Gabriele Senn

Michael Riedel

20 Nov 2013 - 11 Jan 2014

© Michael Riedel
MICHAEL RIEDEL
20 November 2013 – 11 January 2014

Anfang der weitergeleiteten E-Mail:
Von: Michael Riedel <mr@michaelsriedel.de>
Datum: 11. November 2013 16:47:31 MEZ
An: Gabriele Senn <office@galeriesenn.at>
Betreff: Ausstellung

Liebe Gabi,
ich nehme an Du freust Dich zum sechsten Mal über die Ausstellung mit mir in Deiner Galerie. Ich freue mich auch. Die Ausstellung hat diesmal keinen Titel.
Die Liste der Werke ist Untitled (Riesenalk), Untitled (New Jerseyy) und Untitled (Richard Prince), alle 2013, teils Siebdruck, teils Digitaldruck und Aufkleber auf säurefreiem Archivkarton. Für hinter die Theke schicke ich Dir zwei verschiedene CMYK Editionen mit, Untitled (Der Meister von Flémalle, 2009) und Untitled (Made in Germany Zwei, 2012) mit den dazugehörigen Publikationen.

Ähnlich unserem Stand auf der ABC Messe in Berlin vor einigen Wochen (ich habe Wolfgang Tilmanns in London getroffen und mit ihm gesprochen, nachdem Du mir erzählt hast, er habe Fotos vom Stand gemacht), werde ich auch die Galeriewände diesmal mit Postern tapezieren und damit eine Auswahl der fortlaufenden Posterproduktion zeigen. Die Poster entstehen zunächst als Begleitmaterial zur Ausstellung. Untitled (Richard Prince), Du erinnerst Dich, ist das Ausstellungsposter meiner letzten Austellung 2011 bei Dir gewesen. Der darauf veröffentlichte Text Richard Prince ist ein Gespräch von Marcel Bugiel, Yilmaz Dziewior, Steffen Jobst und Wilfried Kühn, um den zur Ausstellung „So machen wir es – Techniken und Ästhetiken der Aneignung“ (Kunsthaus Bregenz, 2011) gewünschten Katalogtext zu produzieren. Ich selbst habe den Text, der am 28.02.2011 aufgenommen wurde (58 Minuten), nicht gelesen. Im Katalog der Bregenzer Ausstellung habe ich ihn unter dem Titel René Pollesch veröffentlicht und da er erwartungsgemäß zu lang geworden ist, wurde mit Yilmaz vereinbart, statt ihn zu kürzen, die Schriftgröße zu verkleinern. Insofern wirkt der Text im Katalog etwas komisch.
Untitled (New Jerseyy) ist ein Poster, das bereits 2009 entstand, also lange bevor ich angefangen habe, die Poster als Fläche zusammenzusetzen. Es kündigt die Präsentation der Publikation Meckert bei New Jerseyy in Basel an. Daniel Baumann hatte mich eingeladen und ich habe dort eine frühe Version des Vortrags „8 Kunst & Publikation“ gehalten, der dann mein Standardvortrag geworden ist und den Kurzschluß zwischen dem System Kunst und dem Kunstsystem hervorragend demonstriert. Die Publikation Perlstein ließ sich daraus ableiten und nicht zuletzt brachte es die ganze PowerPoint Geschichte ins Rollen. Der Text auf dem Poster entspricht meinem Umgang mit Textmaterial aus dem Internet zu der Zeit und stammt von der Website http://www.artfacts.net/de/ausstellungen/index.html. Hier wird tatsächlich der Versuch unternommen, alle Ausstellungen weltweit aufzulisten. Unter den 2144 Einträgen findet auch die Präsentation bei New Jerseyy unter Basel, Schweiz Erwähnung. Österreich liegt hinter einem der schwarzen graphischen Elemente, die bei der seriellen Anordnung der Poster später das Ornamenthafte ausmachen und für die gewünschte Komplexität sorgen und den Rhythmus vorgeben, der ja bekanntlich immer recht hat.

Auf weiteren Postern in der Ausstellung sind Textproduktionen zu sehen, die neben den Sprachtranskriptionen und den Select All–Copy–Paste–Print Funktionen, auch die Neuordnung bestehender Texte in alphabetischer Reihenfolge wiedergeben oder einfach mit Spracherkennungsprogrammen geschrieben sind. Aktuell ist dies das Poster für meine Ausstellung im Palais de Tokyo (Paris), wo die Installation Jacques comité (Giacometti) den Abbau einer Giacometti Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle zur Grundlage hat. Im Pressetext heißt es hierzu: „Riedel created his O-text using a voice recognition program to transform the sounds produced during the de-install of Giacometti: The Playing Fields. The text generated is indecipherable according to Word – ‘There are too many grammatical errors in O.dox to continue to displaying them’. The O-text suggests dislocation and displacement and reflects, in a sense, the handling of works of art subject to continual international travel and relocation.“ Der so genannte O-Text, der in der Installation wie auch auf dem Poster erscheint, ist ein Text, in dem 4073 Os markiert und dann vergrößert sind – Graphik als Event. Eine weitere Version der Installation präsentiert sich im März 2014 an gleicher Stelle nachdem der Philppie Parreno Wahnsinn dort vorüber ist.

Im Unterschied dazu ist Untitled (Riesenalk) aus einer anderen Perspektive produziert. Untitled (Riesenalk) ist ein weiteres Werk in einer Reihe die ich 2010 begonnen habe und selbst als Illustrationen bezeichne. Hier illustriere ich meine fortlaufenden Produktionen der Poster, Poster Paintings und PowerPoint Paintings. Der Riesenalk ist ein Vogel, der irgendwann ausgerottet wurde und so arrangiert derzeit im Senckenberg Museum in Frankfurt steht. Die Abbildung zeigt das Skelett und das Ei dieser Art – Ende und Anfang als sich schließender Kreislauf ­– und den Schatten den der Vorgang wirft. Ich selbst habe das Buch, dem ich die Seite entnommen habe, im Müll gefunden. Darin war auch die Abbildung eines Fossils, das ich bereits 2007 (?) mit Edding bemalt aber jetzt erst verwendet habe für das Cover des Albums Top of the Pops der Band Art Brut. Für Untitled (Riesenalk) habe ich es vorgezogen eine komplexere Beschriftung zu wählen, als nur eine Farbe. Die Plastiktüte von Blick - art material wurde mir beim Einkauf von Kunstmaterial in New York gegeben. Beim Einscannen der Tüte sind leider ein paar Details verloren gegangen, die ich gerne gezeigt hätte, wie zum Beispiel die Werbung des Farbenherstellers Van Gogh, mit dem das Logo ergänzenden Slogan The pleasure of Paint. Es bleiben trotzdem genug Begriffe wie Blick, www.dickblick.com, multiple locations, prevent breathing, die mir in vielerlei Hinsicht gefallen. Und nicht zuletzt thematisiert die Farbpalette Malerei, ohne zu sagen was eigentlich gemalt wird und viele Anschlussmöglichkeiten offen lässt.
Beste Grüße
Michael

PS.: Plastik wird generell durch schrittweises Aneinanderfügen von Monomeren zu langen Ketten – den Polymeren – hergestellt. Das sie in der Regel keine Verbindung zu organischen Stoffen eingehen, wurde lange als Vorteil angesehen. Mittlerweile gibt es schätzungsweise sechs mal mehr Kunststoffe im Meer als Plankton.
 

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