Igor Chepikov
02 - 26 Sep 2010
IGOR CHEPIKOV
BAD OSSENDORF: WOMEN IN PRISON
02. - 26. September 2010
Gastausstellung im neuen kunstforum, Alteburger Wall 1, Köln
"When I seen these pictures, I was thinking,
that I am sad. Angry." (Frau in der JVA Ossendorf)
Da ist nichts von Fröhlichkeit in den Augen, die passen würde zur Pose und der äußeren Aufmachung. Die Kleidung, die gerade erst vom Friseur für den Fototermin hergerichteten Haare, der angelegte Schmuck und das Make-up verbergen nicht die Spuren, die das Leben in der Seele und auf der Haut hinterlassen hat: Traurigkeit spricht aus den Augen der porträtierten Frauen, die Haut zeugt gnadenlos von Drogenkonsum.
Gefangene Venus lautet zunächst der Titel des fotografischen Projekts, das Igor Chepikov 2005 startet: Zwischen Februar und November besucht er regelmäßig donnerstags für fünf bis sechs Stunden die Justizvollzugsanstalt (JVA) Ossendorf in Köln und porträtiert dort inhaftierte Frauen. Zu diesem Zweck streicht er eine Wand des für die Aufnahmen bereitgestellten Zimmers mit weißer Farbe an. 56 Porträts entstehen, schwarzweiß und farbig; ein fotografisches Werk, das Chepikov schließlich Bad Ossendorf betitelt, weil die JVA-Frauen ihre "Bleibe" selbst so benennen. Einerseits verweist dieser Name auf das englische "bad" (schlecht, böse, schlimm), andererseits ist es eine ironische Wendung, erinnert das "Bad" doch an Kurorte.
Igor Chepikov interessiert es, wie die inhaftierten Frauen mit dem Verlust ihrer Freiheit umgehen und was die Porträtaufnahmen in den Frauen auslösen können. Wie steht es um das Selbstbild in der Konfrontation mit dem fotografischen Bild, das ein Fremder macht? Vor allem aber: Was bedeutet "Schönheit" in der extremen Situation der Gefangenschaft, in einer Welt unter Frauen?
Scans von Niederschriften der porträtierten Frauen ergänzen die Ausstellung, die das Forum für Fotografie im neuen kunstforum zeigt. Grundlage dieser Texte ist ein Fragebogen, den Igor Chepikov angefertigt und den inhaftierten Frauen zum Ausfüllen überlassen hat. Teils über den Bezug zu dem Fragebogen hinausgehend, geben die Schriftstücke einen schonungslosen Einblick in die Befindlichkeit der Gefangenen.
"Eine spannende Erfahrung, die auch traurig macht", fasst Igor Chepikov sein Bad Ossendorf-Projekt zusammen. "Ich will zeigen, dass das Leben seine traurigen Seiten hat, die man nicht immer wahrnimmt."
Estella Kühmstedt
Stimmen aus der JVA Ossendorf:
"Heute habe ich die Fotos gesehen [...] und beim näheren Hinsehen überkam es mich dann. Ich war von einem auf den anderen Moment todtraurig. [...] Ich empfand meinen Gesichtsausdruck abgestumpft und seht traurig."
"Meine ersten Gedanken, als ich meine Fotos angesehen habe, waren erschreckend, weil ich mich seit meiner Inhaftierung zum Nachteil verändert habe. [...] Wenn meine sich Kinder diese Fotos angucken würden, dann würden sie sagen – nein, das ist nicht unsere Mutter, so wie wir sie kennen."
"'Schön' bedeutet für mich, wenn man natürlich bleibt und eine Ausstrahlung hat."
Igor Chepikov wird am 2. April 1963 in Moskau geboren. Er studiert zwischen 1981 und 1986 Architektur an der Hochschule für Architektur in Moskau. Da dort intensiv auch Kunstgeschichte und Zeichen gelehrt wird, betätigt sich der Diplom-Architekt im Anschluss an das Studium als freier Bildender Künstler. 1991 kommt er nach Köln, wo er bis heute lebt und arbeitet. 2001 findet der Künstler zur Fotografie: „Es gibt Dinge, die lassen sich besser fotografieren als malen, zum Beispiel Fleisch“, findet Chepikov und macht in einem Schlachthof Aufnahmen für sein erstes fotografisches Projekt The oppposite of life.
BAD OSSENDORF: WOMEN IN PRISON
02. - 26. September 2010
Gastausstellung im neuen kunstforum, Alteburger Wall 1, Köln
"When I seen these pictures, I was thinking,
that I am sad. Angry." (Frau in der JVA Ossendorf)
Da ist nichts von Fröhlichkeit in den Augen, die passen würde zur Pose und der äußeren Aufmachung. Die Kleidung, die gerade erst vom Friseur für den Fototermin hergerichteten Haare, der angelegte Schmuck und das Make-up verbergen nicht die Spuren, die das Leben in der Seele und auf der Haut hinterlassen hat: Traurigkeit spricht aus den Augen der porträtierten Frauen, die Haut zeugt gnadenlos von Drogenkonsum.
Gefangene Venus lautet zunächst der Titel des fotografischen Projekts, das Igor Chepikov 2005 startet: Zwischen Februar und November besucht er regelmäßig donnerstags für fünf bis sechs Stunden die Justizvollzugsanstalt (JVA) Ossendorf in Köln und porträtiert dort inhaftierte Frauen. Zu diesem Zweck streicht er eine Wand des für die Aufnahmen bereitgestellten Zimmers mit weißer Farbe an. 56 Porträts entstehen, schwarzweiß und farbig; ein fotografisches Werk, das Chepikov schließlich Bad Ossendorf betitelt, weil die JVA-Frauen ihre "Bleibe" selbst so benennen. Einerseits verweist dieser Name auf das englische "bad" (schlecht, böse, schlimm), andererseits ist es eine ironische Wendung, erinnert das "Bad" doch an Kurorte.
Igor Chepikov interessiert es, wie die inhaftierten Frauen mit dem Verlust ihrer Freiheit umgehen und was die Porträtaufnahmen in den Frauen auslösen können. Wie steht es um das Selbstbild in der Konfrontation mit dem fotografischen Bild, das ein Fremder macht? Vor allem aber: Was bedeutet "Schönheit" in der extremen Situation der Gefangenschaft, in einer Welt unter Frauen?
Scans von Niederschriften der porträtierten Frauen ergänzen die Ausstellung, die das Forum für Fotografie im neuen kunstforum zeigt. Grundlage dieser Texte ist ein Fragebogen, den Igor Chepikov angefertigt und den inhaftierten Frauen zum Ausfüllen überlassen hat. Teils über den Bezug zu dem Fragebogen hinausgehend, geben die Schriftstücke einen schonungslosen Einblick in die Befindlichkeit der Gefangenen.
"Eine spannende Erfahrung, die auch traurig macht", fasst Igor Chepikov sein Bad Ossendorf-Projekt zusammen. "Ich will zeigen, dass das Leben seine traurigen Seiten hat, die man nicht immer wahrnimmt."
Estella Kühmstedt
Stimmen aus der JVA Ossendorf:
"Heute habe ich die Fotos gesehen [...] und beim näheren Hinsehen überkam es mich dann. Ich war von einem auf den anderen Moment todtraurig. [...] Ich empfand meinen Gesichtsausdruck abgestumpft und seht traurig."
"Meine ersten Gedanken, als ich meine Fotos angesehen habe, waren erschreckend, weil ich mich seit meiner Inhaftierung zum Nachteil verändert habe. [...] Wenn meine sich Kinder diese Fotos angucken würden, dann würden sie sagen – nein, das ist nicht unsere Mutter, so wie wir sie kennen."
"'Schön' bedeutet für mich, wenn man natürlich bleibt und eine Ausstrahlung hat."
Igor Chepikov wird am 2. April 1963 in Moskau geboren. Er studiert zwischen 1981 und 1986 Architektur an der Hochschule für Architektur in Moskau. Da dort intensiv auch Kunstgeschichte und Zeichen gelehrt wird, betätigt sich der Diplom-Architekt im Anschluss an das Studium als freier Bildender Künstler. 1991 kommt er nach Köln, wo er bis heute lebt und arbeitet. 2001 findet der Künstler zur Fotografie: „Es gibt Dinge, die lassen sich besser fotografieren als malen, zum Beispiel Fleisch“, findet Chepikov und macht in einem Schlachthof Aufnahmen für sein erstes fotografisches Projekt The oppposite of life.