Charim

Erwin Bohatsch

25 Jan - 26 Feb 2011

© Erwin Bohatsch
o.T.12.2010
Öl, Acryl auf Leinwand
200 x 190 cm
ERWIN BOHATSCH
real
25.1. – 26.2. 2011

Die Realität der neuen Malereien in unserer Ausstellung zeigt das Malerische als eigenen Ereignisraum! Die Bilder sind real und konstituieren eine eigene Realität!
Diese Sätze haben den Charakter von apodiktischen Aussagen, deren unumstößliche Wahrheit befremden kann und die, im Hinblick auf künstlerische Erzeugnisse, auch etwas seltsam klingen mögen. Vielfach ist es lärmende Rethorik, die etwas, das uns unscheinbar, bekannt oder vielleicht sogar als unbedeutend erscheint, überhöhen soll und deshalb auch die Sache, von der sie vermeintlich spricht, übertönt. Ein Übermaß an Bedeutung zeigt sich dann dort, wo die Sache selbst schwächelt oder Interessen ins Spiel kommen, die uns von etwas überzeugen sollen, von dem wir nicht so recht überzeugt sind. Auch das Gegenteil, Stille und Kontemplation, könnten mit den Eingangssätzen eingefordert werden. Es wäre dann eine Art KunstHeiligkeit, die sich eine Sprache schafft, die uns an
Gläubigkeit gemahnt. Vernunftgewisse Menschen werden durch derartige Anmaßungen eher irritiert sein. Deshalb möchte ich kurz zeigen, dass sich das Malerische in unserer Ausstellung einfach sehen lässt. Nur wenige Einstellungen sind nötig, einer Adjustierung vergleichbar, mehr nicht.
„real“ : Erwin Bohatsch erkundet in seinen Malereien den Punkt größtmöglicher Verdichtung dessen, was ein Bild ist. Die Reduktion der Mittel geht dabei Hand in Hand mit der Ausdifferenzierung von Schattierungen in einem engen Spektrum von dunkelden Lasuren, kompakter Malerei, gestischen Linienschwüngen und abgesetzten Flächengrenzen, in die zuweilen Farbe hineinwirkt. Mag der erste Eindruck auch von Grau und Schwarzabtönungen bestimmt sein, eröffnen die Bilder, nachdem das Auge für Nuancen empfänglicher geworden ist, eine akzentuierte Farbigkeit innerhalb der gesetzten Grenzen.
Die neuen Malereien von Erwin Bohatsch sind das Resultat einer Art von malerischer Askese mit dem Ziel, durch die Verwendung eines Mindestmaßes an farblichem und stofflichem Einsatz, die Malereien in ihrer objekthaften Bildlichkeit vorzustellen. Die Malereien bilden keine Realität ab, sondern werden selbst zu autonomen Objekten, die einen eigenen Realitäts- und Bedeutungshorizont bedingen. Die Bilder sind real. Sie sind gleichsam distante, zum Stillstand gelangte Ereignisse, denen wir erst begegnen, und mit denen wir uns erst in ein Verhältnis setzen müssen. Wir benötigen lediglich ein Bewusstsein für Gegenwart, um in den Momenten der Begegnung den ereignishaften Charakter der Bilder zu erfahren. In diesem Sinn sind diese Malereien abstrakt. Sie ermöglichen Schauereignisse ohne dringliche Appelle an ein mögliches Verstehen, und ohne Nötigung, einen Sinn erkunden zu müssen.
Die Malereien und das dadurch bedingte Seh-Geschehen sind nicht psychologisch auf dem Hintergrund künstlerischer Subjektivität deutbar; sie illustrieren keine Sachverhalte und sind nicht abstrahierte Nachempfindungen von Objekten, Geschehnissen oder Empfindungen. In dieser Hinsicht sind die Malereien auch voraussetzungslos. Da die Bildobjekte nicht durch Naturvorgänge hervorgebracht wurden (Verwitterung, erstarrende Schmelzen, Ablagerungen, Musterbildungen, etc.), sondern Erzeugnisse sind, die einen Autor/Maler haben, wird das Malerische als Ereignisraum der Malerei sichtbar. Die Malereien sind nichts weiter als einzelne Konkretisierungen innerhalb dieses Möglichkeitsspektrums. Malereien sind auch in jenem Sinn abstrakt, als sie keine Subjekte sind die „sich“ zeigen, etwas behaupten, oder gar ein unergründliches Rätsel/Geheimnis darstellen. Es sind farblich gestaltete Objekte die uns Erfahrungen und Empfindungen ermöglichen, die wir weitestgehend sinnhaft erleben/deuten.
Die Malereien von Erwin Bohatsch sind einfach komplex, so wie dieser Text einfach ist. Schließlich soll den Malereien nichts hinzugefügt werden. Das lautlose Tönen der Sätze vor den Augen ist mehr einem Kammerton vergleichbar, der auf die Stille der Gegenwart aufmerksam macht, damit die Augen für die neuen Malereien empfänglicher werden.
 

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