K21

Luc Tuymans

16 Oct 2004 - 16 Jan 2005

Luc Tuymans, Der diagnostische Blick IV, 1992, Öl auf Leinwand, 57 x 38 cm,Privatsammlung, Dauerleihgabe an die De Pont Stichting, Foto: Courtesy Zeno X Gallery Antwerp, Felix Tirry
Luc Tuymans ist einer der herausragenden Künstler seiner Generation. Er hat innerhalb der letzten zwanzig Jahre nachdrücklich zum Diskurs über Malerei beigetragen. Geboren 1958 in Belgien hat er durch eine reduzierte Farbpalette und eine matte Oberfläche einen neuen Gestus in die Malerei eingeführt. Seine Bilder mit banalen Motiven des Alltags und brisanten Themen der Geschichte werden erst mit einem fokussierenden Blick, der die Unschärfe der Oberfläche durchdringt, wahrgenommen. Sie legen so eine übergeordnete, verrätselte Sinnebene frei. Die in K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen gezeigte Ausstellung bietet zum ersten Mal mit etwa 70 Bildern einen Überblick über die wesentlichen Aspekte der künstlerischen Entwicklung von Luc Tuymans. Die Ausstellung folgt jedoch weder einer chronolgischen noch einer thematischen Abfolge. Vielmehr kombiniert sie die disparaten Themen zu einem neuen Dialog, den der Betrachter in ständiger Überprüfung seiner eigenen persönlichen und historischen Erinnerung führt.

In Tuymans’ Werk stehen die Genres von Stilleben, Porträt, Landschafts- und Historienbild, aber auch das Bild des meist verfremdeten oder beschädigten Körpers gleichwertig nebeneinander. In subtiler Form gleicht die Malerei die verschiedenen Motive an ihrer Oberfläche einander an, spielt sie jedoch inhaltlich gegeneinander aus. Ein bewusster Drahtseilakt, denn nicht wenige Bilder thematisieren z. B. die Verbrechen des Nazi-Regimes oder zeigen deren Protagonisten, wie in Der Architekt. Auch die Geschichte des belgischen Kolonialismus wurde von Tuymans in dieser Weise thematisiert, als er 2001 die Bilderserie Mwana Kitoko – Beautiful White Man für die Biennale in Venedig malte. In den vermeintlich harmlosen Alltagsmotiven vermittelt sich dem Betrachter durch Farbe, Perspektive oder Lichtwirkung ein Gefühl des Unheimlichen: Das Kinderzimmer in Silent Music gleicht eher einer Gummizelle oder einem Gefängnis als einem vertrauenswürdigen Nest, und die Blüte in Orchid verströmt mehr Gift als Duft.

Das Werk von Luc Tuymans wirft grundsätzliche Fragen zu unserem Verständnis von Bildern im allgemeinen und Malerei im besonderen auf. Wie ist das Verhältnis von Dokument und Fiktion? Wie nehmen wir Geschichte bildlich war? Kann Malerei politisch sein? Die Ausstellung wirft diese Fragen auf, ohne Antworten vorzugeben. Sie ist vielmehr als ein in sich moduliertes, immer wieder neu ansetzendes Kreisen um diese und andere Fragen angelegt.

Der kleine Raum zwischen der Erklärung des Bildes und dem Bild selbst ist die einzig mögliche Perspektive auf die Malerei. Mein Kommentar weist nur auf ihre Vieldeutigkeit hin. ... Von Anfang an bin ich meinem Bild gegenüber verspätet.

... Denken und Fühlen und das Ausarbeiten der Gefühle sind verschiedene Momente, die jeweils ihre eigene Rhetorik haben. Es ergibt sich eine erinnerungsfreie Zone zwischen dem, was man konzipiert, und dem, was man ausführt.

Luc Tuymans 1991
 

Tags: Luc Tuymans