Heidelberger Kunstverein

Fictional Artists

12 Feb - 27 Mar 2011

Christoph Girardet & Volker Schreiner, Fiction Artists, 2004, Beta SP, PAL, 45 min
Fictional Artists / Erfundene Künstler

The exhibition „Fictional Artists“ presents 14 artists of the 20 th and 21 st centuries whose lives have been described in fictional works such as novels, narratives and theater plays. They have been singled out because their biographies embody tendencies and artistic norms that have been characteristic for the past hundred years. Take Pietro, for example, a young man of a bourgeois family who joins the agitations of 68 and can escape social restraints only through radical art forms. Or Antártido A. Garay who exhibits daring conceptual art in the Buenos Aires of 1920 which nobody understands. Each character personifies a specific, often exaggerated type of artist. And just like in any art scene, do the smart gallery owner, the scandal awaiting press and the overstrained visitor also exist in the imagined one. All of them together give insight into writers' conceptions about artists and their environment predominant at a certain time. By means of diverse material, like documentary pictures, and press reports, the exposition tries to disclose what might have inspired the authors' ideas. The show offers the opportunity to discover a parallel art world which functions as a mirror to the real history of art and whose protagonists have already been waiting too long for a retrospective of this kind.

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Die Ausstellung „Erfundene Künstler“ präsentiert 14 Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts, deren Lebenswege allesamt in fiktiven Stoffen – in Romanen, Erzählungen und Theaterstücken – beschrieben wurden. Sie wurden ausgewählt, weil ihre Biografien Tendenzen und Künstlertypen verkörpern, die charakteristisch für die letzten hundert Jahre sind.

Da ist beispielsweise Pietro, ein junger Mann aus großbürgerlicher Familie, der sich der 68er-Bewegung anschließt und sich nur in radikalen Kunstformen aus gesellschaftlichen Zwängen zu befreien weiß. Oder Antártido A. Garay, der in den 1920er Jahren in Buenos Aires waghalsige Konzeptkunst ausstellt, die niemand versteht. Klara Sax schafft ihre Kunst aus dem Zivilisationsmüll der amerikanischen Überflussgesellschaft, erreicht ihren Durchbruch aber nur mit dem Großprojekt „Long Tale Sally“, bei dem sie 230 ausgemusterte B-52 Bomber in der Nevada Wüste bemalt. Jede Position steht für einen bestimmten, nicht selten überzeichneten Künstlertypus. Und wie in jeder Kunstszene gibt es auch in der imaginären den gewieften Galeristen, die nach Skandalen trachtenden Medien und den überforderten Betrachter. Sie alle zusammen geben Einblick in die Auffassungen, die Schriftsteller zu bestimmten Zeiten von Künstlern und dem Kunstmilieu gehabt haben. Mit Hilfe von diversen Materialien wie dokumentarischen Fotografien, Objekten oder Presseberichten versucht die Schau aufzuzeigen, woraus
die Autoren ihre Ideen geschöpft haben könnten.

Ergänzt wird die Ausstellung durch den Film „Fiction Artists“ der (realen) Künstler Christoph Girardet und Volker Schreiner, der Künstler aus mehr als 100 Spielfilmen zusammenbringt und mit den Klischees und Vorstellungen spielt, die sich hinter erfundenen Künstlern verbergen.

Das Schreiben über Künstler und ihre Werke nimmt seinen Anfang in der italienischen Renaissance. 1550 schloss der Architekt und Künstler Giorgio Vasari das erste umfassende Werk über das Leben und Wirken italienischer Maler, Bildhauer und Architekten ab. Obgleich bekannt ist, dass Vasaris Schriften mit Ungenauigkeiten gespickt sind, stellen „Le Vite“ für alle, die die Kunst der Renaissance erforschen, eine unersetzliche Quelle dar. Ein Originalexemplar der zweiten Ausgabe von 1568 wird im Lichthof ausliegen, gegenüber einer kleinen Büchersammlung, welche die in der Ausstellung
vorgestellten Künstler und ihre Geschichten beherbergt.

Ein Text kreiert immer eine eigene Welt, er kann weder Schaffen noch Biografie eines Künstlers, ob „real“ oder „fiktiv“, ersetzen, im Idealfall aber positiv ergänzen. Die Ausstellung im Studio bietet die Gelegenheit, eine Parallelwelt von Künstlern zu entdecken, die sich zur echten Kunstgeschichte wie ein Spiegel verhält, und deren Akteure schon viel zu lange Zeit auf eine solche Retrospektive gewartet haben.

Die Ausstellung findet im Studio (UG) statt.
 

Tags: Christoph Girardet, Kasper Holten, Friederike von Rauch, Volker Schreiner