David Lachapelle
24 Feb - 08 May 2011
David LaChapelle, Sermon (from the series Jesus is My Homeboy), 2008
182.9 x 279.4 cm
© David LaChapelle
Courtesy Fred Torres Collaborations; Galerie Rafael Jablonka, Cologne
182.9 x 279.4 cm
© David LaChapelle
Courtesy Fred Torres Collaborations; Galerie Rafael Jablonka, Cologne
DAVID LACHAPELLE
Earth Laughs In Flowers
24 February – 08 May 2011
David LaChapelle (*1963 in Connecticut) ist bekannt für seine überdrehten, unkonventionellen Porträts berühmter Persönlichkeiten wie Angelina Jolie, Leonardo DiCaprio, Kate Moss und Lady Gaga. Seit den 1990er Jahren inszeniert er Bilder, die nicht die Stars zelebrieren, sondern vielmehr sich selbst, im bunten wirren Nebeneinander zahlloser Muster und Gegenstände. Seine unmittelbar erkennbare Handschrift wird dabei zum herausfordernden wie anziehenden Merkmal. Vielleicht auch, weil LaChapelle der Prämisse seines ersten Auftraggebers – keinem geringeren als Andy Warhol – gefolgt ist: Du kannst alles machen, Hauptsache, die Leute sehen gut aus.
In der ersten institutionellen Einzelausstellung David LaChapelles in Deutschland ist nur ein einziger Star zu finden und das streng genommen nicht in seiner eigenen Rolle. In »Decadence – The Insufficiency of all Things Attainable« [Dekadenz – Die Unzulänglichkeit aller erreichbaren Dinge, 2008] erkennen wir Paris Hilton in gewohnt knapper Bekleidung wie sie in einen Handspiegel schaut. Ein Porträt, so könnte man meinen, würde in der Kunstgeschichte eine sich im Spiegel betrachtende Frau nicht eine Allegorie der Vanitas darstellen. »Alles ist eitel« bedeutet das lateinische Vanitas. Die Überheblichkeit und Endlichkeit des Lebens inszeniert LaChapelle darüber hinaus mit Motiven wie Diamanten, Uhren, Kerzen, Geld, Torten, Drogen, heiligen Schriften, Autokarosserien, wilden Tieren, Sklaven, einer stillenden Mutter, sich Liebenden, ängstlich Kauernden, die um die Darstellungen von Himmel und Hölle in der Mittelachse gruppiert sind.
Flankiert wird dieses Geschehen von zwei opulenten Blumengebinden, ähnlich denen, die das zentrale Motiv der Serie »Earth Laughs in Flowers« 2008–2011) bilden. Die zehn großformatigen Fotografien sind die neuesten, hier erstmals gezeigten Arbeiten LaChapelles. Für den Titel der Serie zitiert er ein Gedicht des amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson (1803–1882). In »Hamatreya« heißt es, die Erde lache in Blumen über die törichten Menschen, die, obwohl sie sich an der Erde bereichern, doch nichts dagegen ausrichten können, später in ihr begraben zu sein. Die literarische Thematisierung der Eitelkeit paart LaChapelle mit der malerischen Gattung des Stilllebens, seit jeher Ausdruck der Vergänglichkeit des Lebens. Dinge, die beschädigt sind, vergehen wie Obst und Blumen, symbolisieren Endlichkeit. Besonders kostbare Objekte stehen für oberflächliche Begierden ein. Wir können Stillleben den christlichen Tugenden entsprechend als mahnend verstehen, im Sinne des Barock aber auch als Fest des Lebens bevor dieses endet. LaChapelle lässt beides aufscheinen. Die Lebensalter als Jahreszeiten treten mit Titeln wie »Springtime«, »Late Summer«, »Early Fall« und »Deathless Winter« in Erscheinung. Neben Blüte und Verfall wird mit Sexpuppen, Bananen und üppigen roten Blumen nicht unironisch körperliche Lust symbolisch dargestellt wie in »The Lovers«.
Ihn langweile nichts so sehr wie guter Geschmack in Kunst und Fotografie. LaChapelle konfrontiert uns mit überbordenden Kompositionen, die nicht nur schrill sind. Wir fragen uns auch, ob die Blumen tatsächlich vor der Kamera arrangiert wurden, ist es für LaChapelles bisheriges Schaffen doch sehr wichtig, dass die abgebildeten Szenen sich tatsächlich ereignen. Diesmal lässt er offen, wie und wo seine Motive zustande gekommen sind. Trotzdem sind seine Werke verständlich wie »America«, einem offensichtlichen Kommentar aktuellen politischen Geschehens: Spielzeugflugzeug, brennendes amerikanisches Fähnchen und Ballons mit Aufschriften wie »Good Luck« [Viel Glück] und »Get Well« [Gute Besserung]. Darin liegt wahrscheinlich auch ein Grund für David LaChapelle, sich bekannte kunsthistorische Bildformeln zu Eigen zu machen – wie schon 2003 mit einer Modekampagne als Neuinterpretation einiger Szenen aus dem Leben Jesu: »Jesus Is My Homeboy« [Jesus ist mein Kumpel] – die leicht zu entziffernden Aneignungen entsprechen seinem Verständnis von Pop Art als einer Kunst, die möglichst viele Menschen anspricht und sie zum Schauen einlädt ohne sie abzuschrecken.
Zur Ausstellung zeigt die kestnergesellschaft in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesmuseum Hannover und einem Privatsammler eine kleine Auswahl von Gemälden des 17. bis frühen 20. Jahrhunderts: Barocke Blumenstillleben und Szenen aus dem Leben Jesu laden zu einem vergleichenden Betrachten ein.
Earth Laughs In Flowers
24 February – 08 May 2011
David LaChapelle (*1963 in Connecticut) ist bekannt für seine überdrehten, unkonventionellen Porträts berühmter Persönlichkeiten wie Angelina Jolie, Leonardo DiCaprio, Kate Moss und Lady Gaga. Seit den 1990er Jahren inszeniert er Bilder, die nicht die Stars zelebrieren, sondern vielmehr sich selbst, im bunten wirren Nebeneinander zahlloser Muster und Gegenstände. Seine unmittelbar erkennbare Handschrift wird dabei zum herausfordernden wie anziehenden Merkmal. Vielleicht auch, weil LaChapelle der Prämisse seines ersten Auftraggebers – keinem geringeren als Andy Warhol – gefolgt ist: Du kannst alles machen, Hauptsache, die Leute sehen gut aus.
In der ersten institutionellen Einzelausstellung David LaChapelles in Deutschland ist nur ein einziger Star zu finden und das streng genommen nicht in seiner eigenen Rolle. In »Decadence – The Insufficiency of all Things Attainable« [Dekadenz – Die Unzulänglichkeit aller erreichbaren Dinge, 2008] erkennen wir Paris Hilton in gewohnt knapper Bekleidung wie sie in einen Handspiegel schaut. Ein Porträt, so könnte man meinen, würde in der Kunstgeschichte eine sich im Spiegel betrachtende Frau nicht eine Allegorie der Vanitas darstellen. »Alles ist eitel« bedeutet das lateinische Vanitas. Die Überheblichkeit und Endlichkeit des Lebens inszeniert LaChapelle darüber hinaus mit Motiven wie Diamanten, Uhren, Kerzen, Geld, Torten, Drogen, heiligen Schriften, Autokarosserien, wilden Tieren, Sklaven, einer stillenden Mutter, sich Liebenden, ängstlich Kauernden, die um die Darstellungen von Himmel und Hölle in der Mittelachse gruppiert sind.
Flankiert wird dieses Geschehen von zwei opulenten Blumengebinden, ähnlich denen, die das zentrale Motiv der Serie »Earth Laughs in Flowers« 2008–2011) bilden. Die zehn großformatigen Fotografien sind die neuesten, hier erstmals gezeigten Arbeiten LaChapelles. Für den Titel der Serie zitiert er ein Gedicht des amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson (1803–1882). In »Hamatreya« heißt es, die Erde lache in Blumen über die törichten Menschen, die, obwohl sie sich an der Erde bereichern, doch nichts dagegen ausrichten können, später in ihr begraben zu sein. Die literarische Thematisierung der Eitelkeit paart LaChapelle mit der malerischen Gattung des Stilllebens, seit jeher Ausdruck der Vergänglichkeit des Lebens. Dinge, die beschädigt sind, vergehen wie Obst und Blumen, symbolisieren Endlichkeit. Besonders kostbare Objekte stehen für oberflächliche Begierden ein. Wir können Stillleben den christlichen Tugenden entsprechend als mahnend verstehen, im Sinne des Barock aber auch als Fest des Lebens bevor dieses endet. LaChapelle lässt beides aufscheinen. Die Lebensalter als Jahreszeiten treten mit Titeln wie »Springtime«, »Late Summer«, »Early Fall« und »Deathless Winter« in Erscheinung. Neben Blüte und Verfall wird mit Sexpuppen, Bananen und üppigen roten Blumen nicht unironisch körperliche Lust symbolisch dargestellt wie in »The Lovers«.
Ihn langweile nichts so sehr wie guter Geschmack in Kunst und Fotografie. LaChapelle konfrontiert uns mit überbordenden Kompositionen, die nicht nur schrill sind. Wir fragen uns auch, ob die Blumen tatsächlich vor der Kamera arrangiert wurden, ist es für LaChapelles bisheriges Schaffen doch sehr wichtig, dass die abgebildeten Szenen sich tatsächlich ereignen. Diesmal lässt er offen, wie und wo seine Motive zustande gekommen sind. Trotzdem sind seine Werke verständlich wie »America«, einem offensichtlichen Kommentar aktuellen politischen Geschehens: Spielzeugflugzeug, brennendes amerikanisches Fähnchen und Ballons mit Aufschriften wie »Good Luck« [Viel Glück] und »Get Well« [Gute Besserung]. Darin liegt wahrscheinlich auch ein Grund für David LaChapelle, sich bekannte kunsthistorische Bildformeln zu Eigen zu machen – wie schon 2003 mit einer Modekampagne als Neuinterpretation einiger Szenen aus dem Leben Jesu: »Jesus Is My Homeboy« [Jesus ist mein Kumpel] – die leicht zu entziffernden Aneignungen entsprechen seinem Verständnis von Pop Art als einer Kunst, die möglichst viele Menschen anspricht und sie zum Schauen einlädt ohne sie abzuschrecken.
Zur Ausstellung zeigt die kestnergesellschaft in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesmuseum Hannover und einem Privatsammler eine kleine Auswahl von Gemälden des 17. bis frühen 20. Jahrhunderts: Barocke Blumenstillleben und Szenen aus dem Leben Jesu laden zu einem vergleichenden Betrachten ein.