Kristina Buch
Execution Semantics
05 Jun - 31 Jul 2016
KRISTINA BUCH
Execution Semantics
For A Necessary Criminal
5 June - 31 July 2016
Kristina Buch (*1983) weist für ihren relativ kurzen künstlerischen Lebensweg bereits eine beeindruckende Karriere auf. Relativ kurz ist ihr künstlerischer Werdegang, weil sie vor Beginn ihres Studiums am Royal College of Art in London zunächst Biologie und evangelische Theologie studiert hat. Doch bereits während ihres Kunststudiums, zuletzt als Meisterschülerin von Rosemarie Trockel an der Kunstakademie in Düsseldorf, nahm sie an Gruppen-ausstellungen im In- und Ausland teil, so 2010 etwa in der Deutschen Botschaft in London oder dem Schmela Haus in Düsseldorf. Die Teilnahme an internationalen Kunst-biennalen folgte, etwa 2012 an den Parallel Events der Manifesta 9 in Genk, Belgien und im gleichen Jahr als jüngste Teilnehmerin an der dOCUMENTA (13) in Kassel, vor dem Abschluss ihres Studiums im Jahr 2013. Im gleichen Jahr erhielt sie eine Assistenzprofessur an der Goethe-Universität in Frankfurt. Zuvor hatte sie schon am Imperial College in London Lesungen gegeben. 2015 wurde sie Gastdozentin an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel und war als einzige deutsche Künstlerin auf der 14. Istanbuler Biennale vertreten.
Die subjektive und unvollständige Aufzählung zeigt: Kristina Buchs Kunstverständnis trifft den Puls der Zeit, allerdings auf synkopische Art und Weise. Das ist in unserer oberfläch-lichen und schnelllebigen Welt auf den ersten Blick überraschend, denn oberflächlich und schnell lesbar, in der Form von rasch konsumierbar, sind ihre Werke nicht. Sie erscheinen allerdings auch nicht unnahbar. Im Gegenteil. Vor allem jedoch fallen sie im Kunstkontext auf. Das mag an den Tieren liegen, die in einigen ihrer Werke eine Rolle spielen, oder an den Arbeiten, von denen man zuweilen gar nicht weiß, ob sie jemals real existiert haben oder ob sie nur von der internationalen Kunstpresse sorgfältig diskutierte Fiktionen sind. Es liegt jedoch wesentlich an der Exaktheit im Umgang mit dem Kontext, mit dem Gewohnten, dem Üblichen und der Umgebung, in der ihre Arbeiten jeweils in diese Welt treten und uns das, was wir kühn Realität nennen, immer wieder wie Taschendiebe aus der Westentasche ziehen. Die Beobachtung des Selbstverständlichen und dessen präzise wie vielschichtige Zerlegung durch kleine Eingriffe, ohne dem Rhythmus der Welt, oder einem eigenen vorhersehbaren Rhythmus zu verfallen, ist heute schon etwas Besonderes in einer marktschreierisch-durchgetakteten Zeit.
Als Stipendiatin des Bremerhaven-Stipendiums hat Kristina Buch für die Kunsthalle Bremerhaven mit ihrer Ausstellung EXECUTION SEMANTICS for a necessary criminal (dt. EXEKUTIONS SEMANTIK für einen notwendigen Kriminellen) eine Arbeit, an der sie seit 2012 arbeitet, in ihr nächstes Kapitel geführt und untrennbar mit der vorgefundenen Situation der Kunsthalle verwoben. Ein Huhn ist plötzlich vielleicht ein seelischer Vorhang, Enthauptungen von Worten und Anderem treten an die Stelle von Behauptungen und die Köpfe eines Wortes finden sich im Vorübergehen kryptisch-multipliziert in einen Jacquard-Garderoben-Vorhang eingewebt, in welchem das Weben als der von Frauen gelegte Ursprung binärer Systeme, im Auf- und Verdecken von Fäden, in einem An- und Ausschalten, den Nullen und den Einsen der digitalen Welt vorauseilend, wie eine notwendige, formbildene und rhythmische Zensur, zu Tage tritt. Und mit einer Mischung aus totemischer Intensität, einem Ringen mit dem ‘Sprechlichen’ und daraus hervorgetretener abstrakter und dennoch ‘bewohnbarer’ Formsprache, die sich vor der Garderobe unserer Usancen zu neuen Öffnungen verschiebt, lässt uns Kristina Buch zuletzt im weiten Raum vor dem vermeintlichen Nichts stehen, von dem wir diesmal auf andere Art nicht wissen, ob das, was wir sehen, vielleicht nur das verdeckt, was sich unseren Begriffen und unserem Begreifen ewiglich zu entziehen scheint und doch erkannt sein will.
Execution Semantics
For A Necessary Criminal
5 June - 31 July 2016
Kristina Buch (*1983) weist für ihren relativ kurzen künstlerischen Lebensweg bereits eine beeindruckende Karriere auf. Relativ kurz ist ihr künstlerischer Werdegang, weil sie vor Beginn ihres Studiums am Royal College of Art in London zunächst Biologie und evangelische Theologie studiert hat. Doch bereits während ihres Kunststudiums, zuletzt als Meisterschülerin von Rosemarie Trockel an der Kunstakademie in Düsseldorf, nahm sie an Gruppen-ausstellungen im In- und Ausland teil, so 2010 etwa in der Deutschen Botschaft in London oder dem Schmela Haus in Düsseldorf. Die Teilnahme an internationalen Kunst-biennalen folgte, etwa 2012 an den Parallel Events der Manifesta 9 in Genk, Belgien und im gleichen Jahr als jüngste Teilnehmerin an der dOCUMENTA (13) in Kassel, vor dem Abschluss ihres Studiums im Jahr 2013. Im gleichen Jahr erhielt sie eine Assistenzprofessur an der Goethe-Universität in Frankfurt. Zuvor hatte sie schon am Imperial College in London Lesungen gegeben. 2015 wurde sie Gastdozentin an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel und war als einzige deutsche Künstlerin auf der 14. Istanbuler Biennale vertreten.
Die subjektive und unvollständige Aufzählung zeigt: Kristina Buchs Kunstverständnis trifft den Puls der Zeit, allerdings auf synkopische Art und Weise. Das ist in unserer oberfläch-lichen und schnelllebigen Welt auf den ersten Blick überraschend, denn oberflächlich und schnell lesbar, in der Form von rasch konsumierbar, sind ihre Werke nicht. Sie erscheinen allerdings auch nicht unnahbar. Im Gegenteil. Vor allem jedoch fallen sie im Kunstkontext auf. Das mag an den Tieren liegen, die in einigen ihrer Werke eine Rolle spielen, oder an den Arbeiten, von denen man zuweilen gar nicht weiß, ob sie jemals real existiert haben oder ob sie nur von der internationalen Kunstpresse sorgfältig diskutierte Fiktionen sind. Es liegt jedoch wesentlich an der Exaktheit im Umgang mit dem Kontext, mit dem Gewohnten, dem Üblichen und der Umgebung, in der ihre Arbeiten jeweils in diese Welt treten und uns das, was wir kühn Realität nennen, immer wieder wie Taschendiebe aus der Westentasche ziehen. Die Beobachtung des Selbstverständlichen und dessen präzise wie vielschichtige Zerlegung durch kleine Eingriffe, ohne dem Rhythmus der Welt, oder einem eigenen vorhersehbaren Rhythmus zu verfallen, ist heute schon etwas Besonderes in einer marktschreierisch-durchgetakteten Zeit.
Als Stipendiatin des Bremerhaven-Stipendiums hat Kristina Buch für die Kunsthalle Bremerhaven mit ihrer Ausstellung EXECUTION SEMANTICS for a necessary criminal (dt. EXEKUTIONS SEMANTIK für einen notwendigen Kriminellen) eine Arbeit, an der sie seit 2012 arbeitet, in ihr nächstes Kapitel geführt und untrennbar mit der vorgefundenen Situation der Kunsthalle verwoben. Ein Huhn ist plötzlich vielleicht ein seelischer Vorhang, Enthauptungen von Worten und Anderem treten an die Stelle von Behauptungen und die Köpfe eines Wortes finden sich im Vorübergehen kryptisch-multipliziert in einen Jacquard-Garderoben-Vorhang eingewebt, in welchem das Weben als der von Frauen gelegte Ursprung binärer Systeme, im Auf- und Verdecken von Fäden, in einem An- und Ausschalten, den Nullen und den Einsen der digitalen Welt vorauseilend, wie eine notwendige, formbildene und rhythmische Zensur, zu Tage tritt. Und mit einer Mischung aus totemischer Intensität, einem Ringen mit dem ‘Sprechlichen’ und daraus hervorgetretener abstrakter und dennoch ‘bewohnbarer’ Formsprache, die sich vor der Garderobe unserer Usancen zu neuen Öffnungen verschiebt, lässt uns Kristina Buch zuletzt im weiten Raum vor dem vermeintlichen Nichts stehen, von dem wir diesmal auf andere Art nicht wissen, ob das, was wir sehen, vielleicht nur das verdeckt, was sich unseren Begriffen und unserem Begreifen ewiglich zu entziehen scheint und doch erkannt sein will.