Andrei Monastyrski
28 Feb - 28 Apr 2013
ANDREI MONASTYRSKI
28.02 – 28.04.2013
Andrei Monastyrski ist, neben Ilya Kabakov, Dimitri Prigov und Vladimir Sorokin eine der zentralen Figuren der Konzeptkunst im spät- und postsowjetischen Russland.
Der Moskauer Konzeptualismus entstand Ende der Sechzigerjahre als inoffizielle künstlerische Praxis im sowjetischen Untergrund, mit Ausflügen auf das Land und Aktionen, die existenzielle Erfahrungen widerspiegelten. Die Ablehnung der offiziellen Kunst und die Selbstermächtigung als Künstler, die auch das Interpretationsprivileg des mächtigen Kulturapparates in Frage stellten, waren Teil auch eines politischen Konzeptes. Indem sie sich das Interpretationsprivileg, das allein der Kommunistischen Partei zustehen sollte, aneigneten und ironisch transformierten, wurden die Rollen der Kunst, der Künstler und ihr Verhältnis zu den Betrachtern, sowie deren eigene kreative Rolle im Handlungsganzen der Aktionen, befragt.
In einem weiteren Schritt wurden so auch die Fragen des Originals und der „sekundären Materialien“ (Fotografien von Aktionen, temporäre Objekte, aber auch szenografische Konzepte) zum Zentrum von Überlegungen. In einem Staat mit Versammlungsverboten wird die Thematisierung von Leere, von Alltäglichkeit und „gewöhnlichen“ Ereignissen, zu wesentlichen Strategien der ironischen Unterminierung von offiziellen Feststellungsgesten.
Andrei Monastyrski fasst 1980 rückblickend diesen Sachverhalt kurz zusammen: „In streng ästhetischem Sinne könnte man die (...) Aktionen als Versuche charakterisieren, die Wahrnehmung gewöhnlichen Erscheinens, Verschwindens, Sich-Entfernens, die Wahrnehmung gewöhnlichen Lichts, Klangs und so weiter, ungewöhnlich zu machen.“
Für die Ausstellung in der Charim Galerie hat Andrei Monastyrski diese Gedanken weitergeführt: „Ein zentrales Thema der Ausstellung ist die Wechselbeziehung der analogen und der digitalen Welt. Dabei geht es um die Dokumentation der analogen Ereignishaftigkeit, wie beispielsweise einer Performance im riesigen, verschneiten Landschaftsraum, die sich immer weiter verkleinert, bis sie schließlich auf einem winzigen Träger, mit nicht mal ein paar Gramm Gewicht, Platz hat. (Es handelt sich dabei um die Arbeit mit einer micro SD Memory Card und 2 Nilpferd-Schatullen). Das Digitale wird zum Lebensraum, einer Naturkraft, einem Ozean, in dem das Entstehen neuer Formen und neuer Arten der Existenz möglich ist.
Die Fotoserie „Moskau. Selbstportraits“ koordiniert das traditionelle Genre der Fotografie nicht nur mit dem räumlich-zeitlichen Segment des Fotografierens, sondern auch mit Zahlen, die von Nummern der Fotodateien selbst stammen. Diese Dateibezeichnungen beginnen seltsamerweise mit den vergangenen Jahren der meist vordigitalen Zeit des 20. Jahrhunderts. Wie beispielsweise mit 1952, 1961, 1993 usw. und führen weiter in die Zukunft des 21. Jahrhundert, die sie koordinieren: 2015, 2022
In der Serie „Goldene Linien“ (begonnen 1996) werden auf Fotos „verkehrs-geistige“ Strukturen darübergelegt, die visuell an U-Bahn-Netze und Sternzeichen erinnern, beziehungsweise im Bezug zu den uralten chinesischen Diagrammen einer daoistischen „Inneren Alchemie“, stehen.
Text: Andrei Monsatyrski, 2013
Übersetzung: Anna Ceeh
28.02 – 28.04.2013
Andrei Monastyrski ist, neben Ilya Kabakov, Dimitri Prigov und Vladimir Sorokin eine der zentralen Figuren der Konzeptkunst im spät- und postsowjetischen Russland.
Der Moskauer Konzeptualismus entstand Ende der Sechzigerjahre als inoffizielle künstlerische Praxis im sowjetischen Untergrund, mit Ausflügen auf das Land und Aktionen, die existenzielle Erfahrungen widerspiegelten. Die Ablehnung der offiziellen Kunst und die Selbstermächtigung als Künstler, die auch das Interpretationsprivileg des mächtigen Kulturapparates in Frage stellten, waren Teil auch eines politischen Konzeptes. Indem sie sich das Interpretationsprivileg, das allein der Kommunistischen Partei zustehen sollte, aneigneten und ironisch transformierten, wurden die Rollen der Kunst, der Künstler und ihr Verhältnis zu den Betrachtern, sowie deren eigene kreative Rolle im Handlungsganzen der Aktionen, befragt.
In einem weiteren Schritt wurden so auch die Fragen des Originals und der „sekundären Materialien“ (Fotografien von Aktionen, temporäre Objekte, aber auch szenografische Konzepte) zum Zentrum von Überlegungen. In einem Staat mit Versammlungsverboten wird die Thematisierung von Leere, von Alltäglichkeit und „gewöhnlichen“ Ereignissen, zu wesentlichen Strategien der ironischen Unterminierung von offiziellen Feststellungsgesten.
Andrei Monastyrski fasst 1980 rückblickend diesen Sachverhalt kurz zusammen: „In streng ästhetischem Sinne könnte man die (...) Aktionen als Versuche charakterisieren, die Wahrnehmung gewöhnlichen Erscheinens, Verschwindens, Sich-Entfernens, die Wahrnehmung gewöhnlichen Lichts, Klangs und so weiter, ungewöhnlich zu machen.“
Für die Ausstellung in der Charim Galerie hat Andrei Monastyrski diese Gedanken weitergeführt: „Ein zentrales Thema der Ausstellung ist die Wechselbeziehung der analogen und der digitalen Welt. Dabei geht es um die Dokumentation der analogen Ereignishaftigkeit, wie beispielsweise einer Performance im riesigen, verschneiten Landschaftsraum, die sich immer weiter verkleinert, bis sie schließlich auf einem winzigen Träger, mit nicht mal ein paar Gramm Gewicht, Platz hat. (Es handelt sich dabei um die Arbeit mit einer micro SD Memory Card und 2 Nilpferd-Schatullen). Das Digitale wird zum Lebensraum, einer Naturkraft, einem Ozean, in dem das Entstehen neuer Formen und neuer Arten der Existenz möglich ist.
Die Fotoserie „Moskau. Selbstportraits“ koordiniert das traditionelle Genre der Fotografie nicht nur mit dem räumlich-zeitlichen Segment des Fotografierens, sondern auch mit Zahlen, die von Nummern der Fotodateien selbst stammen. Diese Dateibezeichnungen beginnen seltsamerweise mit den vergangenen Jahren der meist vordigitalen Zeit des 20. Jahrhunderts. Wie beispielsweise mit 1952, 1961, 1993 usw. und führen weiter in die Zukunft des 21. Jahrhundert, die sie koordinieren: 2015, 2022
In der Serie „Goldene Linien“ (begonnen 1996) werden auf Fotos „verkehrs-geistige“ Strukturen darübergelegt, die visuell an U-Bahn-Netze und Sternzeichen erinnern, beziehungsweise im Bezug zu den uralten chinesischen Diagrammen einer daoistischen „Inneren Alchemie“, stehen.
Text: Andrei Monsatyrski, 2013
Übersetzung: Anna Ceeh