Gabriele Senn

Hans Weigand

16 Nov 2012 - 12 Jan 2013

© Hans Weigand
O.T., 2012
Metall, Holz, Styrodur, Aluminumfarbe
190 x 190 x 190 cm
HANS WEIGAND
16.11.2012 - 12.01.2013

Hans Weigand beschäftigte sich in seinen Malcollagen und Panoramen der letzten Jahre mit dystopisch gewendeten Freiheitsversprechungen des kalifornischen Traums. Seine psychedelisch verdüsterten, übermalten und meist großformatigen Druckgrafiken transferieren Brandung und Board, die zentralen Topoi der Westcoast-Surfromantik, in eine postapokalyptisch wirkende Küstenlandschaft.
Viele Wege führen durch diese Territorien, manche entwickeln sich zu formalen und inhaltlichen Hauptverkehrsadern, andere zu nur schwer begehbaren Pfaden. Das Fluide besetzt dabei zweifelsfrei, in der Ikonografie der Weigandschen Bildwelt, in vielerlei Form, eine zentrale Position. Dies vor allem als Urelement eines ambivalent zwischen sunshine und noir skizzierten Gesellschaftsbildes.
Wer die Arbeit des Künstlers kennt und dann die Ausstellung mit diesem Bewusstsein betritt, wird sich gleichermaßen zu Hause wie befremdet fühlen. Er/Sie trifft zwar einerseits auf jenes im Weigandschen Paralleluniversum vertraute Motiv der Welle, des Fluiden,- als Symbol menschlicher Existenz, - dem visuellen Overkill der großen Panoramen der letzten Jahre folgt jedoch,- einem Entzugmodus gleich- die Erhellung des Details.
Dabei schließt Weigand an das Ukiyo-e, die vergänglich fließende Welle, des japanischen Holzschnittes an. Visualisierung des Verborgenen und die Literarisierung des Bildes fallen zusammen. Über die Erhellung des Details ereignet sich jene Benjaminsche Zerstörung von Aura, die den neuen Blick hervorbringt, solchermaßen das Medium der Malerei ins Verhältnis setzt und neu definiert.
Der „Erhellung des Details“ folgt jedoch im Weigandschen Universum naturgemäß die „Hölle des Details“. Das Bild der Hölle bezeichnet dabei jenen Vorgang, bei dem die sichtbaren Konturen und Bilder dieser Wogen sich in die reine Materialität der Oberfläche, bzw. in Hell-und Dunkelstrukturen auflösen. Genau jenen Moment also, in dem die Formulierbarkeit der verborgenen Bildwelten in die absolute Unkenntlichkeit umkippt. Es ist jener Schrecken des Details den Walter Benjamin mit dem Begriff „Chock“ markiert und Antonioni in „Blow up“ inszeniert.
Weigands Bild– und Objektassoziationen zu unserer fraktalen Gegenwart machen klar, dass kein Fraktal dem anderen gleicht, so wie keine Welle zweimal existiert. Diese von den Psychedelikern idolisierte Irritation der Wahrnehmung erweitert Weigand auf ganz spezifische Weise, mit seinen irrisierenden „Wellenbrechern“ in den Bereich der körperlichen Erfahrbarkeit.
Als akkumulative Objektekstase intervenieren diese, mit der Aura von Gebrauchsrealität versehenen, Versatzstücke in den Raum und zwingen den/die Betrachter/in sich ins Verhältnis zu setzen, bisweilen selbst „Hand anzulegen“. Einmal mehr versteht der Künstler Pop und Endzeit in ein psychedelisches Vexierbild zu bannen – eines, das die eigene Verblendung nicht mutwillig ausblendet. Ein weiterer Weigandscher Paradefall polymorpher Übersetzungskunst bzw. Umstülpungen von Innen- und Außenwelt. Ein weiteres „Free-Form Freak-Out“.
 

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