Eva Winkeler

Matthias Meyer, Eske Schlüters

12 Apr - 21 May 2011

Installation view
MATTHIAS MEYER, ESKE SCHLÜTERS
La Double Distance
12 April – 21 May, 2011

Jemand, der mir über die Schulter blickt (ich vielleicht)*

Ein Schwarz. Das fehlende, das unmögliche Bild eines Spiegels. Sollte man versuchen einen Spiegel fotografisch oder filmisch festzuhalten, so bekommt man es mit sich selbst oder den Apparaten zu tun, die dieses Bild erzeugen. Man muss tricksen, das Medium, die Seite oder den Winkel verändern um ausschließlich ihn und nicht sich selbst zu sehen.
Ein dunkles Filmrauschen ist das erste was sich gegen dieses Schwarz absetzt. Es ist nicht einfach nur dunkles Rauschen, sondern die filmische Darstellung eines Blicks hinter einen Spiegel in Jean Cocteaus Le sang d’un Poete von 1930. Dieser und neun weitere Filme bildeten den Ausgangspunkt bei der Produktion der für fünf Projektionen gemeinsam konzipierten Arbeit “How I got caught in a trap by my own film” von Eske Schlüters und Matthias Meyer.
Glas, Wasser oder Quecksilber sind die Mittel, um einen Spiegel begehbar zu machen, die Projektion selbst bleibt hierbei undurchdringbar. Im Mittelpunkt von “How I got caught in a trap by my own film” stehen die Darstellungen und die Funktionsweisen von Spiegeln im Film, sowie deren Aneignung, Überarbeitung und Analyse: ein vom Double erzeugtes Spiegelbild, die Hand, deren Reflexion nicht passt, die eine oder die andere Hand. Figuren wandern durch Türen, Wände und Glas. Die Frage nach dem Ich und der Falle fächert sich in den Räumen auf und wird Bild für Bild abgetastet. Die Szenen kommunizieren neben deren linearer Montage auch durch ihre räumliche Anordnung miteinander und loten so ihren eigenen Aggregatzustand aus. Dazwischen ist das Subjekt und versucht das rückwärts auszusprechen, für das es kein Vorwärts gibt: Der Spiegel in der Reflexion seiner eigenen Darstellung.

Jemand, der mir über die Schulter blickt (ich vielleicht).*

Die von Matthias Meyer und Eske Schlüters ebenfalls gemeinsam entworfenen Objekte bestehen aus semitransparenten Spiegeldreiecken, die ähnlich einem Kartenhaus zu etwas fächerähnlichem aufgestellt sind.

Sie reflektieren und transportieren zugleich den perspektiv gestreuten Blick und ermöglichen den Blick über die Schulter zurück.

* Maurice Blanchot, “Wer” in: Das Neutrale, Zürich/Berlin 2008

Matthias Meyer jagt den Nullpunkt als Erzähler. Seine Geschichten lassen jede Handlung aus und reduzieren sich zur Atmosphäre. Seine räumlichen, fotografischen und filmischen Arbeiten verdichten eine unbewußte Dunkelheit, die sich aus einem kinematographischen Bildgedächtnis generiert und somit lesbar bleibt. Es sind geloopte Visionen voller Leere, deren Bezugsfeld sich vom Stummfilm der 20er Jahre bis zum Autorenfilm der 60er spannt. Seine Aktionen im Kunstbetrieb projizieren die blinden Flecken aus der Traumfabrik vice versa in die Realität. Ausstellungsräume werden Kinosäle ohne Film. Ein Symphonieorchester, das schläft. Ein amerikanischer Schauspieler, der einen Galerieschlüssel in Manhattan verlieren soll. Immer arbeitet Meyer als Ghostwriter zwischen den Headlines des Showbusiness, vermischt poetische Fiktion mit medialer Wirklichkeit. Ein konstantes Verschwinden, eine permanente Flüchtigkeit, ein geheimes Ein- und Ausblenden.
(Ingo Gerken)

Ausgangspunkt der filmischen Ein- und Mehrfachprojektionen von Eske Schlüters bilden zumeist »available facts« – Footage aus Spiel- und Autorenfilmen sowie philosophische und literarische Textzitate, Worte und Klänge – welche sie zu präzise inszenierten Gedankengebilden neu zusammenführt. Ihres ursprünglichen Kontextes entwendet, werden Bilder beiläufiger Posen, Gesten, Interieurs oder Landschaften mit mehrsprachig eingesprochenen Textpassagen kombiniert. In diesem Prozess entstehen filmisch-installative Reorganisationen unterschiedlichen thematischen Schwerpunkts, deren visuelle, akustische und textuellen Einzelelemente in symbolisch konzentrierte Bedeutungszusammenhänge gewendet werden.

(Eva Birkenstock)
 

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