Eigen+Art

Martin Eder

04 May - 24 Aug 2013

MARTIN EDER
DIMENSIONS VARIABLE / Geist oder Leben, 1.
Galerie EIGEN + ART Leipzig
04.05. - 24.08.2013

Martin Eders Arbeit liest sich seit langem als codierte Ironie, melancholisches Zwischenstadium im Kosmos aus neuer Sachlichkeit, scharf zynischer Anti-Haltung und zeitgenössisch-figürlicher Malerei und Installation. Seine Arbeiten berühren thematisch die Pole von überlegter Ästhetik und vordergründiger Trivialität. Die kalte Betrachtung der Gegenwart mit ihren ergebnislosen Idyllen und Naivität in der fortschreitenden Banalisierung einer vereinheitlichten Gefühlswelt.

In Anlehnung an Platons Politea reflektiert Martin Eder in der aktuellen Ausstellung die Symbolik des Höhlenmotivs im Kontext gesellschaftlicher Lebensbereiche.

Zentrum der Ausstellung DIMENSIONS VARIABLE / Geist oder Leben, 1. von Martin Eder ist die skulpturale Installation Hallucination, die in ihrer gigantischen Dimension (7m x 6m x 7m) zum ersten Mal präsentiert wird.

Die Skulptur stellt mit ihrem Volumen von ca. 200 Kubikmeter einen riesigen, in seiner Bewegung eingefrorenen und in der Luft schwebenden schwarzen Brocken kurz vor dem Aufprall dar, der in seiner in Phänomenalität einem formal negativen Gegenpart einer Höhlenform entspricht. Die innere Form einer Höhle wird nach außen gekehrt.

Eine dünne Schicht trägt die abstrakte Form zu ihrem Ausmaß, so schwebt der gewaltige aufgeblasene Koloss über dem Boden.

DIMENSIONS VARIABLE / Geist oder Leben, 1.

Platons Höhlengleichnis ist wohl einer der wichtigsten Texte der abendländischen Philosophie. Die Höhle als Zeichenträger enthält grundlegende Aussagen zur Situation des Menschen in der Welt, auf seinem Weg der Befreiung, Bewusstwerdung und zur Erkenntnis.

Das Interesse sich zu verkriechen, zu verstecken; des Einzudringens oder zu erforschen ist eines der Urverhalten des Menschen und kann im übertragenen Sinne als eine beständige Auseinandersetzung mit seiner Umwelt gesehen werden.

Auf dem Weg zur wahrhaftigen Erkenntnis erliegt der Mensch immer wieder Andeutungen und Täuschungen, die ihm vom Eigentlichen und Wesentlichen abbringen. So lässt sich auch in der Gegenwart vielfach die Affinität zum Höhlenartigen erkennen.

Sei es die Untersuchung der Stirnhöhlen beim Arzt, das Heranwachsen eines Fötus in der Gebärmutterhöhle oder das Einrichten der genormten Familienhöhl(l)en durch einschlägige Möbelhäuser. Auch sexualbiologisch führt der Selbsterhaltungstrieb in die Höhle des Gegenübers. Gleichzeitig wird die triebhafte Begierde zu einem kommerziellen Produkt der Pornoindustrie.

So kann die Höhle interpretatorisch als Symbol des Geheimnisvollen, der Bedrohung und Erkenntnisferne, aber auch des Schutzes, der geistigen Entrückung und der Sexualität gesehen werden. Martin Eders Ideenbild der Negativhöhle als geometrischer Umkehrschluss befindet sich im Spannungsfeld der Abstraktion und Reflexion des menschlichen Seins und seiner Bedürfnisse.

“Da bin ich nun lachend zu meinesgleichen zurückgekehrt. Aber ihre Sorgen erreichen mich nicht mehr: in ihrer Mitte bin ich blind und taub. Nichts in mir lässt sich gebrauchen.“

(aus: Georges Bataille, Missgeschicke der Gegenwart, II Die Einsamkeit. 1941)
 

Tags: Martin Eder