oder einen Einzelkünstler auszuwählen und mit Illustrationen zu dem gewünschten Thema zu betrauen, entwickeln tranzit und der Bonner Kunstverein einen Modus einer altruistischen kuratorischen Form und geben bedeutsame Teile der Ausstellungsplanung an eine kleine Gruppe geeigneter und interessierter Individuen. Durch dieses Vorgehen wird das mittlerweile gängige Konzept des „Gastkuratierens“ in transparenter Weise angewendet und gleichzeitig auf Tauglichkeit überprüft sowie in Publikation und Gesprächsveranstaltungen reflektiert.

Ausgehend von der eingangs formulierten These stehen also zwei Arten von Erkenntnis im Zentrum des Projektes: Wie kann, erstens, ein Ausstellungsprojekt zum Thema Altruismus altruistisch gestaltet werden? Diese Fragestellung ermöglicht in der Folge die weitergehende, zweite Betrachtung: die hinsichtlich der sozialen Funktionen, der Möglichkeiten und Grenzen so ähnlicher und doch grundverschiedener Einrichtungen wie tranzit und Bonner Kunstverein.

Kuratoren: Stephan Strsembski (Bonner Kunstverein) und Vít Havránek (tranzit)

Beteiligte Institutionen:

o.s. Gallery Ostrava, Krajská galerie výtvarného umění ve Zlíně, Entrance Gallery Prag, Gallery – Dum umeni, Ceske Budejovice, Futura Gallery Prag, Futura Gallery Prag, MeetFactory Prag, A.M. 180 Gallery Prag, Etc. Gallery Prag, Gallery G99 Brno, Skolska 28 Gallery Prag, E. Filla Gallery Usti nad Labem, tranzitdisplay Prag

Den Saaltext finden Sie hier


DIE LETZTEN IHRER ART – EINE REISE ZU DEN DINOSAURIERN DES KUNSTBETRIEBS
Kooperation der Kunstvereine Düsseldorf – Köln – Bonn
Gemeinsame Eröffnung: Freitag, 25. Juni 2010

Die Ausstellung ALTRUISMUS: KUNST AUS TSCHECHIEN HEUTE findet im Rahmen des Kooperationsprojektes DIE LETZTEN IHRER ART statt. Erstmalig haben die Kunstvereine Bonn, Düsseldorf und Köln ein gemeinschaftliches Veranstaltungs- und Katalogprojekt erarbeitet, in dem die institutionellen Herausforderungen für Kunstvereine im 21. Jahrhundert diskutiert werden sollen. Kunstvereine sind in ihrem Kern bürgerliche Institutionen, die sich im Vormärz des 19. Jahrhunderts als engagierte Antwort auf die adeligen Salons entwickelt haben. Was passiert aber, wenn wir feststellen, dass in unserer postbürgerlichen Gesellschaft Vereinskultur, bürgerliches Engagement und föderale Logiken einen Bedeutungsverlust erleben, und wie wirkt sich dies auf Kunstvereine aus? In Anspielung auf Douglas Adams’ Reisebericht „Die Letzten Ihrer Art“ stellen wir Kunstvereine als eine vielleicht bedrohte, aber auch besondere und sehr erhaltenswerte Spezies vor und nehmen sie in verschiedenen Veranstaltungen in Bonn, Köln und Düsseldorf unter die Lupe.

Eine Betrachtung dieser Frage wird durch die internationale Perspektive bereichert. Die drei Kunstvereine realisieren im Rahmen von DIE LETZTEN IHRER ART Ausstellungen gemeinsam mit europäischen Partnern, Düsseldorf mit Overgaden/DK, Köln mit der Chisenhale Gallery/UK, Bonn mit tranzit.cz/CZ. Diese Spielorte der bildenden Kunst sind sehr unterschiedlich organisiert und allesamt von größter Relevanz für die jeweilige Kunstlandschaft. Anders als in Deutschland, das auf eine 200-jährige Geschichte der Kunstvereine zurückblicken kann, sind die ausgewählten Institute eher jüngere Gründungen. Die Kooperation mit internationalen Partnerinstitutionen zeitgenössischer Kunst, die ähnliche Ziele haben, jedoch in einer anderen Gesellschaftsstruktur gewachsen sind, ermöglicht den Im- und Export regionaler und nationaler Kunst- und Theorieproduktion.

Durch die derart sichtbar gemachten Potenziale und den direkten Vergleich zu ähnlichen Zielsetzungen in unterschiedlichen gesellschaftlichen wie institutionellen Strukturen im europäischen Raum, kann in einem zweiten Schritt eine Bewertung der Möglichkeiten und Perspektiven einer Institution wie der des Kunstvereins oder der europäischen Alternativen erfolgen. Im rheinischen Verbund werden zentrale Fragen der gesellschaftlichen Rolle zeitgenössischer Kunst und ihrer Vermittlung zur Debatte gestellt. Die jeweils unabhängigen Ausstellungsprojekte in Düsseldorf, Köln und Bonn werden durch gemeinsame Gesprächsveranstaltungen, Führungen und eine begleitende Publikation (Erscheint im September 2010) verknüpft. Die außergewöhnlich hohe Dichte kultureller Institute im Rheinland und ihr damit verbundenes Potential als Motor zum gesellschaftlichen Wandel beizutragen, wird mit gemeinsamem Begleitprogramm und einer Party am Freitag, 25. Juni, 22 Uhr, im Kölnischen Kunstverein veranschaulicht und gefeiert werden.
 

Tags: Jirí Kovanda, Katerina Sedá, Jan Serych