Birgit Jürgenssen
14 Jan - 05 Mar 2011
BIRGIT JÜRGENSSEN
Gemalte Fotografie
14. Jänner – 05. März 2011
Birgit Jürgenssen nannte ihre zerkratzten Fotos treffend "gemalte Fotografie".
Die amerikanische Schriftstellerin Louisa May Alcott (1832-1888) empfahl hart arbeitenden Schriftstellerinnen ein "Kritzelkleid" anzuziehen, wenn sie sich in ihren Zimmern verbarrikadieren und "in einem Wirbel" Papier vollkritzeln. Dieses "scribbling suit" scheint Birgit Jürgenssen angelegt zu haben, wenn sie sich über ihre in der Art des Drip Painting in der Dunkelkammer hergestellten Fotopapiere hermachte.
Die "Verletzung" der Oberfläche einer Fotografie ist eigentlich ein ungeheurer Tabubruch, auch historisch unbeschrieben.
Katharina Sykora beschreibt in ihrem Beitrag für den von Gabriele Schor und Heike Eipeldauer herausgegebenen Katalog zur Retrospektive der Künstlerin im Bank Austria Kunstforum die kleine Werkgruppe (es sind 25 Arbeiten bekannt) aus den frühen 1980er Jahren ausführlich:
In einer Werkgruppe großformatiger Fotogramme experimentierte sie mit der kameralosen Fotografie. Dabei bewegte sie die lichtempfindlichen Fotopapiere im Entwickler- oder Fixierbad so, dass sich auf ihnen eine unregelmäßige Marmorierung feiner Grautöne bildete. Auf diese schüttete sie die chemischen Flüssigkeiten auch direkt und hinterließ so dunkle Spuren in der Art des Drip Painting. Durch die Belichtung und endgültige Fixierung entstand dann ein abstraktes Fotogramm, dessen fließende Muster teils von der Autogenese des Bildes, teils von der Malgeste Jürgenssens stammt. Deren gemeinsames Agieren basiert primär auf dem Gespür der Hand im Umgang mit dem Material, nicht auf dem Sehsinn. Es ist ein Prozess mit offenem Ausgang, denn das Ergebnis ist während des Entwicklungsprozesses nicht vollständig kalkulierbar und erst nach der endgültigen Fixierung sichtbar. Bedeutsam war für Jürgenssen auch weniger das ästhetische Endresultat als die doppelte Bewegung, die in der Oberfläche des fertigen Fotogramms aufgehoben ist: das Pas de deux von fotografischer Oberfläche und Künstlerhand.
Die Galerie Winter zeigt seit 2006 in Jahresabständen eine Auswahl von Werken eines Jahrzehnts oder eine Werkgruppe aus dem Schaffen der Künstlerin Birgit Jürgenssen (1949-2003).
Besonders hinweisen möchten wir auf die von Gabriele Schor und Heike Eipeldauer kuratierte Retrospektive mit mehr als 250 Werken aus allen Schaffensperioden im Bank Austria Kunstforum Wien mit ausgezeichnetem Katalog (bis 6. März 2011).
Gemalte Fotografie
14. Jänner – 05. März 2011
Birgit Jürgenssen nannte ihre zerkratzten Fotos treffend "gemalte Fotografie".
Die amerikanische Schriftstellerin Louisa May Alcott (1832-1888) empfahl hart arbeitenden Schriftstellerinnen ein "Kritzelkleid" anzuziehen, wenn sie sich in ihren Zimmern verbarrikadieren und "in einem Wirbel" Papier vollkritzeln. Dieses "scribbling suit" scheint Birgit Jürgenssen angelegt zu haben, wenn sie sich über ihre in der Art des Drip Painting in der Dunkelkammer hergestellten Fotopapiere hermachte.
Die "Verletzung" der Oberfläche einer Fotografie ist eigentlich ein ungeheurer Tabubruch, auch historisch unbeschrieben.
Katharina Sykora beschreibt in ihrem Beitrag für den von Gabriele Schor und Heike Eipeldauer herausgegebenen Katalog zur Retrospektive der Künstlerin im Bank Austria Kunstforum die kleine Werkgruppe (es sind 25 Arbeiten bekannt) aus den frühen 1980er Jahren ausführlich:
In einer Werkgruppe großformatiger Fotogramme experimentierte sie mit der kameralosen Fotografie. Dabei bewegte sie die lichtempfindlichen Fotopapiere im Entwickler- oder Fixierbad so, dass sich auf ihnen eine unregelmäßige Marmorierung feiner Grautöne bildete. Auf diese schüttete sie die chemischen Flüssigkeiten auch direkt und hinterließ so dunkle Spuren in der Art des Drip Painting. Durch die Belichtung und endgültige Fixierung entstand dann ein abstraktes Fotogramm, dessen fließende Muster teils von der Autogenese des Bildes, teils von der Malgeste Jürgenssens stammt. Deren gemeinsames Agieren basiert primär auf dem Gespür der Hand im Umgang mit dem Material, nicht auf dem Sehsinn. Es ist ein Prozess mit offenem Ausgang, denn das Ergebnis ist während des Entwicklungsprozesses nicht vollständig kalkulierbar und erst nach der endgültigen Fixierung sichtbar. Bedeutsam war für Jürgenssen auch weniger das ästhetische Endresultat als die doppelte Bewegung, die in der Oberfläche des fertigen Fotogramms aufgehoben ist: das Pas de deux von fotografischer Oberfläche und Künstlerhand.
Die Galerie Winter zeigt seit 2006 in Jahresabständen eine Auswahl von Werken eines Jahrzehnts oder eine Werkgruppe aus dem Schaffen der Künstlerin Birgit Jürgenssen (1949-2003).
Besonders hinweisen möchten wir auf die von Gabriele Schor und Heike Eipeldauer kuratierte Retrospektive mit mehr als 250 Werken aus allen Schaffensperioden im Bank Austria Kunstforum Wien mit ausgezeichnetem Katalog (bis 6. März 2011).