Kadel Willborn

Olaf Quantius

11 Sep - 01 Dec 2009

© Olaf Quantius
o.T. (orten 11), 2008
oil and acrylics on canvas
140 x 300 cm
OLAF QUANTIUS
"orten"

12.09.2009 - 01.12.2009

Wir freuen uns, Olaf Quantius vierte Einzelausstellung
mit dem Titel orten in der Galerie zu eröffnen. Das Verb "orten" bezeichnet eine Handlung: man versucht eine entfernte Stelle zu lokalisieren. Der im Prozess der
Ortung noch nicht sichtbare Ort existiert in dieser Situation allein in der subjektiven Vorstellung. "Orten" bedeutet gleichzeitig auch die Suche nach einem festen Bezugspunkt dessen tatsächliche Beschaffenheit vorerst ein flüchtiges und vages Gebilde bleibt – bis man dort ankommt. Das Ankommen bleibt in Olaf Quantius’ Serie orten allerdings offen. Betrachtet man die abstrakte Malerei, die teils von figurativen Elementen wie den Fragmenten einer Hütte oder angedeuteten Landschaftsabschnitten durchzogenen ist, befindet man sich als Betrachter im kontinuierlichen Prozess der Ortung des auf der Leinwand Dargestellten. Ähnlich wie bei den früheren Serien Ottnang (2003) oder den nomad paintings (seit 2007) geht es um die Suche nach der Definition von individueller Geborgenheit und kultureller Identität.
Verwiesen bei Ottnang noch fragmentarisch gezeigte Möbelstücke auf das Streben sich in der Wirklichkeit "einzurichten", waren es bei den nomad paintings unterschiedliche Architekturtypen, die den Wunsch nach einer Ortsbestimmung deutlich gemacht haben. Während bei den nomad paintings die Behausungen allerdings auf dem matten Silbergrund scheinbar „in der Schwebe“ waren, suggeriert die bewegte Oberfläche der geschütteten Acrylhintergründe der neuen Serie orten
Bezugspunkte: "[...] die Mutmaßung [...], dass es `Andersheit ́ gibt, die außer Reichweite ist, verleiht unserer elementaren Existenz ihren Pulsschlag der Unerfülltheit. Wir sind die Geschöpfe eines großen Durstes. Darauf versessen, an einen Ort heimzukehren, den wir nie gekannt haben." (Georg Steiner).
Immer wieder taucht die Hütte als architektonische Form auf. Sie stellt aufgrund ihrer Beschaffenheit eine nur temporäre Ortsbestimmung dar und ist für Olaf Quantius in der Serie orten ebenso eine abstrakte Vokabel wie die anderen Formfragmente. Die fortwährende Ortung einer Möglichkeit des subjektiven "Geborgen-seins" zeigt auf pointierte Weise die abstrakte Malerei auf dunkelgrünen
Filzwolldecken der Serie orten. Bereits das Material selbst erzählt von einem "wärmenden sich Einhüllen" und die Decke als minimales architektonisches Objekt definiert einen Ort, der allerdings durch die darauf gemalten
Flecken sich erneut zu verflüchtigen scheint. Für Olaf Quantius gilt in diesem Moment "das dominierende Prinzip der fortwährenden Steigerung, für eine Meditation der Leere zu unterbrechen.

Innerhalb dieser "Leere" verortet nun das limitierte
Designobjekt Stuhlhockerbank der Designerinnen Fehling & Peiz den Betrachter im Ausstellungsraum. Nimmt man Platz, bestimmt man die eigene Position sowohl in
Bezug zur Malerei von Olaf Quantius in der man versucht eine "Lage zu orten" als auch zu den anderen Besuchern der Ausstellung. Die Formgebung der einzelnen Modelle der Stuhlhockerbank erzählt die Geschichte einer fiktionalen Zusammenkunft, die durch die erneute Benutzung der Sitzmöglichkeiten wieder Realität wird. Je nach Ausrichtung der Rückenlehnen und Sitzfläche beginnt man sich zu zu seinem Umraum und Gegenüber zu positionieren. Die zur Bank verschmolzenen Stühle nehmen Bezug zu den Stuhlmodellen deutscher Gaststätten wie man sie aus den 1960er Jahren kennt. Aus solidem Eichenholz gefugt und geölt beinhalten die Stuhlhockerbänke auch die Geschichte des traditionellen Handwerks. Die gezielte Verfremdung dieser Elemente bewirkt eine analytische Selbst-Verortung im Bezugssystem kultureller und sozialer Identität. Die Bestimmung des eigenen Standorts in Bezug zu etwas, bzw. zu jemand anderen wird im Prozess der Benutzung erfahrbar, denn jedes Modell der Stuhlhockerbank
definiert mindestens zwei Sitzflächen. In der aktuellen Ausstellungssituation der Galerie "vermittelt" die Stuhlhockerbank von Fehling & Peiz daher das Gespräch sowohl mit einem menschlichen Gegenüber als auch mit den Arbeiten von Olaf Quantius.
 

Tags: Olaf Quantius, A.L. Steiner