Kadel Willborn

Group Show

05 Dec 2009 - 20 Feb 2010

Installation view "You always, always, always, do that. - Yes. You say that all the time", Gallery Iris Kadel, Karlsruhe, Germany, 2009
GROUP SHOW
You always, always, always, do that. - Yes. You say that all the time

Shannon Bool / Skafte Kuhn / Mathilde Rosier / Adrian Williams

05.12.2009 - 20.02.2010

Der Dialog steht fest: You always, always, always do that. – Yes, you say that all the time. Die Situation ist offen: Wer spricht? Wer antwortet? Und was macht der oder die da eigentlich genau? Handelt es sich um den Ausdruck von Kritik oder Anerkennung? Unmittelbar ist man mit subjektiven Einschätzungen beschäftigt wie die Situation dieses Dialoges beschaffen und welche Bedeutung dieses Erzählfragment dadurch erhalten könnte. Eine endlose Spirale von Interpretationsmöglichkeiten beginnt sich zu drehen, angetrieben von persönlichen Vorstellungen und den hier verbal dargestellten Erzählstrukturen.

Die Arbeiten von Adrian Williams, Mathilde Rosier, Skafte Kuhn und Shannon Bool kennzeichnet genau diese Strategie: präzise werden wenige Elemente einer Erzählstruktur dargestellt, gleichzeitig bleibt der Ausgang, bzw. der Anfang der Handlung offen. Die Arbeiten gehen von der Anspielung einer performativen Handlung bis hin zu den Codes von Theater- und Filmaufführungen. Die Überlegung wie Erzählung von der rein mündlichen Übermittlung hin zur Darstellung in und von Raum sowie in Körpergestik übertragen wird, spielt eine entscheidende Rolle.

Adrian Williams Arbeiten erzählen Geschichten in Form von Performances, Tonstücken, Interventionen, Filmen, Objekten und Papierarbeiten. Sie erfindet fiktionale Charakter und bettet diese teilweise in wirkliche Situationen ein. Der Titel der Ausstellung kommt von Adrian Williams gleichnamiger Papierarbeit You always, always, always do that. – Yes, you say that all the time. Diese Arbeit gehört zu einem neuen Werkkomplex, der scheinbar dokumentarische Fotografien assoziativ mit Prosa-artigen Texten kombiniert, die von Adrian Williams handschriftlich verfasst werden. Anstatt einen eindeutigen Inhalt zu konstruieren, öffnet diese Form der Kombination von Text und Bild mehrschichtige Varianten die jeweilige Erzählung fort zu führen oder zu interpretieren. Nicht selten nimmt bei Adrian Williams das gesprochene Wort nur temporär Raum füllende Präsenz an wie bei der Performance Bat Song, Rehearsal for an Audio Play. Während der mehrtägigen Performance vertonte sie zu bestimmten Zeiten mit einem Musiker, einer Sängerin, einem Toningenieur und einer Sprecherin live eine Kurzgeschichte. Die Geschichte handelt von einer Frau, die unter einer für sie selbst zunächst nicht wahrnehmbaren Sprachstörung leidet und von einem Spezialisten therapiert wird, indem sie kopfüber hängend singen soll. In der Karlsruher Ausstellung hört man diese Performance als ein Hörspiel, das fast den gesamten Ausstellungsraum durchdringt, vergleichbar mit einem Gespräch, dass man anscheinend aus Distanz "unerlaubt" verfolgt.

Mathilde Rosiers Installationen, Skulpturen, Papierarbeiten, Filme und Musik-Performances verkörpern oftmals fiktionale Ableger oder Teilstücke einer Erzählung. Konstellationen von selbst geschneiderten Kostümen, mystischen Tier- und Naturdarstellungen wirken oftmals wie Requisiten, ein verlassenes Bühnenbild oder solitäre Protagonisten einer Erzählung, die man nicht im Ansatz kennt. Die Kombination von Malerei, Film und Theater konstruiert onirische Situationen, die den Betrachter Raum und Zeitgefühl verlieren lassen. Gleichzeitig entsteht innerhalb dieser von Empathie gekennzeichneten „Traumzustände“ eine präzise und konzeptuelle Analyse von Codes und Effekten verschiedener Repräsentationsformen unserer Gesellschaft. In der Ausstellung sind neben den Papierarbeiten die Installation und der 8-minütige Film Morgenrock zu sehen, die anlässlich von Mathilde Rosiers aufgeführter Performance Morgenrock in der Kunsthalle Baden-Baden im Sommer 2009 entstanden sind. Die ungefähr 30-minütige Performance zelebrierte in Echtzeit den Sonnenaufgang. Das Publikum traf sich um 5 Uhr morgens in einem nahe gelegenen Park der Kunsthalle. Ein Harfenspieler spielte ein von Mathilde Rosier komponiertes Musikstück, das gleichzeitig von einem professionellen Tänzer interpretiert wurde. Der Film verwendet die dort gemachten Filmaufnahmen und erzeugt durch die Schnitte und Zeitverkürzung eine neue Sichtweise auf dieselbe Handlung. Die Installation integriert das Kostüm des Tänzers. Waren es während der Performance noch reale Vögel, die durch die Landschaftsszenerie flogen, sind es nun die Vogelbrochen aus Papier und Gouache, die auf der Innenseite des Mantels auf das vergangene Erlebnis verweisen.

Skafte Kuhns Installationen, Künstlerbücher und Papierarbeiten kennzeichnet die Auseinandersetzung mit Theater, Musik und literarischen Vorgaben aus unterschiedlichen Epochen. Quellen sind Schriften von Shakespeare, Rilke, Schlegel sowie die Songtexte von zeitgenössischen Punk-und Gothikbands wie Joy Devision, Sister of Mercy oder Anne Clark, zwei Pole die in ihrer Ausdrucksform sehr unterschiedlich voneinander sind. In seinen Arbeiten kristallisiert Skafte Kuhn jedoch deren inhaltliche Gemeinsamkeiten heraus. Es geht um die bestimmten Beschreibungen von Situationen und Seelenzuständen. Häufig wieder kehrendes inhaltliches Motiv sind die Spielarten von Dunkelheit. Ausgangspunkt sind magische Traumwirklichkeiten, die voller Ahnungen und Andeutungen sind. Die Nacht wird hier ein Raum für gesteigerte Wahrnehmung von innen und außen, ein offener Raum für die Reflexion der menschlichen Existenz und ihrer Sehnsüchte, Ängste und ihrer Hoffnungen. Die in der Ausstellung gezeigte dreiteilige Papierarbeit zeigt mystische Figuren, die einer Geschichte Edgar Allan Poes entsprungen sein könnten. Die Unfassbarkeit des phantastischen Inhalts übersetzt Skafte Kuhn in die teils figurative, teils abstrakte Verschmelzung konstruktivistischer und amorpher Elemente.

Shannon Bools architektonische Interventionen, Malerei und Papierarbeiten verkörpern ein konzeptuelles Spiel mit Form und Inhalt kultureller Codes von Erzählungen. Ihre Arbeiten erzeugen eine für den Betrachter verführerische Oberfläche aus „hoher und niedriger Kultur“, Ornament und Perspektive. Literarische und theatralische Quellen sind dabei ebenso relevant wie wissenschaftliche Texte aus der Psychoanalyse. Obwohl auf zahlreichen theoretischen Quellen basierend, strukturieren alle Arbeiten die Informationen als rein visuelles Vokabular, das den kulturell geprägten Blick des Betrachters in einen analytischen Wahrnehmungsraum hinter dem Sichtbaren entführt. Diese Form der Überführung in eine non-verbale Erzählweise drückt sich in besonderer Form in Shannon Bools Photogramm The Serpent Heart aus. Der uniformen glatten Oberfläche des aktuellen Photogramms geht bereits der performative Prozess der Collage voraus: Shannon Bool produziert ihre „Lichtcollage“ indem sie transparente, opake und semi-transparente Objekte und Folien auf das lichtempfindliche Papier legt. The Serpent Heart zeigt die Collage aus einer Bühnenaufnahme der Tänzerin Martha Graham (1946), die in einem Setting von Isamu Noguchi tanzend die Medusa darstellt. Die formale Performanz des Herstellungsprozesses übersetzt sich in das Motiv des Tanztheaters als non-verbaler Ausdruck einer Geschichte in Körpergestik, Musik und Raum.
 

Tags: Shannon Bool, Isamu Noguchi, Mathilde Rosier, Adrian Williams