Charim

Erwin Bohatsch

20 Nov 2013 - 26 Feb 2014

© Erwin Bohatsch
07.2013/08.2009
34 x 50 cm
Öl, Acryl auf Leinwand
ERWIN BOHATSCH
singles and doubles
20 November 2013 - 26 February 2014

Ein erster Blick in die Ausstellung mit neuen Malereien von Erwin Bohatsch mag überraschen: es sind vorwiegend kleine Formate und es sind Bilder, die in ungewohnter Weise lyrisch wirken. Sie sind in den letzten drei Jahren aus dem intensiven Nachdenken über Malerei entstanden, und die bewusste Beschränkung bot die Möglichkeit, Blick und Aufmerksamkeit auf Wesentliches zu konzentrieren.
Große Bilder sind oft einer, durchaus positiv zu bewertenden Überzeugungsrethorik verpflichtet, welche die „Wirkung“, das überzeugende, gelungene Werk, in den Vordergrund rückt. Das, was sichtbar ist, Farbe, Textur, Gesten und das BildObjekt selbst, verschmelzen so zu einer Gesamtwirkung, die das Malerische oftmals überstrahlt.

Das OffenSichtliche der neuen Werke von Erwin Bohatsch rückt in paradoxer Weise gerade das, für die Malerei seit je her bestimmende Unsichtbare, ins Blickfeld. Für die tradierte Verwendung von Malerei ist die Dinglichkeit – dargestellte Szenen, Handlungen, Objekte und dargestellte Personen – eine zentrale Funktion um als Zeugnis des Unsichtbaren gelten zu können. (Im Kontext religiös motivierter Darstellungen ist es das Bezeugen des Wirken Gottes). Das Verhältnis von Bildlichkeit, von Sichtbarem und Unsichtbarem, wirkte dann auch in die abstrakte Malerei hinein. Gerade weil abstrakte Kunst, von den Repräsentationspflichten befreit, nur den Eigengesetzen der Malerei verpflichtet ist, entstand aus dem Wiederhall dieses Weltverlustes eine weite Sphäre des existentialistisch deutbaren Numinosen.
Eine essentialistisch bestimmte Tiefenbedeutung der Kunst sollte, mit auratisch aufgeladenen, abstrakten und im white cube präsentierten Werken, als reine Emanation der Kunst selbst konkretisiert werden. Ein Schimmer von Kunstgläubigkeit umgibt deshalb abstrakte Werke, zumal Malereien, immer wieder. Ein wesentlicher Grund dafür liegt im OffenSichtlichen, im konkreten Da- und So-Sein von intentional gestalteten Objekten, aus denen sich kein darüberhinausweisender Sinn erschließen lässt; außer vielleicht ein Staunen, das uns auch naturgestaltete Dinge von ungewöhnlicher Form vermitteln.

Erwin Bohatsch wählt die „kleine Form“, um diesen ideengeschichtlichen Bezügen eine nur geringe Darstellungsfläche zu bieten, sie als semantisches Umgebungsrauschen gleichsam verklingen zu lassen. Seine Malereien wirken deshalb auch persönlicher, lyrischer und scheinen Notate und Studien zu sein, die ein Nachdenken über Malerei begleiten und fortführen. Indem er „es malen lässt“, mit interessiertem Blick auf das sich bildhaft Ereignende, entwickelt er aus dem Malen selbst heraus Gedanken in Form von Malereien. Erwin Bohatsch beherrscht das Malen: Setzung, Zufall, Geste, Textur und Verläufe sind ein Repertoire, über das er verfügt. Er scheint nun diese Herrschaft aufzugeben, ohne die Beherrschung zu verlieren. Er beherrscht sich, nimmt sich zurück und wird selbst zum Beobachter. Diese Zurückhaltung bringt uns seine Malerei in ungewohnter und intensiver Weise nahe und schafft so eine Offenheit, die auch das Sehen befreit. Das Unsichtbare ist nicht außerhalb des Malerischen situiert und die Bilder aktivieren die Rollen der Betrachter im Schwingungsgefüge malerischer Artikulationen. Malerei zeigt sich und lässt uns wieder etwas sehen, etwas, das wir nicht als Ausdruckswillen des Künstlers verstehen müssen, etwas, das wir nicht als Argument in der kunsttheoretischen Diskussion begreifen müssen, sondern etwas, das sich wieder erblicken lässt.
 

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