Das Beste aus 2007
01 - 28 Feb 2009
DAS BESTE AUS 2007
01.02.-28.02.2009
(Doris Mampe und Dorothea Jendricke)
CENTER freut sich, mit DAS BESTE AUS 2007 das erste Austellungsprojekt von Dominikus Müller und Kito Nedo zu präsentieren. Dorothea Jendricke und Doris Mampe verabschieden sich mit dieser Ausstellung als Kuratorinnen von CENTER.
Das Beste aus 2007
Text: Jan Joswig
Ulf Poschardts Stärke ist es, seine Schwächen zu kennen. Der Kumpeltyp mit Buddies aus der Schulzeit, das ist Poschardt definitiv nicht. Um auf dem Auge nicht blind zu sein, holt er sich den Kumpeltyp als Untermieter in die Dachstube. Der Berliner Volksschauspieler Oliver Korittke, die absolut ehrliche Haut mit Basecap, hat mit seinen Hunderten von Turnschuhen und Spielzeugfiguren sein anti-intellektuelles Künstler-Bohème-Quartier im Obergeschoss von Poschardts Grunewald-Villa aufgeschlagen. Wenn Poschardt genügend Buchsbäume, Hecken und Rosen beschnitten hat, um sich seiner Stifter’schen „Nachsommer“-Existenz zu versichern, dem Inbegriff zugespitzter Bürgerlichkeit, geht er in Morgenmantel und Clarks Desert-Boots zu Oli und guckt zu, wie dessen ewige Jungs-Gang eine Runde auf dem verchromten Cruiser durchs Wohnzimmer radelt, bevor sie sich wieder vor die Playstation haut.
Poschardt, nach dessen erster Fleißarbeit, der Dissertation „DJ Culture“, die Pet Shop Boys einen Hit benannten, ist keine Rampensau, er ist der, der den anderen beim Rampensauen zuguckt. Dazu lächelt er zwischen zurückhaltend und süffisant, was sehr gut zu seinem wohlerzogenen Scheitel passt. Nur als Autotester für die „Weltwoche“, da kann er es mal so richtig krachen lassen – in den Gängen.
Und bei seinen Editorials für die „Vanity Fair“ macht er die ideologische Rampensau. Von Februar 2007 bis Januar 2008 redet er Woche für Woche dem unreglementierten, aber gewissenhaften, nämlich zivilisierten Bürgertum, das sich überall im ehrenhaften Rückzugsgefecht befindet, heldenhaft das Wort. Dabei geht es Poschardt weniger um die Sache als um das Jonglieren mit der Sache. Er ist der Sophist des Neo-Bürgerlichen, der aus intellektueller Eitelkeit die Rechtfertigungsargumente an die Grenze des Absurden treibt. Er legt nicht wie Tom Kummer Prominenten Worte in den Mund, er legt einer Ideologie Argumente in den Mund – schlagende Argumente, die vor allem die Überzeugung, um die es geht, schlagen: Der gesamtdeutsche Avant-Bürgerliche Poschardt will Mecklenburg-Vorpommern mit internationalen Brigaden heiratswilliger Frauen vor den Nazis retten. Für Kanzlerin Merkel begeistert er sich, weil sie als Rednerin einen „Dada-Humor ohne Sicherheitsgurte“ entwickelt hat. Und an den Hausbesetzern der 80er lobt er die konservative Haltung, weil sie Altbauten besetzten. Nichts kann Poschardt besser in sein Konzept passen als der hinterlistige Treppenwitz der Geschichte, dass die Opfer des konservativen Patriarchats, die Frauen, als Gewinnerinnen selbst konservative Positionen beziehen: Linke Träume, die sich rechts erfüllen, wertet Poschardt als persönliche Siege. Ursula von der Leyen und Angela Merkel sind seine Lieblingsfrauen. Und sein Lieblingsbegriff: Fleiß.
Poschardt will das Bürgerliche über einen Sound, nicht über Argumente reinstallieren. Je mehr Dada in den Argumenten, desto unverstellter kann der Sound sich entfalten. Und „Fleiß“, das hat schon einen super Sound. Solche Geistesblitze hat man nur, wenn einem ein Oliver Koritke mit Berliner Schnauze auf dem Kopf rumtrampelt.
01.02.-28.02.2009
(Doris Mampe und Dorothea Jendricke)
CENTER freut sich, mit DAS BESTE AUS 2007 das erste Austellungsprojekt von Dominikus Müller und Kito Nedo zu präsentieren. Dorothea Jendricke und Doris Mampe verabschieden sich mit dieser Ausstellung als Kuratorinnen von CENTER.
Das Beste aus 2007
Text: Jan Joswig
Ulf Poschardts Stärke ist es, seine Schwächen zu kennen. Der Kumpeltyp mit Buddies aus der Schulzeit, das ist Poschardt definitiv nicht. Um auf dem Auge nicht blind zu sein, holt er sich den Kumpeltyp als Untermieter in die Dachstube. Der Berliner Volksschauspieler Oliver Korittke, die absolut ehrliche Haut mit Basecap, hat mit seinen Hunderten von Turnschuhen und Spielzeugfiguren sein anti-intellektuelles Künstler-Bohème-Quartier im Obergeschoss von Poschardts Grunewald-Villa aufgeschlagen. Wenn Poschardt genügend Buchsbäume, Hecken und Rosen beschnitten hat, um sich seiner Stifter’schen „Nachsommer“-Existenz zu versichern, dem Inbegriff zugespitzter Bürgerlichkeit, geht er in Morgenmantel und Clarks Desert-Boots zu Oli und guckt zu, wie dessen ewige Jungs-Gang eine Runde auf dem verchromten Cruiser durchs Wohnzimmer radelt, bevor sie sich wieder vor die Playstation haut.
Poschardt, nach dessen erster Fleißarbeit, der Dissertation „DJ Culture“, die Pet Shop Boys einen Hit benannten, ist keine Rampensau, er ist der, der den anderen beim Rampensauen zuguckt. Dazu lächelt er zwischen zurückhaltend und süffisant, was sehr gut zu seinem wohlerzogenen Scheitel passt. Nur als Autotester für die „Weltwoche“, da kann er es mal so richtig krachen lassen – in den Gängen.
Und bei seinen Editorials für die „Vanity Fair“ macht er die ideologische Rampensau. Von Februar 2007 bis Januar 2008 redet er Woche für Woche dem unreglementierten, aber gewissenhaften, nämlich zivilisierten Bürgertum, das sich überall im ehrenhaften Rückzugsgefecht befindet, heldenhaft das Wort. Dabei geht es Poschardt weniger um die Sache als um das Jonglieren mit der Sache. Er ist der Sophist des Neo-Bürgerlichen, der aus intellektueller Eitelkeit die Rechtfertigungsargumente an die Grenze des Absurden treibt. Er legt nicht wie Tom Kummer Prominenten Worte in den Mund, er legt einer Ideologie Argumente in den Mund – schlagende Argumente, die vor allem die Überzeugung, um die es geht, schlagen: Der gesamtdeutsche Avant-Bürgerliche Poschardt will Mecklenburg-Vorpommern mit internationalen Brigaden heiratswilliger Frauen vor den Nazis retten. Für Kanzlerin Merkel begeistert er sich, weil sie als Rednerin einen „Dada-Humor ohne Sicherheitsgurte“ entwickelt hat. Und an den Hausbesetzern der 80er lobt er die konservative Haltung, weil sie Altbauten besetzten. Nichts kann Poschardt besser in sein Konzept passen als der hinterlistige Treppenwitz der Geschichte, dass die Opfer des konservativen Patriarchats, die Frauen, als Gewinnerinnen selbst konservative Positionen beziehen: Linke Träume, die sich rechts erfüllen, wertet Poschardt als persönliche Siege. Ursula von der Leyen und Angela Merkel sind seine Lieblingsfrauen. Und sein Lieblingsbegriff: Fleiß.
Poschardt will das Bürgerliche über einen Sound, nicht über Argumente reinstallieren. Je mehr Dada in den Argumenten, desto unverstellter kann der Sound sich entfalten. Und „Fleiß“, das hat schon einen super Sound. Solche Geistesblitze hat man nur, wenn einem ein Oliver Koritke mit Berliner Schnauze auf dem Kopf rumtrampelt.