Kunsthalle Wien

light strip: Alexander Widner

02 Dec 2010 - 31 Jan 2011

Day and Night and Day

Alexander Widner was born in Vienna in 1940 and grew up in Carinthia and Lower Austria. He began to write relatively late in his life, because, as the author says, “there’s nothing to write about if you have not lived enough.” An independent writer today, Widner floats between New York and Klagenfurt, where he worked at the city’s Department of Culture for several years. In his most recent texts, his literary interest focuses on snapshots, on isolating details from the whole and making them visible. His aphorisms on “the Austria that is” are a grotesque, sarcastic, tongue-in-cheek examination of the country and its inhabitants that triggers memories of Helmut Qualtinger. His novel “Kreitzberg” was published in 2009; “City Runs. Für Gravesend übernommen” is forthcoming in spring 2011.

Eine Zeit, in der wir leben, und eine, in der wir beobachten. / Österreich lebt nur mehr aus der Beschreibung. Wenn man aufhört, es zu beschreiben, wird es versinken. / Sportler sind im Alter lächerlich. Dichter in der Jugend. / Nur Rollen bitte, keine Bekenntnisse. / Die Freiheit der Rede wird zuallererst von den Idioten genützt. Wie tröstlich. / Dauernd rennt mich irgendetwas über den Haufen. / Oft möchte man nur mit den Achseln zucken, aber man macht weiter, ernsthaft. / Ich bin für Glücklichsein, aber wir haben keine Begabung dafür. / Spazierengehen ist eine gute Existenzform. / Wien hat einen bösen Charakter, aber Charakter. Die einzige Stadt, über die zu ärgern sich lohnt. / Schreien und Schweigen. Beides möchte ich. Beides möchte ich lernen. / Unser Jahrhundert ist die Bausstelle der Leiblichkeit. / Alle Macht geht von der Gewohnheit aus in unserem Staat, alles Recht von der Gewöhnung. / Der Ignorant ist unbesiegbar. / Ich bin einer. Ich bin fünf. Oder sechs. / Die Wahrheit ist nicht die Wirklichkeit, und die Wirklichkeit schon gar nicht die Wahrheit. / Der größte Wunsch der Wienerinnen und Wiener ist es, Wienerinnen und Wiener zu sein. Das genügt ihnen. / Mit dem Verlust tanzen, tanzen... / Wir stehen in der Tradition einer Reihe von Fußnoten. / Wer niemals gegen Mitternacht auf einem Volksfest war, der hat keine Vorstellung davon, welcher Idiotie sich unser Land entgegenbewegt. / Unvorstellbar. Mozart zu Pferde. / Österreich alle paar Kilometer ein Landeshauptmann. / Altes Fleisch ist noch immer Fleisch. / Der geistfeindliche Winter nimmt kein Ende.