Amelie von Wulffen
07 May - 21 Jun 2008
AMELIE VON WULFFEN
"Chucky und die Silberdistel"
Eröffnung 6.05.2008
Ausstellungsdauer 7.05.2008 - 21.06.2008
Amelie von Wulffen präsentiert ihre großformatigen Collagen aus fotografierten Interieurs, gemalten Bildräumen, amorphen Farbschlieren und Porträts unter dem Titel Chucky und die Silberdistel, eine unverkennbare Referenz auf den Film Chucky die Mörderpuppe. Fast filmisch wirkt auch die Erzählung der Ausstellung, in der ein verstörtes kleines Mädchen die Protagonistin ist, die durch unwirkliche Räume geistert, eine artifizielle Figur, die einer älteren Zeichnung entsprungen zu sein scheint.
Einige Fotografien zeigen Wohnräume mit klassisch konservativen Einrichtungsgegenständen aus verschiedenen Zeiten, die bruchlos neben einander gestellt sind. Obwohl die Dinge mit Familienerinnerungen befrachtet sind und ihnen offensichtlich ein gewisser Wert beigemessen wird – sie dienen der Selbstvergewisserung und Bestätigung der gesellschaftlichen Position –, erscheinen sie mehr abgelegt als liebevoll wohnlich arrangiert. Diese Abstellkammern für Erinnerungsfragmente erinnern an die collagierten Interieurs von Max Ernst zu Une semaine de bonté, in denen die Dinge ein unheimliches Eigenleben entwickeln.
Amelie von Wulffen zoomt aus den Fotografien dort schon vorhandene Bilder näher heran, löst sie aus ihrer Zeit und Umgebung, wodurch sie allgemeiner und irrealer werden. Die Erzählung von der funktionierenden Familie und guter Herkunft wird unterbrochen, die dahinter liegende Narration zum Vorschein gebracht und überzeichnet. So zeigt sie ein Doppelporträt ihrer Schwester, die ein mit der Familie befreundeter Künstler in den 1970er Jahren mit sicherem Strich als kleine, puppenhafte Frau skizziert hat. In seiner Zeichnung wird dem Mädchen das Kindsein vorenthalten. Diesem Blick auf eine Kindheit hält Amelie von Wulffen ihre eigene Sichtweise entgegen, indem sie das Bild noch einmal zeichnet und sich erneut aneignet.
Eine blau grün schimmernd gemalte Silberdistel zeugt wie die fast kitschige Farbgebung der Bilder von ihrem Interesse an populärer Kunst. Dabei bedient sie sich aus einem Pool nicht so guter Kunst der Nachkriegszeit, etwa bei Celestino Piatti, der Bücher des Deutschen Taschenbuch Verlags illustriert hat. Die Muffigkeit deutscher Malerei und Illustrationen nach 1945 ist auch in dem Verlust durch Emigration und Ermordung vieler bedeutender Künstlerinnen und Künstler begründet und in dem Verschweigen, mit dem die Inhaltslosigkeit der expressiven Abstraktion Hand in Hand geht. Indem Amelie von Wulffen diese eher unangenehmen Ästhetiken neu formuliert, kann sie Verdrängtes verarbeiten und analysieren, zumal diese dem Alltag und der Wohnkultur entlehnten Bilder für sie und Andere nicht weniger prägend waren, als die kanonisierten Werke der Kunstgeschichte.
Amelie von Wulffens Arbeiten sind mit Miroslav Tichys zeichnerisch bearbeiteten Fotografien vergleichbar. Jedoch geht es bei ihr um ein Gesamtkonzept, in dem die Fotografien, Malerei und Präsentationsweisen gleichwertige Elemente sind. Ihr Malduktus ist direkt und offen, sie engt die Motive und die abstrakten Marmorierungen oder Ornamente nicht ein. Vielmehr lässt sie Raum für zufällige Formen. Die beispielsweise an Gustave Moreau und seine frühen Abstraktionen erinnernden Farbschlieren, Tropfen und Flecken, die die Zeit auf alten Fotos und in Büchern hinterlassen haben könnte, werden vergrößert, gleichsam überinszeniert. Obwohl sich ein unverwechselbarer „Stil“ herausgebildet hat, ist ihre Malweise immer eine angeeignete. Sie ist nie gestisch in einem expressiv authentischen Sinn, sondern immer eine reflektierte Auseinandersetzung mit Malerei, Zeichnung und Fotografie.
"Chucky und die Silberdistel"
Eröffnung 6.05.2008
Ausstellungsdauer 7.05.2008 - 21.06.2008
Amelie von Wulffen präsentiert ihre großformatigen Collagen aus fotografierten Interieurs, gemalten Bildräumen, amorphen Farbschlieren und Porträts unter dem Titel Chucky und die Silberdistel, eine unverkennbare Referenz auf den Film Chucky die Mörderpuppe. Fast filmisch wirkt auch die Erzählung der Ausstellung, in der ein verstörtes kleines Mädchen die Protagonistin ist, die durch unwirkliche Räume geistert, eine artifizielle Figur, die einer älteren Zeichnung entsprungen zu sein scheint.
Einige Fotografien zeigen Wohnräume mit klassisch konservativen Einrichtungsgegenständen aus verschiedenen Zeiten, die bruchlos neben einander gestellt sind. Obwohl die Dinge mit Familienerinnerungen befrachtet sind und ihnen offensichtlich ein gewisser Wert beigemessen wird – sie dienen der Selbstvergewisserung und Bestätigung der gesellschaftlichen Position –, erscheinen sie mehr abgelegt als liebevoll wohnlich arrangiert. Diese Abstellkammern für Erinnerungsfragmente erinnern an die collagierten Interieurs von Max Ernst zu Une semaine de bonté, in denen die Dinge ein unheimliches Eigenleben entwickeln.
Amelie von Wulffen zoomt aus den Fotografien dort schon vorhandene Bilder näher heran, löst sie aus ihrer Zeit und Umgebung, wodurch sie allgemeiner und irrealer werden. Die Erzählung von der funktionierenden Familie und guter Herkunft wird unterbrochen, die dahinter liegende Narration zum Vorschein gebracht und überzeichnet. So zeigt sie ein Doppelporträt ihrer Schwester, die ein mit der Familie befreundeter Künstler in den 1970er Jahren mit sicherem Strich als kleine, puppenhafte Frau skizziert hat. In seiner Zeichnung wird dem Mädchen das Kindsein vorenthalten. Diesem Blick auf eine Kindheit hält Amelie von Wulffen ihre eigene Sichtweise entgegen, indem sie das Bild noch einmal zeichnet und sich erneut aneignet.
Eine blau grün schimmernd gemalte Silberdistel zeugt wie die fast kitschige Farbgebung der Bilder von ihrem Interesse an populärer Kunst. Dabei bedient sie sich aus einem Pool nicht so guter Kunst der Nachkriegszeit, etwa bei Celestino Piatti, der Bücher des Deutschen Taschenbuch Verlags illustriert hat. Die Muffigkeit deutscher Malerei und Illustrationen nach 1945 ist auch in dem Verlust durch Emigration und Ermordung vieler bedeutender Künstlerinnen und Künstler begründet und in dem Verschweigen, mit dem die Inhaltslosigkeit der expressiven Abstraktion Hand in Hand geht. Indem Amelie von Wulffen diese eher unangenehmen Ästhetiken neu formuliert, kann sie Verdrängtes verarbeiten und analysieren, zumal diese dem Alltag und der Wohnkultur entlehnten Bilder für sie und Andere nicht weniger prägend waren, als die kanonisierten Werke der Kunstgeschichte.
Amelie von Wulffens Arbeiten sind mit Miroslav Tichys zeichnerisch bearbeiteten Fotografien vergleichbar. Jedoch geht es bei ihr um ein Gesamtkonzept, in dem die Fotografien, Malerei und Präsentationsweisen gleichwertige Elemente sind. Ihr Malduktus ist direkt und offen, sie engt die Motive und die abstrakten Marmorierungen oder Ornamente nicht ein. Vielmehr lässt sie Raum für zufällige Formen. Die beispielsweise an Gustave Moreau und seine frühen Abstraktionen erinnernden Farbschlieren, Tropfen und Flecken, die die Zeit auf alten Fotos und in Büchern hinterlassen haben könnte, werden vergrößert, gleichsam überinszeniert. Obwohl sich ein unverwechselbarer „Stil“ herausgebildet hat, ist ihre Malweise immer eine angeeignete. Sie ist nie gestisch in einem expressiv authentischen Sinn, sondern immer eine reflektierte Auseinandersetzung mit Malerei, Zeichnung und Fotografie.