Charim

Ingrid Wiener und Rosa Barba

20 Feb - 14 Mar 2015

© Rosa Barba
Color Clocks: Verticals Lean Occasionally Consistently
Away from Viewpoints, 2012
Installation view at Turner Contemporary, Margate, UK
© Ingrid Wiener
Norden, 2010
Gobelin
12 x 50 x 35 cm
INGRID WIENER UND ROSA BARBA
Verdingte Wahrscheinlichkeit
20 Feruary - 14 March 2015

Rosa Barba

Vielleicht muss man es nicht eigens erwähnen, aber das Kernthema von Rosa Barbas Kunst ist die Zeit und die Zeitlichkeit. Immerhin ist ihr Hauptmedium der Film und auch alle anderen Genres, die sie nutzt, hängen auf diese oder jene Weise mit dem Film, seiner Geschichte und seinen Gattungen zusammen. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht indessen nicht, dass es sich um ein zeitbasiertes Medium handelt. Es geht vielmehr darum, wie die Zeitlichkeit durch Kunstwerke, die unterschiedliche Zeit- und Raumbegriffe ineinander weben, in den Raum übersetzt und somit sichtbar wird.

Die Raumwerdung zeitlicher Verhältnisse tritt bei Barbas Skulpturen mit 16mm-Filmprojektoren am deutlichsten zutage. Ob am Boden stehend, von der Decke hängend oder in einer Ecke kauernd – immer nehmen sie den Raum so in Beschlag, dass sich eine bildhauerische Qualität entfalten kann. Heute werden auf 16mm-Material gedrehte Filme digitalisiert und als Datei abgespielt. Dass Barba die Projektoren im Ausstellungsraum platziert, zeugt füglich von einer Beschäftigung mit historischen Aufführungstechniken. Ihre Projektoren projizieren jedoch nicht einfach Bilder. Sie kehren vielmehr die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt um, wodurch der Projektor sein eigener Zweck wird.

Ingrid Wiener

Der Vorgang des Webens ist für Ingrid Wiener die bestimmenste Komponente ihres künstlerischen Schaffens. Ihren Bezug zu Rosa Barba beschreibt sie demgemäß aus der Praxis des Webens. „ (...) Auch meine Arbeit erinnert an das Durchblicken Rosas durch die Kamera. Ich blicke durch meine Kettfäden und erfahre, dass dadurch die Welt plötzlich anders aussieht als vorher. Die Perspektive hat sich verändert. Fast wie bei einem Kaleidoskop. Alles wirkt viel kleiner und entfernt - es wird fremd. Daraus habe ich versucht die Kunst des Gobelinwebens auf eine neue Ebene zu bringen“.

Ingrid Wiener hat von Beginn an das Weben als künstlerisches Medium verwendet, durch welches das Sehen neu erfahrbar werden sollte. Es ist gerade diese „konventionelle“ Bildherstellungstechnik, die es ermöglicht, eine größtmögliche Differenz von Bildvorlage und (web-)technisch verfasster Bildlichkeit herzzustellen. Was in der Malerei durch die Thematisierung von Material, Farbauftrag, Leinwand, etc. zur Wahrnehmung von Bildern als konkrete, farblich gestaltete, dreidimensionale Objekte führen soll, ist bei Webbildern immer unmittelbar evident. Auch die Wahl der Vorlagen und die Komposition der Webstücke aus einzelnen Teilen zu einem Bildensemble, unterstreicht diesen Zusammenhang.

So entstanden in den Jahren durch die Zusammenarbeit mit Dieter Roth zahlreiche Gobelins und ein eigener, diesbezüglicher Werkkomplex der Korrespondenz. Für unsere Ausstellung entstanden neue Webstücke, wie beispielsweise ein Gewirr aus Kabeln, das zu einer abstrakten Erzählung von Verbindungen und Strukturen wird, oder dem biografischen Gewebe „Norden“. In diesem werden Erinnerungsspuren, geschichtliche Bezüge und visuelle Dokumente des verbrachten Lebens im Norden Kanadas, zu einem großen Webganzen. Und gleichlautend, wie im Bezug auf Rosa Barbas Arbeiten, lässt sich auch hier verdeutlichen, dass erzählerische und visuelle Inhalte zu verschiedenen fiktionalen Ebenen verwoben werden.
 

Tags: Rosa Barba, Dieter Roth, Ingrid Wiener