Carte Blanche
26 Jan - 24 Mar 2008
Tobias Rehberger, Rosemarie Trockel, Jorge Pardo, Andreas Gursky, Louise Lawler, Hanno Otten, Hans Brosch, Neo Rauch, Rafał Bujnowski, Kristina Leko, Jakub Ferri, Matthias Hoch, Hans-Christian Schink, Thilo Kühne, Olaf Nicolai, Martin Eder, Christine Hill, Oliver Kossack, Matthias Weischer, Mark Lombardi, Julius Popp, Muntean & Rosenblum, Donald Judd
Die erste Ausstellung der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig 2008 liefert einen Einstieg in das Schwerpunktthema 2008 und 2009: privates Engagement in der Kunst. Zehn TeilnehmerInnen aus der Wirtschaft und Privatpersonen führen über zwei Jahre im Projekt >Carte Blanche< modellhaft ihre Form des Einsatzes für die Kunst vor.
Die Struktur der Einführungsausstellung folgt einem Schlagwortsystem, wie wir es von Suchmaschinen aus dem Internet kennen. Ausgehend von der Berichterstattung rund um >Carte Blanche< wurden nach diesem Prinzip Schlagwörter ermittelt. Dabei rücken Begriffe und Namen, die weit auseinander zu liegen scheinen, nebeneinander, wie „Museumskonzern“ neben „Stiftungen“, „Kunst“ neben „Kapital“, „Förderung“ und „Mäzenatentum“ neben „Sponsoring“, „Ökonomisierung“ und „Kritik“.
Auch in der Auswahl der Werke, die von den an >Carte Blanche< Beteiligten als Leihgaben zur Verfügung gestellt werden, fokussieren wir auf verschiedenen Ebenen Beziehungen zwischen Ökonomie und Kunst: Rosemarie Trockels „Das Capital (Alice in Wonderland)“ (Sammlung Schmidt), Christine Hills „Services Slogans“ (Sachsen LB) und Jakup Ferris „Save me, help me...“ (alpha 2000) verweisen auf die ökonomische Situation der KünstlerInnen zwischen Anbiederung und Selbstausbeutung. Andreas Gurskys „Hauptversammlung (Regierung der Welt durch das Kapital)“, Hanno Ottens „Gedichte der Fakten“ (beide Sammlung Oetker) und Mark Lombardi (Dogenhaus Galerie) widmen sich ökonomischen Verflechtungen bis hin zu Verschwörungstheorien. Neo Rauch, Matthias Weischer, Martin Eder (Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft, Sachsen LB und Galerie EIGEN+ART) sowie Muntean & Rosenblum (Sammlung Janucek) stehen mit ihren Arbeiten für einen künstlerischen und ökonomischen Erfolg auf dem Kunstmarkt. Eine Auseinandersetzung mit Oberflächen, Konsumismus und Werbung findet sich bei Olaf Nicolai (Galerie EIGEN+ART), Matthias Hoch (Dogenhaus Galerie, VNG Verbundnetzgas AG), während Rafał Bujnowski Malerei als standardisierte Massenproduktion (alpha 2000) thematisiert.
Der Titel >Friendly enemies< (Freundliche Feinde) bezieht sich auf einen Text von Chantal Mouffe mit dem Titel „The Democratic Paradox“ (2000) und meint: Man ist Freund, weil man einen gemeinsamen symbolischen Raum teilt, aber zugleich Feind, weil man diesen symbolischen Raum unterschiedlich organisieren will. Dies kann auf die verschiedenen AkteurInnen im Kunstbereich übertragen werden, auch wenn die Rollenverteilung längst nicht mehr so klar ist.
Mit >Freundliche Feinde< beginnt auch das Projekt >GfZK-3< von Andreja Hribernik und Olaf Matthes.
Das Projekt versteht sich als Reaktion auf die zunehmende Bedeutung neuer Technologien für Wahrnehmung und Kommunikation, die integraler Bestandteil des täglichen Lebens geworden sind. >GfZK-3< versucht, neue Wege der Vermittlung von Kunst zu beschreiten und gleichzeitig den selektiven Geschmack und die Interessen jedes Einzelnen zu respektieren.
Der erste Teil des Projekts ist interaktiv orientiert. Parallel zu >Carte Blanche< wird nach und nach eine umfangreiche Datenbank aufgebaut, die Informationen über die ausgestellten Kunstwerke, deren EigentümerInnen und die KünstlerInnen enthält und Raum zur Diskussion bietet. Presseberichte, Meinungen von BesucherInnen, Stellungnahmen der KuratorInnen öffnen unterschiedliche Perspektiven. Es werden verschiedenste Formate genutzt, Texte, Audio-Aufnahmen, Videos und Fotografien. Die Menge der Informationen ist nach Schlüsselwörtern geordnet und abrufbar. Dabei wollen wir eine Technologie nutzen, die fast jeder kennt und nutzt: das Mobiltelefon. Ein für dieses Projekt entwickeltes Vermittlungskonzept lässt über das Mobiltelefon zusätzliche, vertiefende Informationen zu den Schlüsselbegriffen und den ausgestellten Kunstwerken abrufen. BesucherInnen können sich so auch zu Hause in einzelne Aspekte der Ausstellung vertiefen.