Gisela Capitain

Keep passing the open windows or Happiness

20 Sep - 27 Oct 2006

KEEP PASSING THE OPEN WINDOWS OR HAPPINESS

September 20 2006 - October 27 2006
Eröffnung Dienstag 19 September 2006
Performance von Ei Arakawa um 19.30 h in der Galerie.

Agnieszka Brzezanska (Warsaw)
Ei Arakawa (NY)
Charlie Hammond (Glasgow)
Edwin Laliq (London)
Megan Sullivan (Berlin)
Martin Soto Climent (Mexico City)
Steven Claydon (London)
Christopher Williams (LA)
Kurator Anke Kempkes
Projekt:
Zoe Leonard (NY)
Untitled (Paris)
1989-90

Anlässlich der Eröffnung der neuen Räume der Galerie Gisela Capitain laden wir Sie herzlich zu der internationalen Gruppenausstellung Keep passing the open windows or Happiness ein.
Die eingeladenen Künstler stehen in einem Kontext neuer ästhetischer, sozialer und intellektueller Verbindungen zwischen den USA und Europa, die Achse des Cross-Kontinentalen, die immer entscheidend war für das Programm von Gisela Capitain und auch aktuell das neue Programm von BROADWAY 1602 in New York charakterisiert, vor einem Jahr gegründet von der Kuratorin dieser Ausstellung, Anke Kempkes.
Während die meisten Künstler aus einem sehr aktuellen Zusammenhang kommen, verbindet Christopher Williams und Zoe Leonard eine längere Geschichte mit der Galerie.
Source: The Photographic Archive, John F. Kennedy Library von 1981 ist eine der frühen konzeptuellen Photoarbeiten von Christopher Williams.
Die fünfteilige Arbeit wird zum erstemal in der Galerie gezeigt. Das Bildmaterial ist appropiiert aus dem Kennedy Library Archiv. Die Bedingungen der Auswahl waren, dass die Archivbilder vom 10. May 1963 sein sollten und den amerikanischen Präsidenten immer nur von hinten zeigen durften. Die gewählten Motive zeigen Kennedy in seinem Privathaus bei einem Empfang von Journalisten. Die Aufnahmen geben einen beunruhigenden und filmhaften Einblick in die private Sphäre des notorisch legendären politischen Medienstars kurz vor seiner Ermordung im Novemver ‘63.
“Der Betrachter wird zuerst die Abbildungen an sich und ihren ästhetischen Aspekt wahrnehmen. Er wird Kennedy “erkennen” und, sofern er seine Auftritte in den 50er und 60er Jahren verfolgt hat, diese Information mit seinen Erinnerungen (Sentimentalitaet) füllen: Kennedy als Reformer, Kennedy als gutbuergeerlischer, junger Hausvater.....Wer realisiert, dass der Betrachter Kennedy aus derselben Perspektiven sieht wie ihn sein Mörder gesehen hat? Wer sieht in diesen Bildern den verspäteten Konquistador, der den Apparat des Weissen Hauses beauftragte, Vietnam für die Amerikaner zu sichern, der als US-Präsident, als Weltherrscher den Anfang eines Massakers einläutete?” (Harm Lux, 1989)
Der fünfte Teil der Arbeit zeigt in einer schildartigen Rahmung und Hängung einen Umschlag und eine Ankündigungskarte von 1983 mit einem Text, der von Christopher Williams und Mark Stahl formuliert wurde. Er handelt vom Transportschicksal der Kennedy-Arbeit, die nach einer Ausstellung in der Wiener Secession im Warenhaus der kalifornischen US Zollbehörde hängengeblieben war und dort schließlich zur Versteigerung angeboten wurde.
Die polnische Künstlerin Agnieszka Brzezanska ist mit Malerei und Photographie in der Ausstellung vertreten. Ihr grossformatiges Bild Oriana Fallaci (1996-2006) zeigt einen Frauenkopf von hinten mit einem schematisiert-ornamentalen Haar-Arrangement. Das Motiv changiert wie die anderen Bilder in der Ausstellung zwischen Abstraktion und Figuration. Die meisten Bilder von 2006 sind Übermalungen früherer Arbeiten der Künstlerin. Die gerade verstorbene legendäre Journalistin Oriana Fallaci vertrat, geprägt von der Erfahrung des Faschismus unter Mussolini, einen kompromisslosen konfrontativen Interviewstil. Sie war Kriegsberichterstatterin in Vietnam, hat zahlreiche hochrangige und oft umstrittene politische Persönlichkeiten getroffen und interviewt, wie Yassir Arafat, Deng Xiaoping, Ayatollah Chomeini, Henry Kissinger, Willy Brandt und viele andere. Sie hat sich in Kontroversen eingemischt, wie die weltweite Abtreibungsdebatte in den 70er Jahren und die These vertreten, dass Pier Paolo Pasolini nicht von einem Stricherjungen ermordet wurde sondern von einem rechtsradikalen Schlägertrupp, wofür sie sich einer Gefängnisstrafe unterziehen musste.
Weitere Bilder von Brzezanska zeigen zwischen abtrakten Portraits und dynamischen, modernistisch anmutenden und zugleich unorthodoxen Formspielen figurative Versatzstücke, die an politische Wandmalereien aus den 50er Jahren erinnern. Die beiden Photographien Varsovia I und II sind Aufnahmen von einem kommunistischen Wandgemälde in einer Musikschule in Warschau, die den propagandistisch aufgeladenen Wiederaufbau der Stadt zeigen.
Der in New York lebende Performance Künstler Ei Arakawa wird am Eröffnungsabend die Performance Eurovision 2006 as Reconstruction Mood mit Mari Mukai und fünf weiteren Teilnehmerinnen aus Köln präsentieren.
Zu einem 30 min. langem Soundtrack von Songs des 1956 gegründeten Grand Prix d’ Eurovision de la Chanson werden die Performer Baumaterialien aus einem der Fenster der Galerie nach draussen auf die Strasse heben. Dort wird ein Fragment einer Bühne gebaut und schliesslich wieder demontiert. Die übrig bleibenden Teile werden durch das Fenster in den Galerieraum zurück gereicht und aufgestapelt zu einer bleibenden Installation. Die Länge des Soundtrackes determiniert die Dauer der Aktion.
Die Idee geht zurück auf eine frühere Performance, die Arakawa bei Reena Spaulings in New York 2004 realisiert hatte, damals zu der Musik der japanischen Popsängerin Yuming.
Der in Glasgow lebende Künstler Charlie Hammond zeigt zwei Bilder Chance Domesticated, 2005 und After Eating Bad Horsemeat sowie eine Skulptur Untitled aus dem Jahr 2006. Hammonds Marble-Faces sind groteske Fratzen mit subtilen Charakteren, während eine andere Gruppe von Portraits mit der Bohrmaschine gemalt ist. Hammond spielt mit der fragmentarischen und kryptischen Aesthetik von Outsider Art. Die grossformatige Gipsskulptur in der Ausstellung zeigt eine Paar schreitende Beine ohne Oberkörper, deren monumental-existentialischer Stil wie eine verwirrende Fusion von Giacommetti und Breker anmutet.
Edwin Laliq, bekannt von seinen Musikprojekten mit Mark Leckeys Bands Donateller und Jack to Jack, zeigt eine Skulptur und eine Reihe von Zeichnungen, den Lads und Lyric-Sheets zu Songs, die er schreibt.
Die Lads sind feine Linienzeichnungen von visionären Modestilen und Vorschläge für Dresscodes, die aussehen, als wenn sie den Strassen Londons entspringen. Sie tragen exzentrische Accessoires, die ihre radikale Zeitgenossenschaft symbolisieren. Sie wirken oft androgyn oder feminin, mit einer instabilen sexuellen Identität.
The Solent ist eine kleine Figurine, die von einem der Lad-Zeichnungen inspiriert ist. Sie sieht aus wie eine Kaminsimsfigur aus Porzellan, hat aber den Look eines ambivalenten Charakters, der auf einen Bestellkatalog, auf dem er steht, mit dem Titel Argos verweist.
“It is a catalog for buying all sorts of shit ....from beds to cd players to mp3s to chairs and tables to gold rings to garden stuff.....most of it is very bad and a lot of people here in the UK use it. ...Also in Greek mythology Argos was the city of Phoroneus, and Phoroneus is the son of the river god Inachus and was said to be the 1st man....etc etc....it goes on and on.. there are daughters that talk to birds and people going mad and lots of killing and drugs and shit loads of wine all in all a bit like living in London.
We just did a gig on the Isle of Wight at the week end it was so nice there.....lots of history, any way, the Solent is the bit of water between the main land and the Isle, when you get the ferry at 1st it is very windy then when you get to the middle of the Solent it becomes clam very clam and you can see the Isle and England ....it just became all clear to me what to call the work. The word sounds lonely and on your own but with people and stuff all a round. (Edwin Laliq)
Die in Berlin lebende gebürtige Amerikanerin Megan Sullivan hat für die Austellung ein Bett der legendären Marchesa Luisa Casati gewidmet. Casati war eine der exzentrischsten Celebrities der 20er. Sie war bekannt für ihren dekadenten Geschmack und aufschweifenden Lebenstil. Sie liebte den Schmuck von Lalique und ging mit Leoparden und Greyhounds aus. Ihr leichenblasses Make-up gab ihr eine morbide dramatische Aura. Neben aller Extravaganz oder auch als Teil dessen hat die Marchesa viele junge Künstler gefördert und wurde vielfach von ihnen porträtiert.
Sullivans Bettentwurf ist inspiriert von königlichen barocken Himmelbetten wie auch von Claes Oldenburgs postmodernem Bettentwurf. Sullivans Bett Marchesa’s Advance ist morbid, opulent, und gleichzeitig von minimalem Design. Eine Nackenrolle ist mit einem stilisierten Leopardenstoffdruck überzogen, ein kühler Hinweis auf den extravaganten Stil der Marchesa. Schwarzlicht im Baldachin des Bettes und ein Spiegel geben der Person, die auf dem Bett liegt, ein blasses Spiegelbild. Doch das Bett ist wie vorherige Arbeiten der Künstlerin ein inszeniertes Möbel, aufgeladen mit einer historischen Referenz in Form einer konzeptualisierten Widmung.
Auf ähnliche Weise sind die fünf Gouachen Untitled (2006) ästhetisch und konzeptuell angelegt. Es handelt sich um malerisch appropriierte Buchseiten von Romanen und Büchern über Clemens Brentano, gestaltet im 19. Jhd..
Der in Mexico City lebende Künstler Martin Soto Climent stellt Skulpturen aus Alltagsobjekten her, die in einer mühelosen unmanipulierten Art und Weise zusammengefügt werden zu Arrangements, denen eine weitere symbolische Aufladung zuteil wird. Soto Climents Schuh-Arbeiten wie Deep Heel erinnern in ihrem fetischistischen Charakter an die surrealen Objekte von Meret Oppenheim, die Materiailen sind oft gefunden, alt, getragen, benutzt, beschädigt. Dennoch funktionieren sie nicht nostalgisch sondern tragen schlicht die Spuren des Alltags und der Realität des Künstlers in Mexico City.
Steven Claydon ist in London vor allem in der Musikszene mit seinen exzentrisch-neodadaistischen Tracks fuer Add N to X bekannt geworden. Seine künstlerischen Arbeiten kommen von der ästhetischen und mentalen Haltung aus dem gleichen Spektrum. Seine Büsten, archaische bärtige Figuren, Husaren, besetzt mit individuellen Acccessoirs wie der Straussenfeder vor den Augen in der Skulptur dieser Ausstellung Walkonian (2006), wirken wie eine Attacke auf die Geschmacksnerven, während sie gleichzeitig eine unerwartete Seriosität entwickeln, eine gebrochene Ruhe und Erhabenheit des arretiert Grotesken. Die Siebdruck-Poster zeigen oft Skulpturen aus dem öffentlichen Raum in England, wie etwa die von Helen Chadwick in einer früheren Arbeit, oder der sphinxartige auf dem Kopf stehende Löwe von Charles Seargent Jagger in Hot Pixel (2006) in der Ausstellung.
Die Motive sind schwarz-weiss und grob pixeliert. Jede Arbeit dieser Editionen wird individuell bearbeitet, meistens gezielt vertrashed und beschädigt und schliesslich hinter einen Plexiglasskasten auf eine grobe Leinwand gepinnt. Dadurch entsteht der widersprüchliche Eindruck eines wertvollen Objekts.
Some philosopher of modern times and good intents believed - assuming the post-war human being aspires a state of happiness unburdened by necessity, empty of labor, an unrealistic utopia of freedom and leisure - that happiness can only be achieved where exhaustion and regeneration, pain and release, strike a perfect balance.
But what if for some mildly heroic individuals of today - who equipped themselves with excessively fine tuned senses detecting a growing grotesque, stalkers on the threshold to formless conflict and chaos, the sizing of new uniforms, criminal attempts of deception, or just cruel transparency of political target -, lets assume that for these escapist guards of the contemporary, suffering from nostalgic pains, black headaches and white fevers, optimists of a silly marvelous kind, fantasizing not to get consumed by streets of boiling asphalt, great travel experts of freezing temperature -, to achieve balance might be a less healthy, murkier, but no less perfect effort of passing the open windows – a kind happiness.
 

Tags: Ei Arakawa, Agnieszka Brzezanska, Helen Chadwick, Steven Claydon, Martin Soto Climent, Charlie Hammond, Zoe Leonard, Meret Oppenheim, Pier Paolo Pasolini, Reena Spaulings, Christopher Williams